Review Coronatus – Secrets Of Nature

Wer eigentlich auf den Sound der alten Nightwish mit Tarja an den Vocals steht, aber dringend Abwechslung hierzu braucht, ist bei CORONATUS goldrichtig. Zwar gibt es die Band schon seit 2002, aber mit dem neuen Album „Secrets Of Nature“ haben sich die Musiker um Mats Kurth und Carmen R. Lorch hochkarätige Unterstützung geholt. Da wären zum einen Markus Stock (Empyrium, The Vision Bleak) als Gastmusiker an Gitarre und Bass und Teddy Möhrke am Gesang.  Zum anderen wäre da die wundervolle Gaby Koss (Cantus Lunaris, Diskelion, Ex-Haggard, uvm.) mit ihrer Sopran-Stimme. Manch einer wird sie als Gastsängerin von zahlreichen Intros und Outros auf den Alben von Equilibrium kennen. Den geschmackvollen CORONATUS-Sangesreigen rundet Mareike Makosch ab. Bleibt zu hoffen, dass Gaby und Mareike als feste Bandmitglieder erhalten bleiben, nachdem sie auf „Secrets Of Nature“ erfolgreich ihren Einstand gegeben haben.

Das Eröffnungsstück „Howling Wind“ ist wahrscheinlich das, was bei jedem Hörer zuerst einmal dem Vergleich mit Nightwish standhalten muss, weil er einfach nahe liegt. Denn genauso energetisch wie die Urgesteine eröffnen auch CORONATUS. Da wird die gesamte orchestrale Instrumentierung, die man sich vorstellen kann, furios in die Wagschale geworfen und Gaby darf sofort mit ihrer glasklaren Opern-Stimme brillieren. Schade, dass man im weiteren Verlauf des Albums eher weniger von ihr hört. Alles, was man als episch bezeichnen kann, wurde in diesen Track eingebaut. So geht es auch in den Texten um den heulenden Wind, der Erinnerungen an vergangene Zeiten, an Krieger, Ruinen, grüne Inseln, Sturmwolken mitbringt. Ja, jedes Klischee wird bedient, aber da es so mitreißend und abwechslungsreich komponiert ist, ist es sehr unterhaltsam. Dazu kommt noch, dass die anderen beiden Damen mit ihren Charakterstimmen dem Gesangspart eine neue Facette eröffnen. So kann man sich in jedem Song auf „Secrets Of Nature“ genau der passenden Stimme bedienen bzw. variieren, bis der Arzt kommt. Einfach herrlich, wie die drei Damen von CORONATUS abwechselnd oder zusammen jedem Gefühl in jedem Song perfekt Ausdruck verleihen können. Noch besser wird es, wenn auch noch männlicher Gesang hinzu kommt, im Chor (wie beispielsweise im Stück „Sleigh Ride To Asgard“) oder als kurzes Solo.

Ein Highlight des Albums ist sicherlich die Ballade „Die See“, eines von zwei auf deutsch gesungenen Liedern. Eine wunderbare, traurige Geigenmelodie eröffnet hier neben Klavierklängen, bevor wieder die volle Wucht der orchestralen Instrumentierung einsetzt. Diese wird zum Glück stellenweise etwas zurückgenommen, wenn der Gesangsteil mehr Fokus benötigt. Tragend, traurig, aber gleichermaßen energisch wird man durch das Stück getragen und hofft, dass die imaginäre Protagonistin sich am Ende vielleicht doch nicht in die Wellen stürzt. Aber große Gefühle verlangen natürlich nach Tragik.

Besonders rockig und brachial ist „The Little People Of Iceland“, bei welchem neben dem Operngesang nun auch stellenweise männlicher Gesang zum Einsatz kommt, der beinahe schon gegrowlt ist. Die Idee kennt man natürlich schon und alles ist stimmlich etwas gewöhnungsbedürftig umgesetzt, dafür überrascht der Song mit einigen folkigen Nebenmelodien, die dem Ganzen etwas Bizarres geben, bevor es mit dem leichter verdaulichen, aber nicht minder rockigen und jetzt auch tanzbaren „Dance Of The Satyr“ weitergeht.

CORONATUS lassen sich nicht lumpen und bieten mit „Tränen Des Himmels“ eine weitere deutschsprachige Komposition, die sehr mitreißend und eingängig ist und auch gut als feuriges Finale von „Secrets Of Nature“ geeignet wäre, wenn da nicht noch „Herr Mannelig“ wäre. Für Fans von Gaby Koss ist dies ein kleines Highlight, insbesondere im Hinblick darauf, dass sie den Song bereits für Haggard auf italienisch gesungen hat. Wer einen Abklatsch davon erwartet, liegt falsch. Die Damen haben allesamt den Text auf schwedisch eingesungen und die verschiedenen Gesangsarten wechseln sich ab und bieten ein unglaublich spannendes Vocal-Spektrum (wenngleich man Gaby leider viel zu wenig hört in dieser Version). Da wird manchmal fast geflüstert, dann wieder singt man es voll aus sich heraus mit dem Sopran. Die Instrumentierung ist hier anfangs dezent, wartet aber später mit einigen Überraschungen auf. So hat man kurzzeitig einen Klang, der an einen Dudelsack erinnert (allerdings nur mit dem Syntheziser nachgebildet). Das Schlagzeug klingt hier sehr viel echter und solide, und auch die männliche Lead-Stimme möchte noch kurz Teil der Komposition sein. Kurz und gut: Mit „Herr Mannelig“ haben CORONATUS für eine gelungene Überraschung gesorgt.

Mag sein, dass die Hauptideen der Kompositionen allesamt nicht neu sind, aber das Album lebt einfach von den drei Female-Frontstimmen, was auch den Hauptunterschied zwischen CORONATUS und Nightwish begründet. Warum sich immer für eine Stimmart entscheiden, wenn man doch drei haben kann!?

Eine besonders gute Produktion ist ebenfalls sofort hörbar. Lediglich einige getriggerte Schlagzeugmomente wollen sich nicht so richtig in die Klanggebilde einfügen, genauso wie manches Mal ein zu künstlich klingender Synthesizer-Klang. Aber das tut dem epischen, mitreißenden Gesamtcharakter von „Secrets Of Nature“ keinen Abbruch und der geneigte Hörer und Fan des Genres ist sicher froh, ein weiteres, so aufwühlendes Klangkunstwerk (mit übrigens kunstvoll gestaltetem Booklet) in seinem Schrank (oder von mir aus auch als Download) zu haben.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Uta A. (Gastredakteurin)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert