Review Andras – Reminiszenzen…

Für ihr siebentes Album, das satte sieben Jahre nach dem letzten Full-Length „Warlord“ erscheint, scheinen die deutschen Epic-Black-Metaller ANDRAS aus den Vollen schöpfen zu wollen. So wird das Quartett auf „Reminiszenzen…“, das es auf eine üppige Spielzeit von 67 Minuten bringt, von zahlreichen Gastmusikern begleitet, die zusätzlichen Gesang, Gitarrenspuren und sogar am Schlagzeug etwas beisteuern. Stilistisch soll die Platte dem Titel entsprechend all das in sich vereinen, was die Band in der Vergangenheit ausgemacht hat. Das verspricht im Hinblick auf das ohnehin schon umfangreiche Instrumentarium, das der Epic Black Metal hergibt, ein Album, das vor allem auf Vielfalt setzt. Diese und andere Erwartungen erfüllen ANDRAS – leider auch im negativen Sinn.

Ein Blick auf das ganz in Türkis gehaltene Artwork verrät so einiges über die musikalische Richtung, die ANDRAS auf „Reminiszenzen…“ verfolgen: Es finden sich viele Details, aber auch extrem viel Pathos. Dass ihre Musik als Schwarzmetall kategorisiert wird, kommt natürlich nicht von ungefähr. Gutturaler Gesang, Tremolo-Riffing und energetisches Schlagzeugspiel nehmen in nahezu jedem Track eine Hauptrolle ein, an roher Kraft mangelt es hier also keineswegs.

Das Problem sind vielmehr die weniger typischen Stilelemente, mit denen ANDRAS mehr Epik und Atmosphäre in ihr Liedgut zu integrieren versuchen – die Keyboards etwa. Im finster-mystischen „Phantasma“ und im hymnischen, geheimnisvollen Refrain von „Fergunna“ spielen sie die ihnen zugedachte Rolle zwar durchaus überzeugend, aber auf den übrigen Songs treten sie oft viel zu dominierend in den Vordergrund. Durch die allzu heiteren, penetranten Keyboards verkommt etwa das ansonsten kraftvoll nach vorn preschende „Black Rain“ zu einer ziemlich kitschigen Symphonic-Metal-Nummer, die gefährlich nah an der Grenze zur Peinlichkeit steht.

Überschritten wird diese jedoch eindeutig von dem schwülstigen Klargesang, mit dem ANDRAS den Großteil der Tracks zukleistern. Kräftig ist er zwar schon, aber oft auch nervtötend schief („Altar der Finsternis“) und vor allem viel zu übertrieben hymnenhaft. Authentische Epik klingt jedenfalls anders. Doch auch die Screams und die Texte sind nur schwer ernstzunehmen. Der hasserfüllte Schreigesang wirkt eher aufgesetzt, wie auch die lyrischen Ergüsse, die mal gezwungen bösartig („Die Tilgung“) erscheinen, dann wiederum rückhaltlos patriotisch wie auf „Fergunna“, dessen Titel eigentlich nur eine alte Bezeichnung für das Erzgebirge ist. Grundlos glorifizierten Nationalstolz gibt es im Black Metal ohnehin schon zu viel, damit machen sich ANDRAS nicht gerade sympathischer.

„Reminiszenzen…“ hat gewiss auch seine guten Seiten. Trotz seiner langen Spielzeit kann man die darauf enthaltenen Songs gedanklich gut voneinander trennen und im Gedächtnis behalten, die Platte ist sehr abwechslungsreich und kraftvoll. Abgesehen vom irritierend künstlich klingenden Hall auf dem Gesang kann sich sogar die Produktion hören lassen. Dass man beim Hören dennoch immerzu das Gefühl hat, sich fremdschämen zu müssen, liegt demnach eindeutig an den unglaubwürdigen Vocals, den überrepräsentierten Keyboards und den fragwürdigen Texten. Es wäre also ratsam, wenn ANDRAS in Zukunft zumindest wieder mehr auf Englisch texten und weniger Cleans einsetzen, damit sich diese Schwachpunkte dem Hörer beim nächsten Mal nicht ganz so sehr aufdrängen.

Wertung: 5.5 / 10

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