Konzertbericht: Eläkeläiset

2011-04-09 Backstage Werk, München

Sehr verehrte Leserinnen und Leser, kennen Sie schon den neuen ELÄKELÄISET-Support? Nein? Darf ich vorstellen: Eine-Stunde-Verspätung-ohne-Ankündigung. Ok, Spaß beiseite. Einen auf die Minute pünktlichen Konzertbeginn erwartet niemand, doch wenigstens eine Durchsage in der Halle hätte es bei einer derartigen Verspätung sein dürfen, vor allem nachdem Onni, Lassi, Martti, Petteri und Kristian gemäß Aussagen von mitgereisten Fans aus Finnland (!) erst um 20 Uhr – sprich eine halbe Stunde vor dem eigentlich angedachten Beginn – an der Halle ankamen.

Nachdem die Instrumente endlich aufgebaut und die Stimmen geölt waren, konnte das Humppa-Metal-Spektakel schließlich beginnen: Sofort wurde deutlich, wer mit Eläkeläiset und ihrer finnischen Foxtrott-Variante bereits vertraut war. Unabhängig davon füllte sich das Backstage in einer atemberaubenden Geschwindigkeit, nachdem es kurz zuvor beinahe menschenleer war und es später sogar einige Pfiffe auf Grund der Verzögerung gab. Doch bereits als die ersten Humppa-Takte erklangen, war dies vergeben und vergessen und die ersten Reihen im absengten Zuschauerraum verwandelten sich in eine lustige Partykolonne mit erstaunlich vielen Metalheads. Stagediver waren dank eines extrem kleinen Fotograbens an der Tagesordnung und die Security hatte alle Hände voll zu tun, die wilde Menge zu kontrollieren, die ab und an auch einmal vergaß, einen heranfliegenden Fan vor der Bühne zu fangen.

Der musikalische Rahmen ist schnell zusammengefasst: 80 Prozent der durchweg finnischen Coversongs bekannter Vorbilder beginnen exakt gleich und enden ebenfalls relativ identisch. Wer dazu nicht am kollektiven Feiern oder Trinken ist, konnte sich am lustigen Melodienraten versuchen. Die eigenwilligen Interpretationen umfassten u.a. Humppa-Coverversionen von „Ace of Spades“, „Kids in America“ und „Buddy Holly“, die mit Fuchsschwanz, Keyboard und Akkordeon aufgemotzt wurden.
Eine echte Struktur in der Setliste der „Random Humppa Machine“-Tour war nicht erkennbar. So verlief die Performance der Finnen ohne nennenswerte Highlights, wobei man sich der Faszination dieser musikalisch höchst ungewöhnlichen Konstellation kaum entziehen konnte – zumindest eine gewisse Zeit. Denn nach einer Weile hat man sich an den oftmals sehr ähnlichen Arrangements satt gehört und lediglich kleinere Einlagen der Herren wie z.B. ein mit Füßen malträtiertes Keyboard hielten die Spannung für alle, die nicht im moderaten Moshpit aktiv waren, noch etwas aufrecht.
Eläkeläiset selbst hatten wiederum sichtlich Spaß mit ihren zahlreichen deutschen Fans, treten sie in ihrer Heimat nach Aussagen von diversen mitgereisten Fans regelmäßig vor weit weniger Publikum auf. So gaben sich die alten Herren sehr sympathisch, genossen ihre alkoholischen Getränke und ließen auch das bayerische Rauchverbot an diesem Abend außer Acht. Die wenigen Ansagen waren dank des finnisch-deutsch-englischen Kauderwelschs kaum verständlich, nur vereinzelt drangen Sprachbrocken wie „sexual“ und „deutsches Bier“ über die Lautsprecher durch.
Je länger der Abend andauerte desto mehr heizten sich Menge und Band gegenseitig an, bis schließlich alle T-Shirts durchgeschwitzt waren und die Rentnergang noch einmal ein paar Stücke nachlegte, um dem verbleibenden Partyfolk den Rest zu geben.
An diesem Abend bewiesen Eläkeläiset erneut erfolgreich, dass manchmal weniger mehr ist bzw. dass selbst ein gewisser Nervfaktor verbunden mit musikalischem Nonsens ohne Botschaft und tieferen Sinn unterhaltsam sein kann. Für die einen eine begrenzte Zeit, für viele aber auch die ganze Nacht.

Publiziert am von und Uschi Joas

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