Review Outcast – Awaken The Reason

(Thrash / Death / Progressive / Mathcore / Hardcore) Warum sich die 1998 gegründeten Outlander in OUTCAST umbenannten, ist mir ein Rätsel, trällert man beim Lesen dieses Namens doch fast schon unbewusst „I’m sorry Ms. Jackson, I am for reeeeaaaaal!“ vor sich hin. Beim Bandnamen hören die Gemeinsamkeiten dann aber auch schon auf, denn mit Andre 3000 und Big Boi haben die fünf Pariser letztendlich so viel zu tun wie Pobacken mit Kuchen backen. Angefangen hat es mit der 2002er-EP „The Source Of All Creation“, die den Sound der Band auf mit Death Metal eingefärbten Thrash festlegte. Wo die Franzosen mit ihrem mittlerweile dritten Full-Length-Album „Awaken The Reason“ stiltechnisch angekommen sind, lest ihr hier.

Nach dem ersten Durchlauf der Scheibe sind bei den Fragen, die man sich stellt, „Wer hat den Jungs so viel schwarzen Kaffee gegeben?“ und „Warum hat der Arzt das Ritalin abgesetzt?“ definitiv ganz weit vorne dabei. OUTCAST verlangen ihren Hörern einiges ab und verleihen den Bedeutungen von Worten wie sperrig und vertrackt neue Dimensionen. Bereits der Opener „Elements“ wartet mit einer Vielschichtigkeit auf, die exemplarisch für den gesamten Longplayer ist. Schräge Akkorde, polyrhythmische Beats, wilde Tempowechsel, wahnsinnige Breaks und ein Sänger, der zwischen brutalen Core-Screams, bellenden Thrash-Shouts und tiefen Grunts alterniert. Als charakteristisch erweist sich auch das tighte Zusammenspiel von Schlagzeug und Stakkato-Riffs, das mit der Technik und Präzision eines Schweizer Uhrwerks einschlägt und dadurch an Genregrößen wie Meshuggah und Fear Factory erinnert.
Überhaupt kann man die praktische Umsetzung der komplexen Songstrukturen auf „Awaken The Reason“ nur als beeindruckend bezeichnen. Während dem Quintett dabei oftmals das Kunststück gelingt, die eigentlich chaotischen Lieder in ihrer Gesamtheit doch sinnvoll klingen zu lassen, fühlt man sich an anderer Stelle wieder mit einem wilden Riff-Mosaik konfrontiert, das man sich selbst zusammenbauen muss. Willkommen sind da Verschnaufpausen wie das Instrumental „When Dawn Brings Clarity“, das mit entspannenden Klavierklängen und Streicherarrangements sowie Meeresrauschen und entferntem Möwengeschrei aufwartet, zum noisigen Ende hin aber schon wieder die Anschnall-Lämpchen aufleuchten lässt. Doch OUTCAST gelingt es auch mit anderen Elementen, die pure Brachialität ihrer Tracks ein wenig zu entschärfen, ohne ihr dabei den Wind aus den Segeln zu nehmen, etwa durch sphärische Synthie-Sounds, Clean-Gitarren, melodisches Riffing, Frauenstimmen oder hymnische Gesangsparts.

Nicht zuletzt dadurch vermeidet der Fünfer, in den Bereich sterilen Technikgefrickels abzudriften. Trotzdem ist „Awaken The Reason“ ein brutales, anstrengendes Album und eindeutig nichts, was beim ersten Durchhören zündet. Wer auf solche Mucke steht und beim Lesen der obigen Bands große Augen bekommen hat, sollte OUTCAST mal das Gehör leihen, denn die Jungs machen ihre Sache ziemlich gut und die moderne, druckvolle Produktion bietet auch keinerlei Angriffsfläche für Kritik.

Wertung: 7.5 / 10

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