Konzertbericht: Masters of Rock Antenne 2011

2011-10-08 Augsburg, Schwabenhalle

Das Masters Of Rock Antenne 2011 war die dritte Auflage des jährlichen Festivals in der Augsburger Schwabenhalle, gesponsert und promotet vom hiesigen Radiosender Rock Antenne. Hießen die Headliner in der Vergangenheit u.a. Apocalyptica oder Gotthard, so durften sich dieses Jahr die Münchner Folkrocker SCHANDMAUL an der Pole Position versuchen. Als siebte von sieben Bands ein schwieriges Unterfangen, wie sich nach rund sieben Stunden Festivalprogramm herausstellen sollte.

Den Anfang machten die Newcomer A LIFE [DIVIDED] – das Nebenprojekt von Eisbrecher-Gitarrist Jürgen Plangger. Mit ihrem aktuellen Album „Passenger“ brachte die Rockformation das bereits früh angereiste Festivalpublikum schnell auf Betriebstemperatur. Die Band überzeugte dabei bei der Coversion von „Sounds Like A Melody“ ebenso wie mit ihrer neuen Single „Doesn’t Count“ und dem Vorzeigestück „Heart of Fire“. Die erste „Passenger“-Auskopplung hoben sich A Life [Divided] jedoch bis zum Schluss auf. In den rund 45 Minuten zeigte sich Jürgen als souveräner Frontmann mit einer Menge Stimmgewalt. Problemlos trat er aus dem Schatten von Eisbrecher-Kapitän Alexander Wesselsky, ohne aus seinem Element zu kommen. Ab und an holte ihn die Gewohnheit aber dennoch und er stieg instinktiv auf der Luftgitarre in die Riffs seiner Bandkollegen ein. So sehen Vollblutmusiker aus.

Jene Bezeichnung trifft auch auf die zweite Band des Nachmittags – ROYAL REPUBLIC – zu. Die Skandinavier haben es hierzulande u.a. als Support der Donots zu etwas Bekanntheit gebracht. Dass sich hinter dem Projekt mehr als nur die clevere Vermarktung einer weiteren Pop/Rock-Idee verbirgt, bewies die Kombo in Augsburg: Weder die Riffs noch die Melodien vom bis dato einzigen Album „We Are The Royal“ sind besonders innovativ oder virtuos, doch die Jungs hatten eine Menge Feuer unter dem Hintern – und brachten dieses auf die Bretter. Egal ob „Full Steam Spacemachine“, „Underwear“ oder „Thommy-Gun“ – die tanzbare Mischung aus The BossHoss, Mando Diao und Boppin‘ B rockte vom ersten bis zum letzten Ton. Charismabolzen Adam Grahn mit seinem Moustache tat am Mikro sein Übriges und animierte die Menge immer wieder erfolgreich zur Interaktion. Am Ende wagte er sich vor der eigentlichen Zugabe „We Are The Royal“ kurzzeitig an „Winds of Change“ von den Scorpions. Erst erfüllten laute Buh-Rufe die Schwabenhalle, doch als sich Grahn mit seiner Stimme plötzlich vom Original meilenweit entfernte und spielerisch von den tiefsten in die höchsten Tonlagen wechselte, brandete ohrenbetäubender Jubel auf. Ein wahrlich königlicher Abschluss.

„Eye Of The Tiger“, „Burning Heart“ – was Musikliebhaber gemeinhin mit Survivor verbinden, ist die Stimme von JIMI JAMISON, der diese und viele weitere Songs zu Welthits machte. Relativ kurzfristig wurde der ehemalige Survivor-Frontmann mit seinem eigenen Projekt dem Masters of Rock Antenne 2011-Lineup hinzugefügt. Nicht oft bietet sich die Gelegenheit, solche Weltstars im Rahmen eines Festivals in Deutschland zu sehen. Doch auf den großen Namen folgte sehr schnell die noch größere Ernüchterung: Jamison wankte mehr als dass er ging und auch seine Stimme ließ gewaltig an Power vermissen. Dazu kam ein schlecht abgemischter Sound und schnell entwickelte sich der statische Auftritt des Altrockers zu einer Stimmungsbremse. Da konnte selbst die Baywatch-Titelhymne „I’m Always Here“ im Mittelteil nichts mehr retten. Seinen großen Trumpf „Eye Of The Tiger“ hatte Double J bereits davor verballert. Und selbst dieser ging an der Menge ebenso spurlos vorbei wie der Rest des Auftritts.

