Konzertbericht: Dornenreich

10.03.2018 München, Spectaculum Mundi

Es herrschen gute Zeiten für DORNENREICH-Fans. Ein neues Album steht zumindest am Horizont in Aussicht, und auch live sind die Österreicher wieder aktiv: Die „Mystic Places Tour 2018“ führt die Band erneut quer durch Deutschland und Österreich – wenn die bespielten Locations auch nur zum Teil dem Tournamen und den durch diesen geweckten Assoziationen gerecht werden.

So macht das Duo – wie schon 2015 – in München auch diesmal im Spectaculum Mundi halt, einer kleinen Stadtrand-Location, die zwar gemütlich, aber, in einem Gemeindezentrum untergebracht, gewiss nicht „mystisch“ ist. So schade das auch ist, da auch München durchaus wirklich reizvolle Locations wie die Allerheiligen-Hofkirche zu bieten hätte, soll das Musikerlebnis des heutigen Konzertabends davon doch ungetrübt bleiben.

Pünktlich um 20:30 Uhr betreten Eviga und Inve zu einem kurzen Intro die puristisch schwarz abgehängte Bühne – sogar auf das Logo-Backdrop wurde heute verzichtet. Wie gut die Bedingungen für eine unvergessliche Show auch heute sind, zeigt sich wenige Sekunden später: Nach dem ersten Applaus und mit den ersten auf der Gitarre gespielten Tönen herrscht im mit 130 Plätzen bestuhlten und bis auf den letzten Platz gefüllten Zuschauerraum andächtiges Schweigen. Dieses hat, nachdem der letzte Ton eines Stückes verklungen ist, stets noch einen kurzen Moment des Innehaltens lang bestand, ehe der verdiente Beifall aufbrandet. Dass das Publikum dem Geschehen auf der Bühne so gebannt lauscht, hat wohl mehrere Gründe – zum einen kommt zu einer DORNENREICH-Show mit starker Ticket-Limitierung und ohne Support-Bands natürlich nur, wer die Musik der Österreicher wirklich zu schätzen weiß. Vor allem jedoch bieten DORNENREICH dem Publikum auch heute wieder ein Live-Erlebnis, das an Intensität kaum zu steigern ist: Das Gefühl, Teil dieser einzigartigen Atmosphäre zu sein, wirkt Wunder.

Hauptaugenmerk des 90-minütigen Sets liegt auch diesmal auf den für eine Akustik-Show mit Gitarre, Geige und Stimme natürlich prädestinierten „In Luft geritzt“-Stücken, die auch zehn Jahre nach der Veröffentlichung dieses DORNENREICH-Meisterwerkes nichts von ihrer Energie und Atmosphäre verloren haben. Auch sonst unterscheidet sich die Setlist nicht wesentlich von der der letzten Tour – selbst das ansonsten eher selten gespielte Stück „Ich bin ein Stern“ zum zeitlosen Hermann-Hesse-Text dieses Namens findet heute wieder seinen Weg ins Set. Neu hinzugekommen sind dafür drei brandneue Stücke, die zumindest theoretisch einen ersten Vorgeschmack auf den für Winter 2019 anberaumten „Freiheit“-Nachfolger geben könnten. Tatsächlich ist jedoch fraglich, wie viel die heute dargebotenen mit den Album-Versionen der Songs zu tun haben werden – schließlich testen DORNENREICH das Material heute, wie man es bereits von früher kennt, akustisch und rein instrumental, während für das Album erneut Gesang, Zerr-Gitarren und Percussions zu erwarten sind.

Mit dem alten Klassiker „Reime faucht der Märchensarg“ („Bitter ist’s dem Tod zu dienen“, 1999) und dem mit selbst für DORNENREICH-Verhältnisse selten gehörter Hingabe zelebrierten „Jagd“ beenden Eviga und Inve die Show schließlich angemessen dramatisch, ehe sich Fans und Band zum gemeinsamen Plausch am Merchandise-Stand bei Schlagzeuger Gilván einfinden.

  1. Freitanz
  2. Meer
  3. Des Meeres Atmen
  4. L.M. (Arbeitstitel)
  5. Der Hexe nächtlich‘ Ritt
  6. Dem Wind geboren
  7. Flügel in Fels
  8. Im ersten aller Spiele
  9. Drang
  10. Unruhe
  11. S. Dramatic (Arbeitstitel)
  12. Ich bin ein Stern
  13. Zauberzeichen
  14. Traumestraum
  15. Erst deine Träne löscht den Brand
  16. Enter(Arbeitstitel)
  17. Reime faucht der Märchensarg
  18. Jagd

Auch ohne neues Album im Gepäck und ohne wirklich „mystischen“ Ort sind DORNENREICH auch 2018 ein Konzert-Highlight, das sich kein Fan entgehen lassen sollte. Wenn die Instrumental-Versionen der neuen Songs auch vielleicht noch wenig aussagekräftig sind, so ist es doch schön, zu sehen, dass die Band lebt – für die Gänsehautmomente des heutigen Abends sorgen aber natürlich einmal mehr eher die altbekannten Nummern.

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Ein Kommentar zu “Dornenreich

  1. Schon lange ein Fan des Schaffens habe ich sie erst im vergangenen Jahr das erste Mal auf dem Ragnarök Festival sehen können. Die Metal-Show von ihnen war eines der intensivsten Live-Erlebnisse, die ich je hatte. Unvergesslich für mich auch Evigas Auftritt mit Agrypnie auf dem Festival. Großartige Live-Musiker!

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