Review Wolcensmen – Fire In The White Stone

Als Dan Capp im November 2016 das Debütalbum seines Neofolk-Soloprojekts WOLCENSMEN, betitelt „Songs From The Fyrgen“, herausbrachte, nahmen davon wohl nur wenige Notiz. Trotz der moderaten Bekanntheit seiner „Hauptband“ Winterfylleth innerhalb der Black-Metal-Szene, welche sich zumindest teilweise mit der Neofolk-Hörerschaft überschneidet, blieb das Album ein klassischer Geheimtipp. Der verdiente Re-Release der Platte über Indie Recordings zwei Jahre später dürfte jedoch Schwung in die Sache gebracht haben, denn nach der ebenfalls hörenswerten EP „Songs From The Mere“ folgt mit „Fire In The White Stone“ nunmehr das inzwischen doch von einigen heiß ersehnte zweite Full-Length-Album.

WOLCENSMEN als bloßes Nebenprojekt des Winterfylleth-Gitarristen abzuwerten, wäre schon nach dem rundum gelungenen Debüt nicht angebracht gewesen. Im Hinblick auf den immensen Aufwand, der nachweislich in „Fire In The White Stone“ gesteckt wurde, besteht jedoch spätestens jetzt nicht mehr der geringste Zweifel daran, dass Capp seine akustischen Lieder mindestens genauso am Herzen liegen wie seine Umtriebe im Black Metal.

Für das 50 Minuten lange Album hat der britische Einzelkünstler nicht nur eine eigens erdachte, 12.000 Wörter umfassende Geschichte niedergeschrieben, die sich um die Reise eines jungen Mannes in einem mittelalterlich-mystischen Setting dreht und von Tolkien, Wagner und dem Gralsmythos inspiriert ist, sondern auch die musikalische und visuelle Gestaltung liebevoll auf das Konzept abgestimmt. So zeigt das kunstvolle, von David Thiérrée kreierte Artwork die wichtigsten Kernelemente der Handlung und Produzent John A. Rivers, der wegen des von ihm gezauberten, atmosphärischen Sounds von Dead Can Dance‘s „Within The Realm Of A Dying Sun“ gezielt von Capp mit der Produktion betraut wurde, hat die Instrumente mit einem gleichermaßen organischen und geschmeidigen Klang versehen.

Stilistisch hält sich WOLCENSMEN in den neuen Songs im Grunde an die Vorlage des Debüts, erweitert diese jedoch signifikant. Neben den zarten, mitunter sogar recht schwungvollen Akustikgitarren, die in manchen Tracks wohlige Erinnerungen an Empyrium und Ulvers „Kveldssanger“ wachrufen („Of Thralls And Throes“), den sanftmütigen Flöten und der archaischen, zum Teil schroff marschierenden Perkussion kommen unter anderem auch trübselige Streicher und allerlei Keyboardtöne zum Einsatz. Letztere nehmen auf „Fire In The White Stone“ nicht nur wesentlich mehr Raum als noch auf der Vorgängerplatte ein, sondern sind hier auch inniger in die Kompositionen eingebettet und darüber hinaus vielgestaltiger in Szene gesetzt.

Im näher am Dark Wave als am Neofolk gelegenen „Hunted“ bedient sich WOLCENSMEN beispielsweise Cembalo-artiger Klänge, um dem Track seinen drohenden Grundton zu verleihen, wohingegen die synthetisch simulierten Bläser auf „Sprig To Spear“ eine majestätische Erhabenheit ausdrücken, die man in dieser Form sonst nur von Summoning kennt. Auch als Erzähler macht Capp seine Sache ausgesprochen gut. Hymnisch und treffsicher singt er sich seinen Weg durch seine selbstverfasste Geschichte und passt seine Stimme stets dem von der Handlung vorgegebenen Spannungsbogen an.

Mit ihrer Einfachheit bestechende Ohrwürmer wie „Sunne“ oder „The Mon O‘ Micht“ findet man auf „Fire In The White Stone“ zwar nicht, im Gegenzug ist es Dan Capp jedoch gelungen, seine urtümlich beseelte Musik mit neuen Elementen auszustatten und das Album als Ganzes trotzdem wie aus einem Guss klingen zu lassen – ein Balanceakt, der zweifellos beträchtliches, musikalisches Talent erfordert. Im Vergleich zu „Songs From The Fyrgen“ hat WOLCENSMEN hiermit ein noch vollkommener abgerundetes und bombastischeres Werk geschaffen, das in sämtlichen Aspekten – von der Grundidee über das Songwriting bis hin zu der Tonqualität und der Visualisierung – begeistert und folglich zu den besten Folk-Veröffentlichungen des Jahres zählt.

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Wertung: 8.5 / 10

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