Konzertbericht: Fiddler’s Green w/ Zico

2011-11-03 Freiheiz, München

Die Wall of Death gehört im Jahr 2011 sozusagen zum Metal-Establishment. Abwandlungen davon wie die Silent Wall of Death, die Kuschelwall of Love, etc. sind weit verbreitet. Bei FIDDLER’S GREEN hat sich hingegen die Wall of Folk vor einigen Jahren im Live-Programm als festes Element etabliert. Am 03. November 2011 rauschten die Musiker mit ihrem gleichnamigen Album auf München zu. Und überrollten die bayerische Landeshauptstadt.

Doch bevor die Fiddlers über München hereinbrachen, eröffneten die Mittelfranken ZICO den Konzertabend. An anderer Stelle wenig herzlich empfangen, spielten die Mittelfranken nahe ihrer Heimat einen soliden Support-Gig irgendwo zwischen Raggae, Ska, Pop und Blues. Das Publikum erwies sich trotz mangelhafter Technik als gnädig mit den Newcomern und stimmte u.a. bei der Coverversion von „Volare“ mit ein. Sänger Julian bewies besonders bei diesem Song und dem Abschluss „Rastaman“ sein vorhandenes Talent. Nur die Hosen auf Unter-Arsch-Höhe mochten nicht so recht in sein Gesamtbild passen.

Nach kurzer Umbauphase war es soweit: Die „Wall of Folk“ wurde in München errichtet – FIDDLER’S GREEN eröffneten ihr Set direkt mit dem Titeltrack und legten damit den folkig-fundamentalen Grundstein für die kommenden zwei Stunden Irish Independent Speedfolk. Mit „P Stands For Paddy“ und „County Of Plenty“ setzten die Erlanger ihre Live-Show genau wie das dazugehörige Studioalbum fort. So erreichte die Show und mit ihr die Fans blitzschnell Betriebstemperatur. Für Münchner Verhältnisse erwiesen sich die Besucher als äußerst feierwütig, was die Band besonders in der zweiten Konzerthälfte mehrfach zurecht honorierte.
Mit dem bandinternen Klassiker „Queen Of Argyll“ wagten die Wahliren zunächst einen kurzen (und umjubelten) Ausflug in ihr musikalisches Schaffen um die Jahrtausendwende, bevor es mit „Jump“ und „Scolding Wife“ mit neuem Material weiterging. Ganz im Stile der Studioproduktion präsentierten die Bühnenveteranen eine vom Folk gepowerte Performance, die trotz weniger Punk’n’Roll nicht minder unterhaltsam war. Im Gegenteil, je länger der Abend dauerte, desto mehr verselbständigte sich das Konzert und vor allem das Publikum.
Als vermehrt „Freibier“-Forderungen zwischen den Liedern gestellt wurden, reagierte Pat wortgewandt, indem er den betreffenden Fans bescheinigte, dass es kein Freibier für „Leberkas“-Gesichter gibt. Dass er damit abwechselnde und vor allem laute „Freibier, Leberkas“-Sprechchöre vom Zaun brechen würde, war dem Sänger wohl nicht bewusst. Jedenfalls ließen sich die Fans und ihre Forderungen nicht kleinkriegen, so dass Pat und Albi spontan bei „Days Of Yore“ den Text auf diese bayerischen Spezialitäten umdichteten.

Spätestens bei „Victor And His Demons“ hatte schließlich das gesamte Freiheiz Feuer gefangen und FIDDLER’S GREEN bei bester Spiellaune steigerten sich kontinuierlich zu einem ihrer besten München-Konzerte. Bei der wilden Party flogen unter anderem Schuhe und Mützen auf die Bühne. Dass trotzdem ab und an auch in ruhigen Momente Akzente gesetzt werden können, bewies Albi indes mit „Lost To The Moon“. Der eben noch tobende Saal schwieg und lauschte, was den Frontmann nach dem letzten Gitarrenakkord zu einem „Vielen Dank für’s Zuhören“ bewegte. Danach rollt die Wall of Folk unaufhörlich weiter. Weite Teile der Setliste wurden vom neuesten Fiddlers-Album bestimmt. Zurecht, denn die wiederentdeckte Folkqualität erwies sich mit der Fußballhymne „Fields of Green“ sowie dem Traditional „Irish Rover“ als ungemein livetauglich. Besonders in den vorderen Reihen glänzten die Fans mit einer bemerkenswerten Textsicherheit.
Im Rahmen von „Rocky Road To Dublin“ errichtet München schließlich die beeindruckendste Wall of Folk in Bayern aller Zeiten. Und spätestens jetzt ist klar: FIDDLER’S GREEN können an diesem Abend nichts mehr falsch machen. Während Albi besonders beim irischen Rumba „Yindy“ noch einmal richtig aus sich herausging, legte die Truppe als Kollektiv im Zugabenblock mit dem hervorragenden Instrumentalstück „Tam Lin“ noch einmal nach. „Folk’s Not Dead“, „Bugger Off“ und „The Night Pat Murphy Died“ waren bereits in den letzten Jahren etablierte Live-Bastionen und erfüllten auch auf der aktuellen Tour ihren Zweck, stachen aber nicht mehr so hervor wie gewohnt. Zu hoch der vorherrschende Stimmungspegel und die Qualität der Setliste.
Diese endete schließlich nicht mehr traditionell mit „Blarney Roses“, sondern dem nicht minder passenden Rausschmeißer „Dirty Old Town“. Ganz ohne tanzendes Publikum auf der Bühne, dafür mit einer laut singenden Menge verabschiedeten sich die Musiker – auf ein baldiges Wiedersehen in Augsburg im Januar 2012.

Publiziert am von Uschi Joas und

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