Interview mit Vlad T. von Spell Of Dark

Read the English version

Der Black-Metal-Underground ist wie ein Fass ohne Boden, wenn es um einander bis ins kleinste Detail ähnelnde 08/15-Bands geht. Hin und wieder finden sich aber auch Projekte, die ein paar neue Ideen in ihrer Musik umsetzen – zum Beispiel SPELL OF DARK, das Ambient-Black-Metal-Soloprojekt des russischen Musikers Vlad T. Anlässlich seiner letzten EP „Journey Into The Depths Of Winter“ haben wir uns mit dem Einzelkünstler über seine Inspiration für die EP, seine Faszination für die kalte Jahreszeit und seinen untypischen Gesangsstil unterhalten.

SPELL OF DARK ist dein Soloprojekt. Wie kam es dazu, dass du dich entschieden hast, im Alleingang Musik zu machen?
Ich wollte schon immer Musik machen. Sie ist mein Spiegelbild, ein Ausdruck meiner Gedanken, Gefühle und Kontemplation. Weil ich glaube, dass ich mit der Musik etwas zu sagen habe. Als ich keine anderen Mitglieder für das Musizieren fand, begann ich, selbst Musik zu machen. Deshalb ist es so persönlich geworden. In den Jahren 2010 und 2011 las ich von vielen Ein-Mann-Bands. Ihre Geschichten inspirierten und motivierten mich.

Du spielst auch in einer Band namens Doden Grotte. Wo siehst du die Vor- und Nachteile von Soloprojekten gegenüber Bands?
In meinem Musikprojekt habe ich mehr Freiheit und bin unabhängig. Aber ich muss alles selbst machen, Songs aufnehmen, Designs erstellen, die Promotion machen etc. Doden Grotte ist eine Band mit vier Mitgliedern und vier Meinungen. Wir müssen uns gegenseitig verstehen. Manchmal ist es schwierig. Aber wir unterstützen uns gegenseitig in vielen Situationen.

Die Musik von SPELL OF DARK kann man als Mischung von Black Metal und Ambient bezeichnen. Woher beziehst du diesbezüglich deine künstlerische Inspiration?
Die Hauptinspiration ist die Natur…. Ich lebe in einer Stadt, und ich kann die Natur nur selten ohne andere Menschen sehen. Die Natur ist schön…. Ich bin auch inspiriert von den Beziehungen der Menschen, Legenden, Geschichte, Ereignissen der Vergangenheit, Wahnsinn, Gedanken und Träumen.

Was ist deiner Meinung nach die Grundessenz deiner Musik?
Schönheit und tiefgründige Gedanken. Die Kontemplation und der Ausdruck all dessen durch die Musik des Künstlers.

Deine letzte größere Veröffentlichung war die EP „Journey Into The Depths Of Winter“. Die Songtitel und das Artwork sind entsprechend winterlich gehalten. Vertonst du damit schlicht die kalte Jahreszeit oder steckt noch ein anderer Sinn hinter dem Thema?
Ja, dieses Album handelt von der winterlichen Jahreszeit, von endlosem Schnee, der die Felder bis zum Horizont bedeckt. Dieses Album handelt von meiner Reise, nach einer langen Zeit der Arbeit (nicht musikalischer Art). Eine Reise nach einer depressiven und kranken Phase meines Lebens… Ich sah mir die verschneiten Wälder, gefrorenen Felder und Flüsse an. Und einige Dinge, die ich nur in meiner Muttersprache beschreiben könnte. Die Hauptbedeutung der Texte und Bilder sind meine euphorischen Gefühle und die Verehrung des Winters. Und auch Bedauern und Traurigkeit, dass all das ein Ende hat.

Was genau ist dein persönlicher Bezug zum Winter, was fasziniert dich daran?
Der Winter verändert unsere Welt. Er ist majestätisch und gnadenlos. Er tötet alle Lebewesen mit Kälte, schmückt aber alles mit der Schönheit von Schnee und Stille. Nur der Wind bricht diesen Frieden. Der Winter ist das Ende und zugleich der Anfang.

Das Artwork von „Journey Into The Depths Of Winter“ sieht sehr malerisch aus. Wer hat es kreiert und wie kam es dazu, dass du es für das Cover deiner EP verwendet hast?
Der Künstler, der es kreiert hat, Gabriel Kondratenko, ist ein russischer Maler. Ja, es ist wunderbar. Ich denke, es ist wie ein Stück Kälte und Stille. Ich habe während meiner Reise ähnliche Sonnenuntergänge gesehen. Mein Fleisch wurde von der Kälte durchbohrt, ich erkannte, dass ich an einem fernen Ort war, von dem ich nichts wusste. Dieses Gefühl ist einzigartig. Vielleicht hat der Schöpfer dieses Bildes ähnliche Gefühle erlebt, und wenn das wahr ist, dann vereint uns der Winter. Daher ist es ein Bild von alter Schönheit und ein Echo vergangener Tage, und ich musste es für das Cover der EP verwenden.

