Review Act Of Denial – Negative

Supergroup-Alarm! Wenn eine neue Band vor allem wegen der Kollaboration diverser Szenegrößen beworben wird, entsteht immer gleich eine Gefühlsmischung aus Interesse und Skepsis. Oft genug gibt es lieblose Projekte, mit denen die Mitglieder vor allem in Pandemiezeiten den schnellen Euro abgreifen wollen und mit dem Line-up mehr Aufmerksamkeit erregen als mit der Musik. Im Fall von ACT OF DENIAL sind die beiden Gründer Voi Cox und Luger nicht die großen Namen, ihre vor langem aufgelöste Band Koziak kennen hierzulande wohl die Wenigsten. Sänger Björn Strid (Soilwork, The Night Flight Orchestra) und Bassist Steve DiGiorgio (u.a. Testament, Death) dagegen sind alte Hasen mit hohem Beliebt- und Bekanntheitsgrad. Multiinstrumentalist Krimh (Septicflesh, Devin Townsend) am Schlagzeug sowie Keyboarder John Lönnmyr (The Night Flight Orchestra) komplettieren das Aufgebot.

Musikalisch wecken ACT OF DENIAL mit ihrer Mischung aus Melodic Death Metal, Metalcore und zarten Alternative-Metal-Elementen Erinnerungen an den Anfang und die Mitte der 2000er Jahre, als solch ein Mix oft von Bands wie Soilwork, Scar Symmetry oder Sonic Syndicate gespielt wurde. Mit dem Opener „Puzzle Heart“ lässt sich die Combo nicht lange bitten, um diese Ausrichtung deutlich zu machen: Ohne Umwege zündet sie ein Doublebass-Gewitter, groovt mit tiefem Bass und aggressiven Riffs. Die Keyboards sorgen ab und an für eine süßliche Note, werden aber zum Glück nicht allzu präsent eingesetzt und bleiben meist im Hintergrund. Björn Strid am Mikrofon nutzt seine ganze Bandbreite: Die von Soilwork bekannten Screams treffen auf seine glasklare Singstimme von The Night Flight Orchestra. Wie gewohnt liefert er eine hervorragende Leistung und dominiert die Musik mit seinen Vocals, das geht bei einer derart markanten Stimme aber wohl auch gar nicht anders.

Vor allem bei den ersten Tracks auf „Negative“ halten ACT OF DENIAL das Tempo hoch. Die Musiker zeigen schon gerne, dass sie ihre Instrumente perfekt beherrschen und auch bei hohen Geschwindigkeiten technisch immer sauber und nuanciert agieren können. Auch beim Songwriting zeigt sich Routine und Erfahrung: Die Melodien sind mitreißend und brennen sich schnell ein, die Rhythmen sitzen und regen durchgehend die Nackenmuskulatur an und Breaks und Tempowechsel sind stets passend gesetzt. Durch den nicht immer vordergründigen, aber durchgehend vorhandenen Groove erinnern ACT OF DENIAL stellenweise an Killswitch Engage oder Trivium sowie durch thrashige Momente auch an The Haunted. Die Leadgitarren dürften dazu allen Fans der „Colony“-/“Clayman“-Phase von In Flames ein wohliges Lächeln ins Gesicht zaubern.

Also alles perfekt? Nicht ganz: Nach ein paar Durchläufen fällt auf, dass kaum ein Song aus dem typischen Muster ausbricht: Strophe-Refrain-Strophe-Refrain-Solo-Refrain ist Gesetz, Strid wechselt dabei fast immer von Death-Metal-Vocals in den Strophen zu Klargesang im Refrain. Dass jeder Track um die viereinhalb Minuten lang ist und das Solo immer nach etwa drei Minuten einsetzt, ist eine witzige Beobachtung am Rande. Musikalische Abwechslung kommt dennoch nicht zu kurz: „In The Depths Of Destruction“ bewegt sich im stampfenden Midtempo, „Your Dark Desire“ zeigt die corige Seite der Band und das abschließende „Clutching At Rays Of Light“ hat durch vorwiegenden Klargesang gar eine pop-rockige Stimmung. Überhaupt könnte jeder einzelne Song als Anspieltipp genannt werden, da diese rein für sich keine Schwächen aufweisen.

„Negative“ ist somit ein technisch herausragendes Album, auf dem die Musiker von der ersten bis zur letzten Sekunde alles richtig machen. Die Produktion ist ebenfalls makellos: Jedes einzelne Instrument ist gut hörbar und fügt sich in einen druckvollen, stimmigen Gesamtsound ein. Einzig das Überraschungsmoment fehlt ein wenig. Sobald das Album läuft, stellt sich eine gewisse Erwartungshaltung ein und genau diese wird auch erfüllt. Der Langzeitspaß ist aufgrund dieser schnell befriedigten Erwartungen noch ungewiss, ACT OF DENIAL könnten aufgrund ihrer Qualitäten mit „Negative“ aber durchaus auch in einigen Toplisten des Jahres 2021 auftauchen.

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Wertung: 8.5 / 10

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