Review The Browning – Geist

2016 veröffentlichten THE BROWNING „Isolation“ und wussten damit durchaus zu gefallen. Hefiger Metalcore, der immer wieder in Deathcore-Bereiche abdriftete, was den Härtegrad betraf, wurde durch harte elektronische Beats punktiert – quasi das tonale Äquivalent des Terminators. Seitdem ging im Leben des Sängers Jonny McBee leider einiges schief, wie die Fans live via Twitch mitverfolgen konnten. Über diese Plattform streamte er den Kreativprozess des nächsten Albums seiner Band und macht seine Katharsis somit in Echtzeit für die Fans sichtbar. Sechs Songs aus diesen Sessions sind auf dem neuen Album gelandet, dazu ebenso viele, die McBee ohne Öffentlichkeit schrieb – unter dem Titel „Geist“ sind sie allesamt nun erschienen.

Dem geneigten Musikfan wird bei Hintergründen wie „schwierige Lebensumstände“ und Worten wie „Katharsis“ (nicht nur wegen des schlimmen Machine-Head-Albmus) sicher gleich flau im Magen, denn solche Umstände führen oft auch zu einer (dramatischen) Veränderung der musikalischen Ausrichtung. THE BROWNING sorgen mit dem Opener „Sick Minds“ scheinbar für Entwarnung, denn nach kurzem Elektro-Intro ballern die Gitarre und das Schlagzeug los, unterlegt von schicken Technobeats. Alles beim Alten also. Doch der Härtegrad wirkt nicht mehr so hoch wie auf „Isolation“ und statt des erwarteten Breakdowns findet man einen atmosphärisch-melodischen Part vor.

Verunsicherung macht sich breit, die im Folgenden leider ihre Bestätigung findet. Denn das folgende „Beyond Stone“ ist noch einen Ticken melodischer, selbst Klargesang mischt sich in die Musik. Das ist im Metalcore erstmal keine Überraschung, bei THE BROWNING allerdings durchaus eine Neuerung, die – das muss man so deutlich sagen – überhaupt nicht funktioniert. Zu aufgesetzt wirken die Melodien, zu künstlich er Klargesang. In dieser Manier geht es weiter und wird noch schlimmer, denn „Final Breath“ kommt fast komplett ohne Gebrüll aus und auch die Instrumentalfraktion klingt eher wie Strandurlaub als Cyberkrieg. „Geist“ fühlt sich so an, als ob THE BROWNING ein paar nicht sehr alte, unveröffentlichte Tracks von Linkin Park gefunden und eingespielt haben.

Sicher gibt es auch ein paar Tracks wie „Carnage“ (inklusive hippem Rap-Part) oder „Optophobia“, bei denen die Fans der Truppe auf ihre Kosten kommen, allerdings geschieht auch dies immer nur temporär, ehe dem Hörer wieder halbgare Melodien in die Verzweiflung treiben. Unterm Strich bleibt also eine Scheibe, die stark enttäuscht. Seine persönlichen Schwierigkeiten musikalisch zu verarbeiten mag gesund und hilfreich sein, der Musik tut es leider meist einen Abbruch. Denn THE BROWNING verheben sich mit „Geist“ ganz massiv, indem sie etwas zu tun versuchen, was sie schlicht nicht können. Also bis zum nächsten Album zurück zu „Isolation“.

Wertung: 4.5 / 10

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