Interview mit Emily Highfield von Suldusk

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Von Frauen angeführte Musikprojekte sind im Extreme Metal bedauerlicherweise immer noch eine Seltenheit. Dennoch tun sich langsam, aber sicher immer mehr Musikerinnen in dieser Stilrichtung hervor und bereichern das Genre nicht selten mit neuartigen Ideen. Die Australierin Emily Highfield etwa, die mit „Lunar Falls“ das beeindruckende Debüt ihres Soloprojekts SULDUSK vorlegt. Warum das Album trotz Screams und Zerrgitarren nicht primär als Metal-Platte zu verstehen ist, inwiefern andere Musiker daran beteiligt waren und was für Highfield ein größeres Problem darstellt als Sexismus, erfahrt ihr in unserem Interview mit der Einzelkünstlerin.

Der Name deines Soloprojekts, SULDUSK, hat etwas Geheimnisvolles an sich. Welche Idee steckt dahinter?
Es ist inspiriert von einer Kombination aus „sul“, was auf Koreanisch „empfangen“ bedeutet, und „dusk“ bedeutet „Dämmerung“, also eine sehr limitierte Tageszeit – zwischen Licht und Dunkelheit. Es ist auch ein Verweis auf Dungeons & Dragons, wo es einen gleichnamigen Stamm von Wildelfen gibt. Alle Bedeutungen sind relevant.

Hast du vor SULDUSK bereits Musik kreiert oder ist es dein erstes kreatives Outlet?
Ich habe mich schon immer mit Musik beschäftigt, aber ich habe zwischendurch eine lange Pause eingelegt. Dann begann ich, Songs zu schreiben und auf Soundcloud hochzuladen, was sehr inspirierend und motivierend war.

Was ist deiner Ansicht nach der kreative Kern von SULDUSK, die Essenz, die in jedem einzelnen deiner Songs steckt?
Eine wirklich tolle Frage. Alle Tracks auf „Lunar Falls“ wurden für Akustikinstrumente geschrieben, und ich würde sagen, alle Tracks beziehen sich auch auf Naturszenerien.

Du verbindest in deiner Musik vor allem Dark Folk und Post-Rock, aber auch ein wenig Black Metal. Was genau hat dich dazu angespornt, diese Genres miteinander zu verknüpfen?
Beim Komponieren ging es mir immer darum, eine Atmosphäre zu schaffen. Reichhaltige Akustiktöne können im Dark Folk eine gewisse Ehrlichkeit auszudrücken, und das mit den breiteren Texturen zu verschmelzen, für die sich Extreme Metal anbietet, ist sehr aufregend. Ich liebe ausgewaschen produzierten, harschen Gesang, wie er von Coldworld und Unreqvited verwendet wird, und die tiefe Melancholie von depressivem Black Metal von Bands wie Austere.

Die Black-Metal-Elemente sind durchaus präsent, aber gegenüber den anderen Einflüssen eher im Hintergrund. Ziehst du in Betracht, auch mal Songs zu schreiben, in denen der harsche Sound überwiegt?
Ja, ich habe das Gefühl, dass auf dem nächsten Album einige härtere Tracks kommen werden. Es wird ein Album der Extreme sein.

Mich erinnern deine Songs zum Teil an Emma Ruth Rundle, Sylvaine und Myrkur. Zählen diese Künstlerinnen zu deinen Vorbildern oder beziehst du deine Inspiration aus anderen Quellen?
Ich respektiere diese Künstlerinnen sehr – sie sind wunderbare Komponistinnen und definitiv inspirierende Wegbereiterinnen. Ich würde sagen, musikalisch bin ich mehr von Elementen von Agalloch, Opeth, Trees Of Eternity und depressivem Metal, Unreqvited, Heretoir und Austere beeinflusst.

Frauen sind im extremen Metal immer noch eher in der Minderheit. Hast du deshalb bereits mit Ablehnung zu kämpfen gehabt, hat es die Neugierde der Metal-Hörer an deiner Musik womöglich sogar gefördert oder ist das für dich schlichtweg kein Thema?
Mit Sexismus habe ich im Metal keine Erfahrungen gemacht. Es ist eher eine Form von „Elitismus“, was sehr enttäuschend ist. Ich persönlich hatte jedoch insgesamt sehr viel Glück, die Leute haben mir viel Wohlwollen entgegengebracht und verstehen, dass ich aus der gleichen Metal-Ecke stamme, obwohl ich von einem anderen Ort komme.

