Review Karg – Dornenvögel

  • Label: AOP (Art Of Propaganda)
  • Veröffentlicht: 2018
  • Spielart: Black Metal

Während Harakiri For The Sky schon längst zu den ganz großen im Post-Black-Metal gehören, ist KARG, das Soloprojekt des Leadsängers J.J., bisher nicht über den Status eines Geheimtipps hinausgewachsen – ein bedauerlicher Umstand, musiziert der Österreicher im Alleingang doch mindestens genauso hervorragend wie mit seinen Bandkollegen. Zwei Jahre nach dem emotional zerrüttenden „Weltenasche“ folgt mit „Dornenvögel“ nun das sechste Album, das abermals mit einer opulenten Spielzeit von über 70 Minuten aufwartet. Insbesondere die vorab angekündigten Gastsänger, die J.J. aus namhaften Bands wie Lunar Aurora, Downfall Of Gaia, Ellende und Ancst rekrutieren konnte, ließen die ohnehin schon hohen Erwartungen diesmal regelrecht durch die Decke schießen.

Entgegen des ersten Eindrucks, den das untypisch makabre, altmodische Artwork erweckt, klingt KARG auf „Dornenvögel“ ganz wie gewohnt. Viele der Songs werden von zarten, verhallenden Clean-Gitarren eingeleitet, die sich auch später immer wieder ihren Weg in die Kompositionen bahnen und ihnen einen wehmütigen, manchmal sogar fast schon tröstenden Touch verleihen („Advent“). Abseits dieser feinfühligen Einsprengsel vermitteln die größtenteils über acht Minuten langen Stücke jedoch ein Gefühl blanker Tristesse. Die heiseren Screams, die trostlosen Leadgitarren und nicht zuletzt die Texte sprechen ohne Beschönigung von Verlust, Hoffnungslosigkeit und Resignation.

Allerdings wirken die sanftmütigen Klänge zu keiner Zeit deplatziert, sondern durchdringen selbst die intensivsten Ausbrüche auf höchst stimmige Weise. Selbiges lässt sich über die Beiträge der Gastsänger sagen, die KARG nicht einfach nur des Name-Droppings wegen in die Songs integriert, sondern um damit ihr Ausdrucksvermögen zu erweitern. Es funktioniert tatsächlich: Während etwa die Hardcore-Shouts dem rastlosen Charakter von „Heimat bist du tiefster Winter“ Rechnung tragen, kündigen die knorrigen, tieferen Screams im abschließenden „Advent“ das eher gemäßigte und dadurch passende Ende der Platte an.

Trotz seiner Stärken und Stiltreue reicht „Dornenvögel“ jedoch nicht an seinen Vorgänger heran. Es mag zum Teil daran liegen, dass die Songs diesmal inhaltlich für sich zu stehen scheinen, wohingegen „Weltenasche“ in lyrischer Hinsicht einen gewissen roten Faden hatte, wodurch die Texte umso bedeutungsvoller wirkten. Der Hauptgrund dürfte jedoch eher in der Tatsache zu sehen sein, dass KARG hier schlichtweg auf die kleinen Besonderheiten verzichtet, die Tracks wie „Le Couloir Des Ombres“ oder „Spuren im Schnee“ so mitreißend werden ließen.

Da die Lieder auf „Dornenvögel“ weitgehend einheitlich aufgebaut sind, lassen sich Höhepunkte wie das getragene „F 19.5“ nur sehr vereinzelt ausmachen. Die Folge ist, dass KARG die ausufernde Laufzeit der Platte leider nicht mehr so gut rechtfertigen kann wie noch auf seinem 2016er Album. Zwar bringen die Gastsänger einiges an Abwechslung in den Gesangspart ein, Clean-Vocals gibt es diesmal jedoch nur kurz auf „Meine Freiheit war ihr Tod“, wo sie unglücklicherweise etwas uninspiriert rüberkommen. Auch die eher kleinlauten Sprach-Samples entfesseln nicht dieselbe emotionale Wirkung wie noch auf „Weltenasche“. Ein gutes Album ist „Dornenvögel“ trotzdem noch, zumal die Produktion ein Stück organischer klingt als zuvor.

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Wertung: 7.5 / 10

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