Review The Morningside – Yellow

  • Label: BadMoodMan
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Doom Metal

Bereits beim Betrachten des herbstlichen Cover-Artworks von „Yellow“ hat man das Gefühl, dass THE MORNINGSIDE damit eine Geschichte erzählen wollen. Und tatsächlich: Die russischen Melodic-Death-/Doom-Metaller haben sich auf ihrem vierten Album von dem Roman „Slaughterhouse-Five“ von Kurt Vonnegut inspirieren lassen und erzählen in sieben vergleichsweise langen Songs eine interessante Geschichte über das Zeitreisen. Dabei sind der erste und der letzte Track gänzlich ohne Gesang und auch die anderen Nummern legen den Fokus auf die Instrumente. Doch wenn Bilder bekanntlich mehr als tausend Worte sprechen, warum dann nicht auch Musik?

Die Songs von THE MORNINGSIDE tun das jedenfalls. Der friedlich-melancholische Opener „To The Last Point…“ lässt erst mal noch nichts von der eingangs erwähnten Genre-Bezeichnung vermuten, sondern wiegt sich ganz in sanftem Post-Rock, der später in emotionalem Tremolo zum Metal anschwillt. Auch die geheimnisvollen Akustikgitarren zu Beginn von „As A Pilgrim“ sind noch kein Hinweis auf das proklamierte Genre, dann setzen jedoch hochmelodische Gitarrenläufe und kernige, kantige Screams ein und schon ist man im Death/Doom angekommen. Das will natürlich keineswegs heißen, dass sich THE MORNINGSIDE von da an faul den Genre-Gewohnheiten unterordnen.
Der Post-Rock des Eröffnungstracks begegnet uns noch einige Male, in „Missing Day“ kommen erstmals auch sanfte Cleans zum Einsatz und ab und an werden Samples wie Zuggeräusche, Regen, Uhrenticken und Fußstapfen eingesetzt, um die Geschichte lebendiger zu gestalten. Mit „Clocks“ findet sich sogar eine gänzlich klar eingesungene Ballade, die mit ihren Akustik- und Clean-Gitarren sowie einem gefühlvollen Solo ein großes Highlight darstellt. Doch auch wenn THE MORNINGSIDE etwas konventioneller zu Werke gehen, denkt man zu keiner Zeit an Worte wie „Einheitsbrei“.
Brutalität oder Düsternis sucht man hier vergebens, stattdessen ist die überaus melodiöse Musik des russischen Quartetts von einer leichten Schwermut erfüllt, die den geneigten Hörer von Anfang an emotional zu berühren vermag. Die Leadgitarren sind schlichtweg unglaublich schön anzuhören und prägen sich recht schnell ein, während die Rhythmusgitarren zwar durchaus präsent, aber nie zu aufdringlich klingen und der Musik neben den Screams doch eine gewisse Härte verleihen. Dass die Gitarren so wunderbar miteinander harmonieren, kommt umso mehr durch die Produktion zum Tragen, diese ist kristallklar und nicht im geringsten artifiziell ausgefallen.

THE MORNINGSIDE haben mit „Yellow“ also ein eindrucksvolles Album geschaffen, das auf ganzer Linie überzeugt. Emotional, aber nicht schnulzig, heavy, aber nicht brutal und modern, aber nicht glattgebügelt, so klingt die Musik der Melodic-Death/Doomer. Die Band und im Speziellen dieses Album verdienen es also zweifellos, entdeckt zu werden. Wer von den Klischees der bedienten Genres gelangweilt ist, sollte sich unbedingt einmal mit dieser Ausnahmetruppe vertraut machen, das Reinhören lohnt sich.

Wertung: 8.5 / 10

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