Konzertbericht: Pascow w/ Blut Hirn Schranke

30.05.2014 München, Strom

Pascow Header

Da freut man sich wochenlang darauf, dass mit PASCOW eine der derzeit besten Deutschpunkbands endlich einmal wieder in München auftritt – und dann muss man sich, da man nur ein paar Querstraßen von der Konzertlocation entfernt wohnt, anhören, wie ein paar Leute durch die Straßen ziehen und offensichtlich betrunken „Atemlos“ von Helene Fischer singen. Nachdem man sich nach einigen Songs des neuen PASCOW-Albums „Diene der Party“ wieder einigermaßen beruhigt hat und schließlich 20 Minuten später am Strom ankommt, muss man entsetzt feststellen, dass die gleichen halbstarken Jugendlichen mit einer Gummipuppe bewaffnet schon früher den Weg vor die Bühne gefunden haben. Gott sei Dank ist der Rest des heute sehr zahlreich erschienenen Publikums wesentlich angenehmer und ignoriert diese paar Jungs konsequent.

Blut Hirn SchrankeUm 21.15 Uhr, und somit 15 Minuten vor offiziellem Konzertbeginn, betreten BLUT HIRN SCHRANKE aus Düsseldorf die Bühne. Während dieser Bandname auf Deutschpunk erster Güte schließen lässt, präsentieren die sympathischen Jungs eine Mischung aus (Post-)Hardcore, wütendem Punkrock amerikanischer Schule, Breakdowns und deutschen und englischen Texten, welche – trotz der etwas zu basslastigen Abmischung – extrem gut funktioniert und Spaß macht. Die Ansagen zwischen den Songs wirken regelrecht schüchtern und fast schon übertrieben brav, was im deutlichen Kontrast zu den treibenden Punksongs steht. Das Publikum klatscht zunächst noch etwas verhalten, nachdem aber sowohl der Sänger – der mit einer richtig beeindruckenden Schreistimme aufwartet – und der Gitarrist der Band regelmäßig Abstecher ins vor der Bühne noch eher locker platzierte Publikum unternehmen und mit ihrer Art und Musik immer stärker überzeugen können, kommt im Laufe des halbstündigen Auftritts sichtbar mehr Bewegung ins Münchner Publikum. BLUT HIRN SCHRANKE ist auf jeden Fall ein Name, den man in Zukunft auf dem Schirm halten sollte – heute konnte die junge Band absolut überzeugen.
Pascow 01

Nach einer extrem kurz gehaltenen Umbaupause inklusive Soundcheck, den PASCOW selbst durchführen, begrüßt Sänger Alex schließlich das Publikum mit einem knackigen „Hallo München, wir sind PASCOW mit P aus Gimbweiler mit G, und das geht so!“, und ohne weitere Kompromisse legt die Band mit „Äthopien die Bombe“ los. Das Publikum ist sofort textsicher und tanzbereit, weswegen es nicht überrascht, dass sich bereits beim Opener das halbe Strom in einen ausgelassenen Pogosumpf verwandelt, der aber nie übertrieben hart wird. Ohne lange Ansagen und lediglich mit einigen kurzen Ankündigungen prügeln sich die vier Jungs durch ihr Set und mischen dabei neue Songs wie „Im Raumanzug“, „Die Realität ist schuld, dass ich so bin“ oder „Castle Rock“ mit alten Klassikern wie „Wir glauben an gar nichts und sind nur hier wegen der Gewalt“ – eine Mischung, die absolut hervorragend funktioniert.

Qualitativ gibt es heute keinen einzigen Ausfall, der Sound ist deutlich besser als noch bei Blut Hirn Schranke, die Band selbst gibt alles, ist am Springen, Headbangen und Tanzen und Sänger Alex klingt in den kurzen Zwischenansagen bereits nach den ersten Songs heiser. Bei „The Strongest Of The Strange“ legt Alex schließlich seine Gitarre zur Seite und nimmt ein Bad in der laut mitsingenden Menge. Als PASCOW schließlich ungefähr in der Mitte des Sets ihren aktuellen Hit „Diene der Party“ spielen, wird extra die Discokugel im Raum angestrahlt und verweist somit auf das Video zum Song – ebenso wird deutlich, dass die Band ihre Songs live deutlich schneller und noch eine Spur härter als auf Platte serviert.

Pascow 02Nach „Mond über Moskau“ verabschieden sich die vier Musiker kurz von der Bühne, legen zur Freude des Publikums mit „Paris fällt“, dem bedingungslos abgefeierten Frei.Wild-Diss „Lettre Noir“ und „Nach Hause“ noch einmal nach – schließlich kehrt die Band noch ein letztes Mal auf die Bühne zurück, da das Publikum einfach nicht aufhören will zu jubeln und mit einem „Trampen nach Norden, ihr Ficker!“ läutet Sänger Alex das letzte Stück des Abends ein, welches noch einmal zu Schweiß, fliegenden Bierbechern und lautem Gesang einlädt. Der Dank an das Publikum fällt kurz aber herzlich und vor allem ehrlich aus und nach einer knappen Stunde ist das Konzert leider schon vorbei.

Setlist PASCOW
01. Äthiopien die Bombe
02. Das ist Gimbweiler nicht L.A.
03. Im Raumanzug
04. The Strongest Of The Strange
05. Die Realität ist schuld, dass ich so bin
06. KO Computer
07. Fliegen
08. Zeit des Erwachens
09. Wenn Mila schläft
10. Diene der Party
11. Lauf Forrest, lauf!
12. Wir glauben an gar nichts und sind nur hier wegen der Gewalt
13. Castle Rock
14. An die Maulwürfe
15. The Weltordnung Is The Fuck
16. Merkel-Jugend
17. Too doof Too Fuck
18. Mond über Moskau
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19. Paris fällt
20. Lettre Noir
21. Nach Hause
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22. Trampen nach Norden

FAZIT: Es gibt derzeit wirklich kein geringes Angebot an guten Deutschpunkbands – dass PASCOW auch nach über 15 Jahren Bandgeschichte immer noch zur Speerspitze dieser Musik gehören und das in der Mitte verkleinerte Strom bis zum Anschlag vollmachen, ist in Anbetracht ihrer großartigen Veröffentlichungen und ihrer atemberaubenden Livequalität kein Wunder. Selten hat es eine Band geschafft, derart unpeinlich die deutsche Sprache zu benutzen, ihre politische Überzeugung derart ehrlich zu transportieren und gleichzeitig extrem ernst, glaubhaft und unterhaltsam zu sein. Auf viele weitere Jahre PASCOW!

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