Konzertbericht: H-Blockx w/ Kopek

2012-09-18 München, 59:1


Rock am Ring war gestern, 59:1 ist heute. Bereits beim ersten Blick in den Münchner Szeneclub wird deutlich: Die Erfolgszeiten der H-BLOCKX mit Crossover-Hits wie „Move“ und „Risin‘ High“ sind inzwischen vorbei. So muss auch der Auftritt in der bayerischen Landeshauptstadt kurzfristig von der Tonhalle in den Club im Herzen der Stadt verlegt werden. Keine guten Voraussetzungen. Doch die H-BLOCKX holen beinahe das Maximum aus dieser Lage heraus.


Als Gäste haben sich die Norddeutschen die irischen Newcomer KOPEK eingeladen. Das Trio von der grünen Insel arbeitet momentan daran, mit seinem irischen Rock im europäischen Markt Fuß zu fassen. Erste Erfolge verzeichneten die Musiker bereits in den alternativen Charts im englischsprachigen Ausland. München erweist sich als erwartungsgemäß hartes Pflaster für die hier namenlosen Sänger Shane Jordan, Drummer Shane Cooney und Bassist Brad Kinsella. Zunächst sehr verhalten fallen die Reaktionen auf die Kompositionen des Erstlingswerks „White Collar Lies“ aus, obwohl besonders Jordan trotz geringer Körpergröße stimmlich mehrfach über sich hinauswächst. Der Sound im 59:1 gerät allerdings zu breiig, um wirklich zu überzeugen. Gleiches gilt für das wenig vorteilhafte Bühnenlicht. Trotzdem schlagen sich KOPEK in rund 35 Minuten wacker und landen u.a. mit dem Titeltrack ihres Albums sowie der Single „Love Is Dead“ einige Treffer, die für kurzen Szenenapplaus sorgen. Mit etwas Behaarlichkeit und Ausdauer könnten es die Neulinge durchaus zu etwas bringen, klingt ihr Sound doch tatsächlich eigenständig und nicht wie der x-te Aufguss bekannter Szenegrößen. Kleinere Anlehnungen wie z.B. an „Can’t Stop“ von den Red Hot Chili Peppers sowie spürbare Einflüsse von Oasis sind dabei viel eher ein Qualitätsmerkmal.

Gegen 22 Uhr wird es links, rechts und vor der winzigen Clubstage merklich voller – als plötzlich die Klänge von Lionel Richies „Hello“ erklingen und die H-BLOCKX zu diesem wahrlich ungewöhnlichen Intro vor die Menge treten. Diese stimmt trotz kurzer Irritation lauthals in den Refrain ein. Die Begrüßung der Band erfolgt mit „Hi Hello“ von der diesjährigen Neuveröffentlichung „Hblx“ direkt auf dem Songweg. Und obwohl weder Sound noch Bühnenlicht sich besonders steigern, zaubern Henning Wehland und Co. innerhalb kürzester Zeit eine gehörige Portion Feierlaune in das 59:1. Dass sich die Künstler dabei anfangs z.B. kurzzeitig an Queens „Radio Gaga“ als Klatschrhythmus bedienen, ist nur eine von vielen intelligent gewählten Kleinigkeiten. Denn es ist in München keineswegs so, dass das ausverkaufte Haus bei tropischer Luftfeuchtigkeit nur auf die 90er Hits wartet. Im Gegenteil: So wird gemeinsam der „Countdown To Insanity“ herbeigezählt und den kleinen, süßen Frauen in „Little Girl“ gehuldigt. Sänger Henning geht dabei mehrfach auf Tuchfühlung mit den ersten Reihen und kniet sich gesanglich in jede einzelne Nummer aus voller Inbrunst.
Als sich München davon mitreißen lässt, greift der Sänger vereinzelt zu oft in die Klischeekiste und spricht sowohl vom besten Konzert der Tour als auch von „Ihr seid die Geilsten!“. Diese Plattitüden wirkten an anderer Stelle jedoch schon unglaubwürdiger, sieht man dem Quartett trotz technischer Probleme – vor allem bei Bassist Stephan „Gudze“ Hinz – den Spaß an ihren Kompositionen und der dazugehörigen Show an. So schwört Henning den Anwesenden mittendrin auch feierlich, dass sich die H-BLOCKX nie auflösen werden – egal wie lange es dauert, bis sie wieder auftauschen und scheinbar auch wenn es nicht mehr für die ganz großen Hallen reicht. Muss es auch nicht. Spätestens bei der 2004er Single „Leave Me Alone“ singt der gesamte Club, bevor die Musiker wenig später um einen kurzen Moment der Stille bitten. Dann es heißt es nur noch: „Move“! Und München bewegt sich. Kaum jemand steht still und allein diese Szenerie beweist, dass die Crossover-Veteranen und ihre Songs auch anno 2012 noch funktionieren. Dass diverse Elemente dabei vom Band kommen, interessiert im allgegenwärtigen Taumel niemanden. Es wird gesungen, gesprungen und getanzt. Viele im bunt gemischten Publikum scheinen sich dabei an ihre ersten CD-Käufe zu erinnern. Moderne Nostalgie, die man nicht fadenscheinig unter einer „intimen Clubatmosphäre“ verklausulieren muss.

Selbst als dem Vierer mittendrin die Abstimmung mit Schlagzeuger Steffen Wilmking beim Einzählen mehrfach misslingt, nehmen es alle Beteiligten mit Humor. Henning ist zwar nach eigener Aussage kein großer Freund von langen Pausen zwischen den Liedern, da er – wie er mehrfach kurz hintereinander erwähnt – nie etwas Interessantes zu erzählen hat, doch selbst als „Gudze“ sich mit technischer Unterstützung längere Zeit um sein Instrument kümmern muss, kommt keine Langeweile auf. Die kleine Menge scheint sogar relativ glücklich über kurze Verschnaufpausen zu sein, bevor die H-BLOCKX als Kollektiv mit „Risin‘ High“ den goldrichtigen Rausschmeißer präsentieren. Ganz zum Schluss folgt mit dem Johnny Cash-Cover „Ring Of Fire“ schließlich der gebührende Abschluss eines feuchtfröhlichen Konzertabends, bei dem am Ende keiner so recht weiß, ob nun Schweiß oder Wasser von der Decke tropfen.

Publiziert am von und Uschi Joas

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