Midnartiis - Sinew Of Sol Cover

Review Midnartiis – Sinew Of Sol

Obwohl Black Metal und Folk einander erstmals in den 90er Jahren in Skandinavien über den Weg gelaufen sind, ist die Überschneidung dieser beiden Musikrichtungen heute vor allem in Nordamerika Usus. War Ulvers prompte Hinwendung zu rein akustischer Musik auf „Kveldssanger“ (1996) noch ein Zeichen besonderen Freigeists, so stoßen den sogenannten USBM prägende Acts wie Agalloch und Panopticon mit vergleichbaren Unterfangen schon lange nicht mehr auf Unverständnis. Auch die texanische Ein-Mann-Band MIDNARTIIS hat sich auf „In Silent Grove To Dwell“ (2019) auf den (Neo-)Folk gestürzt. Mit „Sinew Of Sol“ kehrt der Einzelkünstler Wes Radvansky zwei Jahre später zu seinen Black-Metal-Wurzeln zurück – zumindest teilweise.

Auf der rund 40 Minuten langen Platte wechselt sich jeweils ein ausgedehnter Black-Metal-Track mit einem kürzeren, instrumentalen Folk-Stück ab. Auch in den umfänglich überwiegenden schwarzmetallischen Nummern taucht hin und wieder eine zart gezupfte Akustikgitarre auf, sodass MIDNARTIIS die beiden Seiten seines Schaffens auf „Sinew Of Sol“ enger denn je miteinander verbindet. Die bis zu zehneinhalb Minuten dauernden Songs lassen jedoch vermuten, dass Radvansky seine Fähigkeiten als Metal-Musiker seit seinem Kurswechsel in Richtung Folk vollkommen brach liegen gelassen hat.

Seine ohnehin nicht besonders komplexe oder rasante Performance, deren Fokus eher auf der melancholischen Melodieführung liegt, wirkt an einigen Punkten recht holprig. Auch die Produktion der aufwändigeren Tracks scheint dem Solomusiker Probleme bereitet zu haben. Während die rein akustischen Kompositionen keinen Anlass zur Kritik geben, klingt der Rest des Albums verstaubt und schlecht ausbalanciert. Manche der Melodien können sich im Mix leider nicht behaupten.

Das ist insofern schade, als MIDNARTIIS vor allem mit dem Songwriting punktet. Nicht nur die Zwischenspiele wie das schwungvolle, beinahe feierliche und zugleich mysteriöse „The Serpent‘s Whisper“, sondern auch die dynamischen und mitreißenden Arrangements der Black-Metal-Parts sind die größte Stärke der Platte. Ihnen ist es zu verdanken, dass „Sinew Of Sol“ sich nicht in seiner archaischen, erhabenen und leicht schwermütigen Stimmung verläuft, sondern immer wieder spannende Wendungen vollführt. Aus dem Umstand, dass manche davon – beispielsweise der abrupt donnernde Umbruch mit anschließendem Gepolter in „Faustian Path“ – etwas hölzern vonstattengehen, ist MIDNARTIIS nur ein geringer Vorwurf zu machen.

„Sinew Of Sol“ veranschaulicht auf unglückliche Weise, dass gute Ideen allein nicht ausreichen – sie wollen auch richtig umgesetzt sein. Die dürftige Soundqualität und spielerische Ungenauigkeit kann MIDNARTIIS zwar einigermaßen mit der stimmigen Stilmischung und der feurigen Energie der Songs aufwiegen. Dennoch drängt sich die Einschätzung auf, dass MIDNARTIIS besser daran getan hätte, den auf „In Silent Grove To Dwell“ beschrittenen Weg fortzusetzen. Im Gegensatz zu seinen Umtrieben im Black Metal steht Radvanskys eleganter und atmosphärischer Neofolk dem der Großen des Genres nämlich in nichts nach.

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Wertung: 6 / 10

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