Mit „Lunar Falls“ steht aktuell der Release deines Debütalbums an. Denkst du, dass die Fans deiner ersten paar Songs die Platte als Ganzes schätzen werden oder gibt es da womöglich auch Songs, an die man sich erst mal gewöhnen muss?
Es hängt wirklich vom Hörer ab und was dieser erwartet. Es ist ein Neo-Folk-Album, mit Einflüssen von atmosphärischem Black Metal oder Doom, nicht umgekehrt. Es wird auch hauptsächlich vom Gesang getragen. Die Menschen, die dazu eine Verbindung aufbauen, tun dies auf einer tieferen Ebene, und das ist ermutigend.

Du hast auf dem Album mit einigen Gastmusikern zusammengearbeitet und auch schon mit renommierten Bands live gespielt, außerdem wurden ein paar deiner Songs über den YouTube-Kanal von In The Woods… veröffentlicht. Wie ist es dir gelungen, schon so früh in der Szene Fuß zu fassen?
Ich denke, ich hatte Glück und Unterstützung von Leuten, die verstehen, dass ich nur mein eigenes Ding mache, und dass dabei vielleicht etwas Neuartiges herausgekommen ist.

An dem Album haben, wie bereits erwähnt, einige Gastmusiker mitgewirkt – dennoch ist SULDUSK ein Soloprojekt. Schreibst du deine Songs demnach alle ganz auf dich allein gestellt oder haben deine Mitmusiker dir auch schon beim Songwriting geholfen?
In Bezug auf Live-Auftritte und die Arbeit im Studio habe ich ein Konzept davon, was ich mir in bestimmten Teilen der Tracks wünsche. Ich erkläre dies dem jeweiligen Musiker und gemeinsam setzen wir es um. Allerdings wurden zwei Tracks auf dem Album definitiv stark von anderen Komponisten geprägt, nämlich „Drogue“ von Skyggefigurrer und „The Elm“, das auf „Sinking Ships“ von Juha Raivio und Aleah Stanbridge basiert.

Gibt es bestimmte Musiker, mit denen du in Zukunft gerne mal kollaborieren würdest?
Ja, absolut. Es gibt zu viele, um sie aufzuzählen, um ehrlich zu sein!

Meiner Ansicht nach klingt die Produktion des Albums sehr professionell und aufpoliert. Würdest du sagen, dass du in dieser Hinsicht Perfektionistin bist?
Ich danke dir. Der verantwortliche Produzent von „Lunar Falls“ ist Mark Kelson, die Zusammenarbeit mit ihm war hervorragend. Er war absolut pedantisch, auf die beste Weise. Wir verbrachten einen ganzen Tag damit, herauszufinden, welche Zusammenstellung von Mikrofonen wir für den Gesang verwenden würden!

Laut deinem Label befasst du dich auf „Lunar Falls“ mit der Suche nach Identität und den Dingen, die man dafür opfern oder überwinden muss. Kannst du uns genauer erklären, was es damit auf sich hat?
Einige von uns haben das Glück, an einem liebevollen Ort mit einem Gefühl der Zugehörigkeit und einem starken Selbstgefühl aufzuwachsen. Einige von uns haben das nicht. Wir werden mit verbundenen Augen durch dieses Labyrinth des Lebens geschickt und müssen unseren eigenen Weg finden. Unschuld, Freude und die Fähigkeit, zu staunen, können verloren gehen. Zeit in der Natur zu verbringen, kann uns in solch schwierigen Zeiten stärken und uns helfen, uns wieder mit unserer wahren inneren Natur zu verbinden.

„Lunar Falls“ ist der verstorbenen Aleah Stanbridge gewidmet. Was hat dich persönlich mit ihr verbunden?
Aleah ist für mich ein Sinnbild des endgültigen Verlusts. Sie war eine spektakuläre Komponistin und Sängerin, die nie erleben sollte, welche Auswirkungen ihre Musik auf andere haben würde, da ihr Album nach ihrem Tod veröffentlicht wurde.

Wie bereits erwähnt, ist dein Song „The Elm“ eine Adaption von Trees Of Eternitys „Sinking Ships“, das damals von Aleah gesungen wurde. Was hat dich auf die Idee gebracht, den Track umzudichten und auf dem Album zu veröffentlichen?
„The Elm“ ist eine Hommage an eine erstaunliche Künstlerin, die starb, als ihre Karriere gerade erst begonnen hatte. Ich hörte „Sinking Ships“ und als ich dann herausfand, dass sie gerade gestorben war, trauerte ich um diese Künstlerin, die mich so tief bewegt hatte. Ich fragte Juha Raivio, ob es in Ordnung sei, meine Adaption des Songs für mein Album aufzunehmen. Er gab mir seinen Segen. Er verstand, dass ich den Geist der Nachtigall weiterführen und mehr Menschen diese erstaunliche Künstlerin entdecken lassen wollte, die ein so schönes Erbe hinterließ.

Zu dem Song „Aphasia“ wurde schon vor einiger Zeit auch ein offizielles Musikvideo veröffentlicht. Warum gerade zu diesem Track und was war die Idee hinter dem Konzept des Videos?
Der Musikvideo-Regisseur Dillon Pearce entschied sich, aus Leidenschaft an diesem Track zu arbeiten, und er ging auf die von mir entwickelten visuellen Konzepte ein. Im Wesentlichen geht es darum, deinen Schatten zu umarmen – um Kraft in der Dunkelheit zu finden. Das heißt, zu akzeptieren, dass es Teil unserer Menschlichkeit ist, zum Guten wie zum Schlechten.

Welches deiner Stücke ist deiner Meinung nach dein bisher ausgereiftestes?
Ich bin sehr selbstkritisch und habe das Gefühl, dass mein nächstes Album noch mehr ein Spiegelbild dessen sein wird, was ich mir vorstelle. Ich bin jedoch sehr stolz auf „Lunar Falls“ als Debüt und von allen Tracks auf dem Album ist „Sovran Shrines“ ein Spiegelbild der Richtung, die ich beim Songwriting einschlagen möchte. Es nimmt den Zuhörer mit auf eine Reise.

Für die Veröffentlichung seines Debüts hast du mit Northern Silence zusammengearbeitet. Warum fiel deine Wahl gerade auf dieses Label?
Northern Silence ist bekannt dafür, einige der besten Underground-Veröffentlichungen aller Zeiten im atmosphärischen Black Metal hervorgebracht zu haben! Torsten, der Labelmanager, hat an mich geglaubt und tiefes Verständnis und Wertschätzung für das Album. Außerdem ist er einer der am härtesten arbeitenden Menschen, die ich kenne, und er liebt, was er tut.

Was steht als Nächstes für SULDUSK auf dem Plan?
Nachdem ich kürzlich einige erstaunliche Support-Shows für Anaal Nathrakh, Lindsay Schoolcraft und Zeal & Ardor gespielt habe, möchte ich anfangen, daran zu arbeiten, „Lunar Falls“ mit mehr Instrumenten und einer noch eindringlicheren Show zum Leben zu erwecken. Ein paar kleine Touren hier und da sind geplant. Außerdem habe ich angefangen, an Demos für das nächste Album zu arbeiten.

Bei Metal1.info beenden wir unsere Interviews üblicherweise mit einem kurzen Brainstorming. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein?
Low-Fi-Produktion: Das Raue und das Wahrhaftige haben ihren Platz. Ich liebe es.
Australische Natur: Gefährlich und wunderschön.
Blast-Beats: Perfekt, wenn man sie gezielt einsetzt.
Pop-Musik: Hin und wieder tut sich etwas mit Substanz hervor.
Feminismus: Ich bin den Pionieren dankbar.
SULDUSK in zehn Jahren: Am Meer Songs schreiben!

Dann nochmals vielen Dank für dieses Interview. Möchtest du noch ein paar letzte Worte an die Leser richten?
Danke für die gut durchdachten Fragen, Stephan!
Ich hoffe, den Lesern gefällt das Album.

Publiziert am von

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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