Nekromant - Temple Of Haal - Coverartwork

Review Nekromant – Temple Of Haal

Mythen und Legenden entstehen an besonderen Orten, und diese Orte schafft meist die Natur. Zwischen zwei Bergen gelegen, nahe des größten Sees des Landes, benötigen die Einwohner einer kleinen Ortschaft kaum mehr als diese Naturgewalten, um lebendige und überdauernde Geschichten entstehen zu lassen. Zwischen Halleberg und Hunneberg am Vänern liegt Vargön bei Vänersborg, der Heimatort von NEKROMANT. Die drei Musiker sind allerdings nicht als Totenbeschwörer unterwegs und ganz so finster, wie der Name und das Coverartwork es suggerieren, ist „Temple Of Haal“ auch nicht.

Als Serpent veröffentlichten die Westschweden 2015 ihr Debüt „Nekromant“, dessen Namen sie seitdem tragen – wohl eine gute Entscheidung, um nicht in einer Schlangengrube voller Serpents und Serpent-ähnlich benannten Bands unterzugehen. Musikalisch blieben sich NEKROMANT seitdem aber weitgehend treu, auch ihr inzwischen viertes Album bietet ganz klassischen Heavy Metal. Dabei gehen die Einflüsse bis auf die Urväter des Genres zurück: Die Vorbilder Black Sabbath und Pentagram sind deutlich raushörbar, die starke Doom-Schlagseite könnte ihre Inspiration etwa bei den Briten Cathedral finden.

NEKROMANT zeigen ab Beginn gleich auf, was ihnen wichtig ist: Die Riffs stehen im Vordergrund.  Vor allem sie treiben die Songs immer an, verleihen ihnen Kraft und Dynamik. Die einzelnen Lieder bekommen durch ihre prägnanten Riffs auch alle einen eigenen Charakter. Der Opener „Sileni“ etwa wechselt zwischen galoppierendem und schleppendem Rhythmus, „The Woods“ dagegen setzt eher auf schneidende Headbanger-Leads, während der Titeltrack mit seinen epischen Melodien an die Hymnenhaftigkeit Bathorys erinnert und „Nekrolith“ in Richtung NWOBHM linst. Zu den dominanten Riffs gesellen sich immer wieder ausschweifende Soli, die viel Spielraum und Zeit bekommen, sich zu entfalten – und das ist auch gut, denn alle Soli sind äußert unterhaltsam und ein Hörgenuss. Ja, „Temple Of Haal“ ist durch und durch ein Gitarrenalbum.

Neben den Gitarren spielt auch die Rhythmussektion eine wichtige Rolle, sei es als unterstützendes oder ebenfalls antreibendes Element. Die Drums agieren nie zu dominant, sind aber äußerst druckvoll und verstärken den dynamischen Eindruck der Platte. Sänger Mattias Ottosson ist natürlich auch ein wichtiger Baustein: Er klingt nach wie vor etwas nach Ozzy Osbourne, agiert aber mehr als auf den bisherigen Outputs in mittleren Tonlagen und kann sich damit angenehm vom Stil des Black-Sabbath-Frontmannes lösen. Durch seinen langsamen, wehklagenden Gesangsstil mit häufig langgezogenen Worten erzeugt er eine hypnotische Wirkung, die wie die Faust aufs Auge zur Musik passt. Der Höhepunkt der Scheibe ist dennoch ein instrumentaler: Das siebeneinhalbminütige „King Serpent“ baut langsam und bedächtig eine Melodie auf, die immer weiter anschwillt und in einem grandiosen Gänsehautfinale kulminiert. Der Spannungsaufbau ist meisterhaft, die atmosphärischen Riffs werden immer dominanter, sogar die Double-Bass wird angeworfen und der Gesang wird Stück für Stück verdrängt, bis er ganz aussetzt. Passend dazu folgt darauf mit „Häckle Klint“ ein reines Instrumentalstück mit wundervoller Atmosphäre.

„Temple Of Haal“ ist von dunkler Grundstimmung durchzogen und strahlt Melancholie und Kälte aus, ein düsterschwarzes Album ist es dennoch nicht. Durch die harmonischen Kompositionen und eine verträumte Atmosphäre konterkarieren NEKROMANT die Kälte mit Warmherzigkeit, die Melancholie mit zarter Hoffnung. Dass rührt sicher auch daher, dass die Mythen und Legenden des Heimatortes sowie die Heimatverbundenheit ein großes Thema des Albums sind. Die Anklänge an die großen Heavy-Metal-Vorbilder sind nach wie vor präsent, aber nicht mehr so sehr wie auf dem 2018er Vorgänger „The Nekromant Lives“. „Temple Of Haal“ ist eine majestätische Platte voller großartiger Riffs und Melodien, die ihre Feinheiten nach mehreren Durchläufen immer mehr entfalten. Ein wundervolles Album, mit dem sich NEKROMANT als ganz heiße Nummer im Heavy-/Doom-Metal-Underground positionieren.

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Wertung: 8.5 / 10

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