Review Shrike – Hinab in die vertraute Fremdheit

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2013
  • Spielart: Black Metal

Im Mai 2006 gründeten sich SHRIKE. Interessant? Nur bedingt, da schon eher der Fakt, dass die Berliner nach nur sieben Proben im Juni desselben Jahres bereits die erste Platte („Meine Wucherung“) fertig hatten. Oha, solche Experimente sind selten gut gegangen und ohne der Band damit zu nahe treten zu wollen (schließlich kenne ich das Album nicht), bin ich ganz froh, es numehr mit dem Zweitling zu tun zu haben. Wobei das ja ganz geil ist, sieben Proben bis zum ersten Album, sieben Jahre bis zum zweiten, das könnte man sich vielleicht als Slogan aufs Merchandise schreiben.

Laut Info distanziert man sich von jeglicher Art extremistischer Ideologien und menschenverachtender Haltungen, der Fokus liegt auf Emotionen, Empfindungen und subjektiven Wahrnehmungen, das ist lobenswert. Und wirft Assoziationen auf, denn gerade diese lyrische Thematik kennt man von den Österreichern Dornenreich nur zu gut. Und tatsächlich, nicht nur die Texte erinnern stark an die Alpenländer, gleich mehrmals möchte man laut „Reime faucht der Märchensarg“ rufen, nicht nur die Melodie, sondern fast noch deutlicher die Rhythmik scheint dem Song vom Album „Bitter ists dem Tod zu dienen“ entliehen zu sein. Auch wenn man Dornenreich selber nicht in die Referenzbands packt (hier tauchen nicht unberechtigt Mayhem, My Dying Bride und Pink Floyd auf), der eine oder andere Songwriter von SHRIKE hat da sicher mehr als nur ein Ohr riskiert.
Egal, um den Hauptstädtern einen Plagiatsvorwurf zu machen, reicht es nicht ganz und es gibt wohl auch schlechtere Werbung als einen derartigeren Vergleich. Natürlich leidet darunter so ein wenig die Eigenständigkeit, auch wenn man das Bemühen um selbige deutlich heraushören kann. Vielleicht ist diese Individuums-Schiene auch einfach schon zu ausgelutscht, in den 90ern hat man schließlich auch irgendwann aufgehört, über Autos zu schreiben, fast zumindest.

Musikalisch geht man auf „Hinab in die vertraute Fremdheit“ in der Regel im Midtempo zu Werke, auch wenn die Double-Bass-Attacken teilweise recht heftig daherkommen, aber das kann schon ganz gut gefallen, allemal besser als pseudoemotionales Geschwurbel und minutenlange, wenig aussagekräftige Akustikparts. Der Gesang ist meistenteils ganz gut zu verstehen und auch wenn es sich textlich nicht unbedingt auf höchstem Niveau abspielt, ist die Message schon ganz angenehm. In eine neue Dimension stößt man damit zwar sicher nicht vor, kann im internationalen Vergleich aber ganz gut mithalten. SHRIKE Intonieren die Musik recht gekonnt, die Stimme ist meistens maximal angeraut, hier und da wagt man sich an bedrohliches Flüstern und umschifft damit die Klischee-Klippen nur so gerade eben. Da schon lieber die härtere Gangart, passt für die Musik wesentlich besser, denn diese wird an den Instrumenten gar nicht mal so unversiert dargeboten, das eine oder andere Riff verlangt in meinen Ohren sogar ein gewisses technisches Können.

Eine Offenbarung ist „Hinab in die vertraute Fremdheit“ nicht, trotzdem können SHRIKE den einen oder anderen Punkt einfahren. Brandaktuell wäre man mit dem Sound zwar eher vor zehn Jahren gewesen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es auch heute noch Abnehmer für Black Metal im Midtempo und einer etwas aufgesetzt wirkenden lyrischen Komponente gibt. Kann man sich schon mal anhören.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert