Review The Dillinger Escape Plan – Option Paralysis

Wer auf etwas verschrobene und technisch wie theoretisch anspruchsvolle Musik der extremen Art steht, kommt früher oder später wohl auch an THE DILLINGER ESCAPE PLAN nicht vorbei – sind die Herren doch seit mitterlweile 13 Jahren eine feste Größe im Mathcore / Avantgarde-New Metal-Sektor. Mit „Option Paralysis“ veröffentlichte das Quintett nun ihr viertes Album – und hat sich, soviel kann gut und gerne vorweggenommen werden – mal wieder selbst übertroffen.

Denn noch bevor man „Option Paralysis“ auch nur annähernd nachvollzogen hat, lässt sich ohne Übertreibung festhalten, dass THE DILLINGER ESCAPE PLAN mit diesem Album das Unmögliche möglich gemacht und Feuer und Wasser endgültig und völlig schmerzlos miteinander verbunden haben: Denn wo die älteren Werke der Jungs aus New Jersey meist entweder durch die nerdigen Math-Core-Elemente oder die eingängigen (Gesangs-)Passagen zu beeindrucken wussten, schaffen sie auf „Option Paralysis“ scheinbar spielend die totale Symbiose: Mit einer überwältigenden Leichtigkeit wechseln THE DILLINGER ESCAPE PLAN hier scheinbar spielend zwischen fiesem Frickel-Gebolze und in diese nahezu perfekt eingebauten, ruhigeren Passagen hin und her. Noch ehe man sichs versieht, hat der Song bereits seinen gesamten Charakter gewechselt, schallt statt des verqueren Riffings bereits eine mitreißende Clean-Vocal-Line aus den Boxen, und das, ohne dass der Song dadurch auch nur ein Quäntchen an Heavyness verliert.

So ist es wenig verwunderlich, dass die große Stärke von Songs wie „Farewell, Mona Lisa“ vor allem an ihrer Vielseitigkeit festzumachen ist. Dass als Beispiel hierfür wirklich jeder einzelne der zehn Tracks angeführt werden könnte, ist bezeichnend genug. Allein „Widower“, welcher sich aus einem melancholischen Piano/Cleangesang-Intro hin zu brutalem Riffing hocharbeitet, um schließlich durch einen fast schon episch-majestätisches Cleangesangs-Part zu bezaubern, welcher sich brachial entfaltet, um kurz vor dem furiosen Finale noch einmal anstandslos dem Piano zu weichen, ist ein Lehrstück für einen gelungenen Songaufbau – und ist damit dennoch allerhöchstens ein „princeps inter pares“…

Wo die meisten Bands schon mit der Aufgabe, die Hälfte der hier verarbeiteten Ideen sinnvoll auf einem Album unterzubringen, heilos überfordert wären, schütteln THE DILLINGER ESCAPE PLAN hier lässig ein Album aus dem Ärmel, das nicht nur diese Herausforderung wie eine Kindergartenübung aussehen lässt, sondern darüber hinaus vorallem eines hat: Verdammt viel Style. Denn während ein derartiges Album bei Anderen vielleicht zerfahren, überambitioniert und bestenfalls noch chaotisch gewirkt hätte, fügt sich „Option Paralysis“ unter den Händen dieser Musiker zu einer in sich geschlossenen Einheit, über deren mitreißende Komplexität man nurnoch staunen kann – dass THE DILLINGER ESCAPE PLAN es dabei noch schaffen, den Songs einen nicht zu leugnenden Ohrwurmcharakter zu verleihen, spricht für sich.

Und so wundert man sich nach knapp 40 Minuten auch nur noch flüchtig, dass das für TDEP-Verhältnisse fast schon poppig-baladeske „Parasitic Twins“ ganz nebenbei mit Blues-Elementen arbeitet … war auch das doch irgendwie weniger eine Frage des „ob“ als des „wann“. Fazit: Allein „Farewell, Mona Lisa“ sollte reichen, um jeden Fan extremer Musik anzufixen.

Wertung: 10 / 10

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