Du setzt auf der EP eigentlich keinen Schreigesang ein, sondern trägst deine Texte ausschließlich flüsternd vor. Hat das einen bestimmten Grund?
Ja, das wurde so eine persönlichen Sache von mir. Ich habe eine schlechte Stimme, wenn es um Screams geht. Ich habe viele Variationen des Gesangs mit meiner Stimme ausprobiert, und Flüstern ist mir am liebsten. Ich denke, es ist ungewöhnlich und birgt etwas Geheimnisvolles mit sich. Aber ich will auch mal Screams einsetzen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Black-Metal-Bands habe ich bei deiner Musik nicht das Gefühl, dass sie grundsätzlich negativ klingen soll. Manche Songs wirken sogar regelrecht verträumt und friedlich. Würdest du mir da zustimmen und falls ja, was ist der Grund dafür?
Ja, ich stimme dem zu. Die Musik von SPELL OF DARK steht für seliges Vergessen und Frieden. Es ist wie ein Traum. Deshalb denke ich, dass die Nacht, die Einsamkeit und die Natur die besten Begleiter sind, um diese Musik zu hören. Ich habe mir sagen lassen, dass dies Musik zur Entspannung ist. Vielleicht ist es das. Für Dunkelheit und Hass habe ich Doden Grotte und Goatpreacher.

Die EP wurde zuletzt über Northern Silence wiederveröffentlicht. Warum hast du dich gerade für dieses Label entschieden?
Thorsten hat mich mit einem Vorschlag zur Wiederveröffentlichung der EP angesprochen. Northern Silence Productions ist ein sehr gutes Label, das viele großartige Alben veröffentlicht hat.

Für den Re-Release auf Northern Silence hast du noch die Ambient-Nummer „The World Of Unearthly Dreams“ hinzugefügt. Wie kam es dazu?
Dies ist ein spezieller Track für die Veröffentlichung über Northern Silence Productions. Ein eigentümliches Echo der vergangenen Wintertage. Ein Sonnenuntergang im Dämmerlicht, wenn die Sonne versinkt und die Nacht über die Welt kommt.

Du veröffentlichst öfters einzelne Tracks. Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass du dir dieses Material nicht einfach für ein volles Album aufsparst?
Ja, das ist eine gute Frage. Ich schreibe oft Singles, aber ich schreibe auch Songs für ein Full-Length-Album. Ich denke, dass die Entstehung eines neuen Albums manchmal viel Zeit in Anspruch nimmt, und ich möchte dem Zuhörer neue Songs und neue Gefühle vermitteln. Vielleicht mache ich es falsch. Aber ich habe damit etwas zu sagen.
Die letzte Single ist eine kleine Botschaft, eine Erinnerung an die Existenz von SPELL OF DARK. (lacht) „Eternity Somewhere There“ schrieb ich nach Erhalt eines Fotos, das mir ein russischer Reisender geschickt hatte. Er arbeitete weit weg von zu Hause, und jeden Tag entdeckte er Orte, die ich nie gekannt hatte. Nur dank seines Fotos kam ich dem Unbekannten ein wenig näher.

Dein letztes Full-Length-Album „Ashes Of Forgotten Dreams“ erschien 2015. Ist schon abzusehen, wann du wieder eine Platte in voller Länge herausbringst?
Ja, natürlich. Inzwischen habe ich die Aufnahme eines neuen Albums mit dem Titel „Wastness“ abgeschlossen, das, wie ich denke, in diesem Jahr über Wolfspell Records erscheinen wird.

SPELL OF DARK ist vermutlich als reines Studioprojekt gedacht, nicht wahr? Oder ziehst du Live-Shows womöglich sogar in Betracht?
Nein, ich habe keine Pläne für Live-Shows.

Ich würde nun gerne noch mit dir unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming durchgehen. Was kommt dir bei den folgenden Begriffen in den Sinn?
Compilation-Album: Eine gute Idee.
Präsident Putin: Kein Kommentar.
Sommer: Wärme
Nostalgie: Viele Momente meines Lebens.
Klassische Musik: Wagner

Zum Abschluss nochmals ein großes Dankeschön für deine Antworten. Möchtest du noch ein paar letzte Worte an die Leser richten?
Vielen Dank für das Gespräch und für die interessanten Fragen. Entschuldigung, dass es einige Zeit gedauert hat, bis ich antworten konnte. Pass auf dich auf.
An die Leser – vielen Dank für euer Interesse an SPELL OF DARK, bewahrt die Natur, seid aufrichtig und hört Black Metal.
Fortsetzung folgt…

Publiziert am von

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert