Konzertbericht: 1. Freies Ritterturney

2007-04-27 - 05-01 München, Olympiapark

Nach einigen Organisationsschwierigkeiten im Hinblick auf den Veranstaltungsort wurde das 1. Freie Ritterturney in München schließlich im Olympiapark ausgetragen, wo u.a. auch das Sommer-Tollwood seine Heimat hat. Trotz einiger weiterer Probleme im Vorfeld der Veranstaltung (Auflagen der Stadt München usw.) ging schließlich alles größtenteils wie geplant über die Bühne, auch wenn es hier und da sicherlich noch Raum für Verbesserungen gibt. Allerdings sollte man bei solchen Premieren mit Kritik meiner Meinung nicht so harsch sein, zumal die überwiegende Mehrheit der Besucher und Aktiven sich mehr als zufrieden zeigte und man regelmäßig von einer „gelungenen Veranstaltung für Alt und Jung“ sprach, sowie von „einer netten Abwechslung“ oder „einer echt positiven Überraschung“. Wer einmal ein paar Minuten neben dem Gelände verbrachte, könnte feststellen, wie viele Jogger, Radfahrer und Spaziergänger unterschiedlichen Alters stehen blieben und einen interessierten Blick auf das doch eher ungewöhnliche Spektakel riskierten.

Wir selbst waren am Samstag und am Montag auf dem Gelände zugegen und erlebten dort allerhand Schausteller, Handwerker, Händler, Gastronomen, Ritter, Musiker und Gaukler – wie üblich von unterschiedlicher Qualität und gänzlich verschiedenem Unterhaltungsfaktor. Doch der Reihe nach: Nach unserer Ankunft in der brütenden Münchner Frühlingshitze traf uns erst einmal auf Grund der langen Kassenschlangen buchstäblich der Schlag. Einige Besucher in Spe schienen hier schon 30 bis 45 Minuten in der Mittagshitze verbracht zu haben, ohne richtig vorwärts zu kommen. Die beiden Kassenhäuschen waren folglich viel zu wenig, wobei man im Umkehrschluss darauf schließen kann, dass der Veranstalter mit einem solchen Andrang nicht gerechnet hat und die Chancen für eine Fortsetzung im nächsten Jahr somit relativ gut stehen dürften. Wie immer gibt es also 2 Seiten, die man in Betracht ziehen muss, bevor man über lange Wartezeiten meckert. Gewandete Besucher bekamen direkt einen Getränkegutschein am Eingang, doch auch hier kam es scheinbar zu Abstimmungsschwierigkeiten, da diese Gutscheine nicht überall akzeptiert wurden. Über die Preise grundsätzlich gibt es allerdings besonders im Vergleich zu bereits etablierten Veranstaltungen wie Kaltenberg oder dem Mittelalterlich Spectaculum keinen Grund zur Klage: besonders der Schnuppertag am Freitag, an dem alle Schulklassen freien Eintritt bekamen, war eine sehr gute Idee und auch sonst waren die Preise an den Ständen durchaus familienfreundlich und verhandelbar, wodurch der längere Aufenthalt gleich noch mehr Spaß macht.

Auf dem wahnsinnig großen Gelände gab es viel zu sehen, wobei naturgemäß einige Stände einen Standortvorteil und andere einen Standortnachteil hatten. So entdeckte man manche Perlen erst bei genauerem Hinsehen. Programmtechnisch wurde den Besuchern auf der kleinen Bühne, der großen Bühne, dem Turneyplatz und im Volke ständig etwas geboten. Als Highlights wären hier vor allem Pill & Pankratz zu nennen, die ihrem Namen als Possenreißer wieder einmal alle Ehre machten und ein schier unendliches Improvisationstalent bewiesen. Doch auch Jongleur Kelvin Kalvus hinterließ einen bleibenden Eindruck. Aus musikalischer Sicht stachen besonders Nachtwindheim aus dem mittelalterlichen Einheitsbrei hervor, während ich persönlich von Dunkelschön etwas enttäuscht war. Für alle Neulinge hier noch einmal der Hinweis auf das Mittelalterspezial links im Menü: Dort kann man sich über jene Bands sowie zahlreiche weitere informieren. Neben der großen Schlacht zu Felde und der großen Schau der Greifvögel gab es für Kinder ein eigenes kleines Turney und man konnte wieder einmal sehen, wie sehr fernab von Playstation und Ipod das Prinzessin- und Rittersein in vielen Kleinen selbst heute noch verwurzelt sind.
Mit Schlamperey fand man vorwiegend im Volke eine mittelalterliche Nachwuchsband, denen man aus meiner Sicht zumindest ab und an die kleine Bühne zur Verfügung stellen hätte sollen. Das eigentliche Ritterturney fand nach einem langen Umzug über das komplette Gelände schließlich in einem abgetrennten Bereich statt und bot für ca. 2000 Zuschauer überdachte Tribünenplätze. Im Hinblick auf die gebotene Action gab es das, was man erwarten konnte und aus Kaltenberg kennt. Leider sind die Möglichkeiten bei dieser traditionellen Form des Wettkampfes mit Schwertkampf und Jousten limitiert und so wiederholen sich nach dem 2-3. Mal die Abläufe. Für Neulinge war es mit Sicherheit auf Dauer interessanter und die Stimmung erlebte ihre ersten Höhepunkte, da das Publikum größtenteils aus Familien und Spontanzuschauern bestand. Wie groß das allgemeine Interesse war, konnte man auch daran erkennen, wie viele Neugierige versuchten, durch vereinzelte Löcher im Zaun einen Blick zu erhaschen. Warum einige allerdings in Lederhosen und Dirndl über den Markt flanierten, wird für immer deren Geheimnis bleiben…

Am Abend gaben sich alle Künstler noch einmal auf dem großen Tavernenspiel ein Stelldichein und präsentierten Highlights aus ihren jeweiligen Programmen. Besonders für Besucher, die nicht den ganzen Tag auf dem Markt verbringen, eine sinnvolle Erfindung, da man so trotzdem alles mitbekommt und in Zukunft weiß, was dem eigenen persönlichen Geschmack entspricht und was nicht. Anschließend gab es das Nachtkonzert der musikalischen „Headliner“ von Cultus Ferox, die meiner Meinung nach allerdings musikalische Eigenständigkeit vermissen ließen und mit ihrem Auftritt hinter Bands wie Saltatio Mortis oder auch Corvus Corax zurück blieben. Zu blass waren die Charaktere und zu eintönig das gewählte Programm. Wer jedoch über keinen Vergleich verfügt, wird sich daran nicht gestört haben. Um 22 Uhr nahm es schließlich sein Ende, was im Vergleich zu anderen Märkten reichlich früh ist – doch auf Grund der zentralen Lage ein notwendiges Übel, das man in Kauf nehmen musste. Zur Lage grundsätzlich noch etwas: Für Münchner ist der Olympiapark nicht schwer zu durchkämmen, doch Unkundige waren auf Grund mangelnder Ausschilderung absolut verloren und mussten sich entweder durchfragen oder sich an die Fersen von eindeutig gekleideten Gleichgesinnten heften. Ein Shuttlebus wie beim Tollwood wäre ebenfalls eine sinnvolle Ergänzung, da der Fußmarsch von beliebigen öffentlichen Verkehrsmitteln immer zwischen 10 und 15 Minuten beträgt und die Parkmöglichkeiten spärlich gesät sind.
Am Montag gab es neben dem bekannten Marktalltag mit etwas weniger Besuchern als am Samstag noch die so genannte „Hexennacht“ passend zum 1.Mai, zu deren Anlass eine Nürnberger Truppe ein imposantes Feuerspektakel bot. Nicht ganz frei von Pannen, aber dennoch unterhaltsam, obwohl der Hexenaspekt auf Dauer doch etwas kurz kam. Ganz im Gegensatz zum eigentlichen Gelände: Dort trieben die Hexen und Monster ab dem frühen Abend mit den Besuchern ihr Unwesen und auch die einzelnen Attraktionen wurden entsprechend angepasst. So wurden u.a. Hexen an den Pranger gestellt, um die nötige Atmosphäre zu erzeugen. Einzig und allein der aufkommende Wind in Verbindung mit dem Kiesuntergrund erwies sich als ungünstig, da nicht nur im übertragenen Sinne eine Menge Staub aufgewirbelt wurde und der Dreck bald überall war.
Grundsätzlich entfalten mittelalterliche Märkte in den Abendstunden ihren ureigensten Charme, wenn man zum Klang der Dudelsäcke dem Met und Knoblauchbrot frönt, und so stieg die Besucherzahl parallel zu den Wartezeiten an den Getränke- und Essensständen kontinuierlich an.
An dieser Stelle möchte ich einerseits noch auf die Bildergalerie verweisen und andererseits mich bei den Veranstaltern für die reibungslose Zusammenarbeit sowie das eingegangene „Wagnis Mittelalter“ bedanken.

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