Review Letzte Instanz – Heilig

Erst Gold, dann schuldig – jetzt heilig. Was ist die LETZTE INSTANZ wirklich? Im musikalischen Sinne liegt die Antwort wohl in der goldenen Mitte, denn stilistisch ist „Heilig“ der nächste konsequente Schritt in die bereits vor einigen Jahren eingeschlagene Richtung. Diese weniger brachiale, sondern eher feinfühlige Abwandlung des Mittelalterrock ist auch für die aktuelle Neuveröffentlichung charakterisierend. Dabei verzichtet die Band auf zu viele Experimente. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Wie von „Schuldig“ bereits gewohnt, beginnt das Album mit einem instrumentalen Intro namens „Sanctus“, welches nahtlos in den ersten Song „Unsterblich“ übergeht. Trotz vereinzeltem Religionsbezug in den Titeln gibt es erfreulicherweise weder große Belehrungen noch Bekenntnisse zu dieser oder jener Religion.
Und wie bereits auf den Vorgängeralben schwankt die Qualität und Eigenständigkeit der Kompositionen insgesamt spürbar, doch bleibt stets auf einem mindestens akzeptablen Niveau. Die erste Live-Vorabpremiere „Dein Gott“ ließ bereits die Intensität erahnen, mit denen das Stück nun erfreulicherweise auf CD gepresst wurde. Ganz im Gegensatz dazu steht mit dem zweiten Vorzeigestück „Schau in mein Gesicht“ eine eher halbgare Komposition, bei der besonders das vermehrt eingestreute „Uh uh uh uh“ einen fragwürdigen Eindruck hinterlässt. Der stimmige Refrain im Rockgewand bewahrt die Singleauskopplung allerdings vor einem Totalausfall.

Dieses Urteil lässt sich auf weite Teile von „Heilig“ übertragen, die einfach zu seicht und bewusst weichgespült/massenkompatibel klingen. Aber letztlich ist es auch genau das, was die Studioalben der Letzten Instanz im Vergleich zu Bands wie Subway to Sally oder In Extremo kennzeichnet und von diesen unterscheidet. Holly hält seine Töne oftmals länger als nötig oder es wird wie bei „Der letzte Tag“ rhythmisch in die Hände geklatscht, bevor die gesamte Band – angetrieben von Schlagzeug und Stromgitarre – wieder in den (oftmals gelungenen) Rockmodus schaltet. Zu viel vorgeschobene Härte wie bei einigen Instrumentalpassagen in „Unsichtbar“ wirkt dabei allerdings zu erzwungen, aufgesetzt oder auch abgekupfert.

Textlich erfindet die Instanz das Rad ebenfalls nicht neu und manchmal wirken die Lyrics zu bewusst auf Reime getrimmt. Zum Mitsingen und Mittanzen fühlt man sich hingegen selten animiert, bestenfalls das Tanzbein wippt im Takt mit. Einige Stücke wie „Der Kuss“ (mit weiblichem Gesangspendant) oder die Abschlussballade „Winterträume“ können wiederum nach mehrmaligen Hördurchgängen durchaus zum Nachdenken über das Leben und die Liebe anregen. Wohl gemerkt: Können, nicht müssen.

Letztlich gibt es bis auf paar kleine Feinheiten allerdings nichts überraschend oder überragend Neues im Reich der Letzten Instanz. Fans des neuen Stils erhalten eine Fülle an gutem Material, doch wer nicht bereits „Schuldig“ sein Eigen nennt, wird wohl auch um „Heilig“ einen Bogen machen.
Wertungstechnisch nehme ich für die fehlenden Neuerungen und die meiner Meinung nach qualitativ weniger überzeugenden „Kernstücke“ im Vergleich zum Vorgänger einen kleinen Abzug vor.

Wertung: 5 / 10

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