Review Radare – Im Argen

  • Label: Golden Antenna
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Entmetallisiert, Doom-Jazz

Es gibt sie, diese Bilder, die trotz eines hektischen Inhalts extreme Ruhe ausstrahlen. Das Cover, welches RADARE für ihr neuestes Album ausgewählt haben, gehört in diese Kategorie: Ein Auto, schwer demoliert, hebt ab und segelt durchs Bild. Der Überschlag, der laute Crash wird unweigerlich kommen, doch noch ist es nicht so weit – noch, für wenige Sekunden nur, scheint die Welt stillzustehen.

Genau diese Atmosphäre ist es, die das Quartett in seiner rein instrumentalen Musik einfängt: Bedrohliche Stille, melancholische Ruhe, ein kurzes Innehalten. Ganz im Stile der Genre-Vorreiter Bohren & Der Club Of Gore halten sich auch RADARE an die Regeln des Doom-Jazz: Schleppende Melodien, puristische Arrangements sowie sanft mit dem Besen gestreichelte Hi-Hat als dezente Rhythmisierung geben hier über 35 Minuten lang den Ton an – stimmig instrumentiert durch ein düsteres Piano, behäbige Bläser (natürlich Klarinette und Posaune, was sonst) und die stets dezent eingesetzte Gitarre, gespielt scheinbar in Slow-Motion.
Gleich der Opener, „Please Let Me Come Into The Storm / Luke“ bringt es so – ohne dass das sonderlich auffallen würde – auf über zehn Minuten. Dass langsame Songs keineswegs immer lang sein müssen, beweisen RADARE mit „Das einsame Grab des Detlef Sammer“, der in nur vier Minuten mehr Gefühl zum Ausdruck bringt, als manche Band mit doppelter Schlagzahl in der anderthalbfachen Zeit. Veredelt durch ein Master von Harris Newman, der bereits mit Bands wie Timber Timbre, Arcade Fire und Godspeed You! Black Emperor gearbeitet hat, kann das von der Band in Eigenregie aufgenommene Werk auch was den Klang angeht begeistern: Kristallklar und doch undurchdringlich, filigran und doch raumfüllend fehlt es „Im Argen“ soundtechnisch an nichts, um den sich geradezu aufdrängenden Wortwitz weiträumig zu umfahren.

Wer Bohren & Der Club Of Gore mag, kann sich ohne weitere Bedenken auch RADAREs „Im Argen“ zulegen: Nicht minder stimmungsvoll arrangiert, musizieren die Herren aus Wiesbaden / Leipzig auf ihrem dritten Album wenn nicht fröhlich, so doch zumindest gefühlvoll drauf los und lassen so für 35 Minuten die Zeit stillstehen. Ganze 35 Minuten? Nur 35 Minuten? Schwer zu sagen …

Wertung: 8.5 / 10

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