Review Fvneral Fvkk – Carnal Confessions

  • Label: Bleeding Heart Nihilist, Solitude
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Doom Metal

FVNERAL FVKK – schon den Bandnamen kann man eigentlich nur hassen oder lieben. Den Traditionalisten im Doom mag er zu pubertär und primitiv und schon der Schreibweise wegen ein Dorn im Auge sein. Für alle, die sich davon nicht abschrecken lassen, dürfte er jedoch schon bald für modernen und eigenständigen Doom-Metal mit einem schelmischen Augenzwinkern, aber auch viel Zynismus stehen.

Denn „Carnal Confessions“ ist nichts weniger als das Doom-Album, auf das die deutsche Szene ohne es zu wissen lange gewartet hat: Während sich unzählige Bands an traditionellen Schemata ergehen und dabei in Belanglosigkeit versinken, wagen FVNERAL FVKK Eigenständigkeit – und das nicht nur im für Doom Metal untypischen Namen, der eher an Post-Hardcore oder Post-Black-Metal denken lässt.

Das wird schon bei „Chapel Of Abuse“ klar, dem majestätischen Opener, der mit wuchtigem Schlagzeug und getragenen Melodien, einem unglaublich fetten und doch transparenten Sound und vor allem dem schönsten Klargesang, den man seit Hamferð bei einer Doom-Band gehört hat, restlos überzeugt. Im Riffing dicht und kompakt, im Refrain breit und offen, vom Tempo her für Doom fast schon forsch, und gerade deswegen stets groovig: FVNERAL FVKK klingen nicht nur einmalig schön, sondern auch einzigartig.

Das liegt auch daran, dass es Cantor Cinaedicus gelingt, das in gewisser Weise „sakrale“ Konzept der Band in den Gesang einfließen zu lassen, ohne sich übertrieben stur daran zu klammern und am Ende affektiert zu klingen. Dass im Opener auch gleich der einzige gegrowlte Vers des Albums zu hören ist, ist einerseits schade: Hier hätten FVNERAL FVKK noch ein weiteres Element in ihren Sound einbauen können. Andererseits überzeugt die Selbstsicherheit, mit der sie genau das nicht tun: Wer so einen Sänger hat, muss sich nicht mit Gegrunze abgeben.

Und tatsächlich sind es neben den herrlichen Gitarrenmelodien gerade die Gesangslinien, die Song um Song die Frage aufwerfen: Wie episch kann es denn noch werden? „A Shawdow In The Dormitory“ stellt den Opener in den Schatten – um direkt von „Alone With The Cross“ mit seinen elegant geschwungenen Gesangslinien übertroffen zu werden. Doch auch hier zeigen FVNERAL FVKK wieder, was sie noch ausmacht: Ganz der Fuck-Off-Attitüde im Bandnamen folgend, brechen die Hamburger auch musikalisch immer wieder aus dem Rahmen des Erwartbaren aus, schmeißen dem Hörer mit fast punkiger Friss-oder-Stirb-Attitüde ein rotziges Riff vor die Füße und verhindern so, allzu schnell in irgendeine Schublade gesteckt zu werden.

Auch konzeptionell sind FVNERAL FVKK nicht so leicht zu greifen, wie mancher das vielleicht gerne hätte: Nach Ghost und Batushka einfach nur die nächste sakrale Band in kirchlichen Gewändern? Mitnichten. Mit viel Zynismus geben FVNERAL FVKK nicht nur in ihren Roben auf der Bühne, sondern auch in ihren gut recherchierten Texten die reuigen Priester, die endlich offenlegen, was in der Kirche schon lange Gang und Gäbe ist: Unzucht und Missbrauch, Sodom und Gomorrha. Frei nach dem Motto: Schön ist es nicht, aber irgendwer muss es ja tun.

Dem sakralen, und damit automatisch etwas angestaubten Image setzen FVNERAL FVKK durch Samples wie im Intro „Omnia Ad Dei Gloriam“ oder zu Beginn von „Poor Sisters Of Narareth“ geschickt ein modernes Element entgegen, dem eher reduzierten Doom-Riffing ein erfreulich finessenreiches Schlagzeug, den eigentlich schon raumgreifenden Gitarrenmelodien noch größere Gesangsmelodien. Die Attitüde ist klar: Musikalische wie textliche Klischees sollen mal schön andere erfüllen.

Mit wie viel Liebe „Carnal Confessions“ bis ins letzte Detail durchdacht ist, zeigt sich, wenn „Alone With The Cross“ mit einem bedächtigen a Capella ausklingt, und „The Hallowed Leech“ die gleiche Gesangsmelodie zu Beginn nochmal aufgreift: Genau zwischen diesen beiden Songs ist in der Vinyl-Version nämlich der Seitenwechsel vorzunehmen. Eleganter könnte die erste Seite nicht abgerundet und das Album zugleich zusammengehalten werden.

Carnal Confessions“ ist nichts weniger als ein Meisterwerk, ein Album, wie es so manch etablierte Band in Jahrzehnten nicht zu Stande gebracht hat – und auch darin mit Hamferðs Debüt vergleichbar. Und das nicht trotz, sondern wegen des frechen Bandnamens: Steckt doch genau in diesem FVNERAL FVKK ein dickes „Fuck you“ an die Vertreter der reinen Lehre – musikalisch, im Doom, wie thematisch, in der katholischen Kirche. Chapeau!

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Wertung: 10 / 10

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