Review Santiano – Im Auge des Sturms

(Folk/Pop/Schlager) Seit dem Stapellauf mit „Bis ans Ende der Welt“ haben die Schlager-Folk-Kapitäne SANTIANO zwei weitere Alben herausgebracht, mit denen sich ihr Kurs – eine beschwingte Mischung aus Irish-Folk, Pop und einer Eigeninterpretation von Shanties – nicht wesentlich verändert hat, die aber beide von gleichbleibend hoher Qualität waren. Nun sind die Segel für die vierte Seefahrt gehisst und dieses Mal befinden wir uns mitten „Im Auge des Sturms“.

„Sail Away“, „Hooray For Whiskey“, „Die Sehnsucht ist mein Steuermann“: Schon die Tracklist könnte sich kaum SANTIANO-typischer lesen. Und wie man es erwarten kann, bietet „Im Auge des Sturms“ auch musikalisch keine gänzlich ungewohnte Kost. Allerdings fällt auf, dass die Musik dieses Mal insgesamt etwas schwermütiger daherkommt. Damit entspricht sie in weiten Teilen der Ausrichtung, die bereits das in kühlen Blautönen gehaltene Cover impliziert. Natürlich ist das in Relation zur bandeigenen Diskografie zu sehen, denn selbstverständlich sind SANTIANO immernoch weit davon entfernt, mit ihren Songs düstere Gefühle zu wecken: Nach wie vor dominieren griffige Folk-Melodien und markante Refrains. Gelegenheiten, auf dem Oberdeck ganz ungeniert das Tanzbein zu schwingen, gibt es aber weniger als bisher.

Das wäre an und für sich noch kein Problem, doch gelingt es ihrer vierten Scheibe nicht, die Wirkung zu entfalten, die man von den bisherigen Alben kannte. Schon der Einstieg versetzt der Vorfreude einen gewissen Dämpfer, „Könnt ihr mich hören?“ bleibt irgendwann natürlich doch hängen, wirkt zunächst jedoch relativ blass und austauschbar. „Ich bring dich heim“ versucht sodann, den Hörer emotional zu packen, doch auch das haben SANTIANO schon wesentlich besser hinbekommen – man denke nur an Balladen wie die Interpretation des Klassikers „Scarborough Fair“ (als „Garten Eden“) oder zuletzt an „Die Kinder des Kolumbus“. Und auch „Sail Away“ funktioniert als gefälliges Partylied leider nicht so gut wie bisherige Stimmungskanonen à la „Irish Rover“ oder „Have A Drink On Me“. Dass man Vieles auf „Im Auge des Sturms“ von den Nordlichtern so ähnlich schon gehört hat, ist nicht das Problem – sondern, dass man es von ihnen schon besser gehört hat. Erst mit „Liekedeeler“, einem Song über den berüchtigten Piraten Störtebeker, gibt es ein echtes Highlight zu hören. Wer bei dem Titel hofft, dass SANTIANO ihrer auf „Von Liebe, Tod und Freiheit“ mit „Fresenhof“ entdeckten Liebe zum Plattdeutschen erneut Raum geben, wird jedoch enttäuscht: Diese fehlt dem Album leider ebenso wie die Interpretation traditioneller Songs, mit der die Truppe stets punkten konnte.

Immerhin: Die zweite Hälfte der Platte ist tendenziell stärker und wirkliche Enttäuschungen gibt es im recht vorhersehbaren Werk von SANTIANO kaum. Doch echte Highlights waren früher in größerer Stückzahl an Bord. Höhepunkte wie „Doch ich weiß es“ (mit tollem Gastauftritt von Eric Fish), „Brüder im Herzen“, das in positiver Manier an den Klassiker „Frei wie der Wind“ denken lässt oder die eingängige Danksagung an alle Wegbegleiter („Wir für euch und ihr für uns“) am Ende reichen leider nicht, um erneut zu begeistern. Derart starke Nummern verhindern letztlich, dass diese Reise ein Fiasko wird und erneut mit tollen Momenten aufwartet. Das bis dato schwächste Album aus dem Hause SANTIANO ist „Im Auge des Sturms“ leider dennoch.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Pascal Weber

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