Review Stone Sour – Audio Secrecy

Mit seinem Einstieg bei Slipknot beendete Corey Taylor 1999 die bis dahin wenig produktive Existenz seines Rock-Projektes STONE SOUR. Obwohl die Band später wiederbelebt wurde und 2002 schließlich ihr Debüt veröffentlichte, waren die Prioritäten für die Zukunft klar: STONE SOUR existierten nur, wenn Slipknot gerade pausierten. So war auch „Come What(Ever) May“ noch zweifelsohne Zeitvertreib für die Ruhephase der Maskenmänner nach „Vol.3 – The Subliminal Verses“. 2010 sind STONE SOUR einen Schritt weiter und über die Rolle des Lückenfüllers längst hinaus – man hat das Gefühl, zwei gleichwertige Bands im Wechsel erleben zu dürfen, ja, bisweilen gar den Eindruck, Corey fühle sich bei seiner ursprünglichen Band heimischer denn im Maskenkollektiv.

Diese Entwicklung ist auch dem musikalischen Schaffen der Band anzumerken – STONE SOUR sind auf „Audio Secrecy“ erwachsener, reifer und abgeklärter als je zuvor – und wissen nicht nur, wie der Hase läuft, sondern auch wohin.
Mit dem Klavier-Intro „Audio Secrecy“ sowie dem darauffolgenden, in „30/30-115“-Manier rockenden „Mission Statement“ gelingt auch gleich ein stimmiger und knackiger Einstieg in den dritten Langspieler – mit dem flotten „Digital (Did You Tell)“ weiß der Fünfer aus Iowa auch gleich noch einen drauf und zugleich neue Standards zu setzen: Abgesehen von der astreinen Produktion, bei der wirklich alle Register gezogen wurden, fällt vor allem der Gesang extrem positiv auf. Der Slipknot-Schreihals lässt sich hier nurnoch erahnen, stattdessen präsentiert sich Taylor wie schon auf dem Vorgänger als der perfekte Hardrock-Sänger, der mittlerweile sowohl im Klargesang als auch den rockigen Passagen keine Schwächen mehr zu kaschieren hat sondern wirklich in die Vollen gehen kann – und dies bei Stücken dem mitreißenden „Say You’ll Hount Me“ auch voll und ganz auskostet.

Soweit, so gut – klingt eigentlich alles nach „Album des Monats“ … doch was so gut begonnen hat, entwickelt sich im folgenden leider anders als erwartet, beziehungsweise erhofft: Statt weiter mächtig zu rocken, verlegt sich der Schwerpunkt nach einem Drittel der Stücke peu à peu weiter in die Herzschmerz-Kuschelrock-Ecke, in der STONE SOUR mit „Through Glass“ bereits alles gesagt haben: War dieser Song noch Musik gewordene Romantik in Reinform, schwächeln die Tracks auf „Audio Secrecy“ aus den gleichen Gründen wie die Songs ähnlicher Ausrichtung auf Slipknots letztem Output, „All Hope Is Gone“ – mit der einzigen Ausnahme, dass Songs dieses Charakters auf einer STONE SOUR-CD wenigstens nicht prinzipiell fehl am Platz sind. Zwar haben auch diese Songs durchaus ihre Momente und sich alles andere als durchweg schlecht – jedoch biedert man sich damit derart an die Sparte „Radiorock“ an, dass der Weg zu Nickelback und Konsorten nicht mehr weit ist.

Dort angekommen ist man spätestens ab „Hesitate“. Zu harmlos, zu beliebig und zu austauschbar wirken die Bausteine, aus denen STONE SOUR hier versuchen, Romantik und Herzschmerz zu nachzubauen – verglichen mit einem „Bother“ fehlt dabei jedoch jegliches Gänsehautgefühl: 08/15 mit Niveau, so zu sagen. Mit „The Bitter End“ wird „Audio Secrecy“ zwar noch einmal einen Zacken härter, jedoch steht der Song recht verloren im Raum, folgen doch auf diesen, je nach CD-Version, in der Standard-Edition zwei, in der Deluxe-Edition gleich fünf weitere Kuschelsongs, von denen dem bis dahin gesagten am ehesten noch das erfreulich abwechslungsreiche „Anna“ (nur Ltd. Edition) etwas hinzuzufügen hat.

STONE SOUR wirken auf „Audio Secrecy“ abgeklärter, kalkulierender und zielstrebiger denn je – jedoch wird dieses Ziel, auf das die Truppe zusteuert und das zweifelsfrei in den sicheren Fahrwassern des Mainstream liegt, nicht jedem schmecken: Zwar war auch das spätestens seit dem letzten Album fester Bestandteil von STONE SOUR, jedoch eben nur ein Aspekt unter vielen, der seinen Teil zur Vielseitigkeit von „Come What(ever) May“ beigetragen hat. Auf diesesn allein reduziert verlieren STONE SOUR nicht nur drastisch an Individualität, sondern auch an Attraktivität. Der Popularität von STONE SOUR wird dieses Album, gerade in Amerika, ganz gewiss keinen Abbruch tun … auch werde ich mich an dieser Stelle nicht dazu verleiten lassen, in den im Metal nur all zu schnell angestimmten „Mainstream und Kommerz-Bashing-Kanon“ einzusteigen – dennoch muss ich nüchtern resumieren: Rockend haben mir STONE SOUR deutlich besser gefallen.

Wertung: 7 / 10

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