Review Puppet Show – The Tale Of Woe

Als ziemlich prototypischen Progressive Rock könnte man die Musik bezeichnen, die PUPPET SHOW auf ihrem Zweitling „The Tale Of Woe” spielen. Diese Behauptung ist dabei keineswegs auf die Qualität des Materials zu beziehen, umso mehr aber auf den Sound, den die fünf Musiker auf dem Nachfolger zum bereits 1998 erschienen Debüt „Traumatized“ präsentieren.

Da gibt es analoge Synthies, eine verspielt groovende Rhythmussektion, kraftvollen, ausdrucksstarken Gesang und gelegentlich hart rockende Parts. PUPPET SHOW sind so ziemlich die Traumkombination eines typischen Retroprogfans: So wie „The Tale Of Woe“ hätte es wohl geklungen, wenn Neal Morse zu Zeiten, als er noch bei Spock’s Beard war, Genesis und Yes zu sich ins Studio eingeladen hätte und dort alle zusammen musiziert hätten. Wo doch schon viele Stars der progressiven Szene anwesend sind, lassen sich natürlich auch andere stilbildende Namen nicht lange bitten. Mark Kelly von Marillion schaut vorbei, spielt ein paar Keyboardsoli und sorgt so für eine kräftige Prise Neoprog im ansonsten recht retroproggigen Klangbild, während der ehemalige Enchant-Drummer Paul Craddick seine Skills den Jungs in den Lehrstunden „complex drumming for beginners“ und „how to write rocking prog“ vermittelt hat. Natürlich waren diese Jungs nicht wirklich dabei, aber es klingt halt ein wenig so. Es verwundert also nicht, dass die sechs Nummern auf dem vorliegenden Album eine Art Blaupause des Prog darstellen – und das soll hier auch nicht kritisiert werden. Denn wer so etwas sucht, findet hier sicherlich eine durchaus gelungene Version davon.

PUPPET SHOW scheuen sich auch nicht vor Longtracks, derer gibt es hier nämlich mit „The Seven Gentle Spirits“ (14 Minuten), „The Past Has Just Begun“ (16 Minuten) und „On Second Thought“ (12 Minuten) gleich drei, den beinahe neunminütigen Opener „Seasons“ mal nicht mitgerechnet. Das sind dann überraschenderweise auch die Songs des Albums, die sofort zu gefallen wissen, wobei insbesondere „The Past Has Just Begun“ als überaus gelungen bezeichnet werden darf. Spock’s Beard-Fans sollten hier auf ihre Kosten kommen. Bereits im Opener wird allerdings schon klar, was PUPPET SHOW ganz besonders gut können: Sie schaffen es immer wieder, rockige Arrangements mit schönen Instrumentalpassagen zu verbinden und sind auch in der Lage, diesen Drive in den Gesangsparts aufrecht zu erhalten. Andererseits gibt es Parts wie den ersten Gesangseinsatz in „The Seven Gentle Spirits“, die zwar hochmelodisch sind, aber derart langsam gesungen und vorgetragen werden, dass man sich erst nach einigen Durchgängen an das Tempo gewöhnt und den Song nicht als langatmig empfindet. „Harold Cain“ ist ein hardrockiger Grooverocker mit progressiver Verspieltheit, während „God’s Angry Man“ ein beinahe crimsoides Instrumentalinferno ist, das mit verqueren, aber treibenden Gitarrenriffs und schrägen Keyboardlinien an eine moderne Version von Robert Fripp & Co. erinnert, auch deshalb, weil es so offen und scheinbar improvisiert klingt, da sich im Mittelteil ein sehr freier, jazziger Part eingeschlichen hat. Zwischen all den längeren Nummern machen diese zwei kurzen Stücke allerdings ein wenig den Eindruck, als würden sie nicht so recht zu dem Rest des Materials gehören, allerdings sorgen sie auch dafür, dass die Band sich nicht in ihren eigenen, symphonisch-epischen Longtracks verliert, die eben zielsicher mal auf das Yes-Publikum, mal auf die Genesis-Fanatics und mal auf die Neal Morse-Follower abzielen.

Die Produktion des Albums hat übrigens Legende Terry Brown übernommen, dementsprechend gut klingt der Zweitling der Kalifornier auch, ohne allerdings jetzt vollends überragend zu sein. Insgesamt ist der Truppe um meinen Namensvetter Chris Mack ein schönes zweites Album gelungen, dass durchgehend gut zu unterhalten weiß – die ganz großen Highlights sind allerdings noch etwas rar gesät. Immerhin ist mit „The Past Has Just Begun“ ein Song dabei, den man gehört haben sollte. Vielleicht ist es zu perfektes Prog-Handwerk und deshalb nicht mitreißend genug? Andererseits sind die Kompositionen so lehrbuchartig, dass ich nicht weniger Punkte geben kann.

Wertung: 7.5 / 10

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