BONFIRE hatten nun die undankbare Aufgabe, das Publikum wieder zum Leben zu erwecken. Doch den Ingolstädtern half bei dieser Mission ihre langjährige Bühnenerfahrung. So stellte Sänger Claus Lessmann völlig natürlich den fehlenden Publikumsbezug sofort wieder her und mit einer Menge Routine rockten sich die Musiker fortan durch ihre Show. Diese stand ganz im Zeichen der etablierten Rockhymnen aus den 80ern und 90ern, die wie z.B. „I Need You“ und „Rivers Of Glory“ in aufgemotzten Versionen auch auf der letzten Studioplatte „Branded“ zu hören sind. Besonders bei „Hot To Rock“ vermittelten Bonfire dem Publikum mit viel Leidenschaft und geprägt durch die markante Stimme von Lessmann wieder Spaß an der Musik. Selbst 2011 muss sich die als „Newcomerboyband“ angekündigte Rockformation damit nicht hinter den jungen Wilden verstecken.

Mit etwas härteren E-Gitarren und einer gesteigerten Dosis (Power) Metal anstatt Rock setzten EDGUY den Trend fort. Zwar ließ es sich Sänger Tobias Sammet nicht nehmen, mehrfach auf die begrenzte Spielzeit in Augsburg und die anstehenden Termine in Bamberg etc. hinzuweisen, doch wenn die Musik im Vordergrund stand, hatten die Musiker weite Teile der Halle hinter sich. Erwartungsgemäß beschränkte die Formation auf ihre Hits wie „Robin Hood“, „King Of Fools“ oder „Superheroes“. Das Masters of Rockantenne erwies sich besonders mit fortlaufender Spieldauer als exakt die richtige Bühne für diese Best Of Edguy-Show. Genau wie Claus Lessmann zuvor suchte Sammet am Mikro immer wieder den direkten Kontakt zur Menge und heizte meist provokativ die Stimmung weiter an. Nicht umsonst waren Edguy bereits als Vorgruppe von Aerosmith und den Scorpions zu sehen. Und diese dort gesammelten Erfahrungen waren bei den Jungs mehrfach spürbar.

Über eine ausführliche Bühnenhistorie verfügen auch die Semi-Headliner des Abends, die H-BLOCKX. Obwohl ihre größten Erfolge einige Jahre auf dem Buckel haben und es inzwischen merklich still um sie geworden ist, bekam die Band als erste eine längere Spielzeit von über einer Stunde. Eine zumindest zweifelhafte Entscheidung, denn wenn die H-Blockx nicht gerade ihre 90er-Jahre-Stimmungskracher wie den Opener „Risin‘ High“ oder später „Move“ spielten, erinnerte der Auftritt an eine Sparversion von Limp Bizkit. Während Fred Durst mit Wes Borland einen genialen Gitarristen an seiner Seite hat, muss H-Blockx Sänger Henning Wehland mit Tim Humpe vorlieb nehmen. Dieses Duo funktioniert allerdings bei der gewagten Kombination aus Hip Hop-Posen und Rocksound deutlich weniger überzeugend als die US-Amerikaner. Einen echten Treffer landeten die Münsteraner abseits ihrer Hits erst wieder im Zugabenblock mit dem Johnny Cash-Cover „Ring Of Fire“. Davor gab es u.a. mit „Celebrate Youth“ und „Leave Me Alone“ ziemlich halbgare Singlekost, die in Teilen der Halle für überraschend gute Stimmung sorgte. Ein Comeback der H-Blockx im ganz großen Rampenlicht scheint dennoch ausgeschlossen.

Im Fokus des Masters of Rock Antenne 2011 standen indes SCHANDMAUL. Doch die Münchner Folkrocker hatten zunächst mit logistischen Problemen zu kämpfen: So musste Dudelsackspielerin Birgit kurzfristig ersetzt werden, da sie im Stau feststeckte – ebenso wie später ihr kurzfristiger Ersatz Stefan Keppler von Wolkenstayn, der es allerdings 10 Minuten vor dem Auftritt doch noch in die Halle schaffte. Entsprechend weniger als gewohnt groovte nach all dem Stress der Opener „Kein Weg zu weit“ – zu eingespielt ist das Sextett aufeinander und zu zerfahren war die Vorbereitung auf den Abend. Glücklicherweise stieß Birgit bereits beim dritten Stück „Auf Hoher See“ wieder hinzu und komplettierte den Folksechser in gewohnter Manier. Zuvor versuchte ein spürbar nervöser Thomas Lindner die Zeit am Mikro zu überbrücken. Dies gelang mehr schlecht als recht, hatte es der „Märchenonkel“ doch nicht mit dem gewöhnlichen Schandmaulpublikum zu tun und sprach über eher weltliche Themen wie z.B. fehlendes Bühnenlicht auf dem Steg im Publikum. Generell wirkte die Menge nach dem sehr langen Festivaltag müde und ausgelaugt, so dass Schandmaul nach dem bandinternen Logistiknirwana nur gelegentlich echte Akzente setzen konnten wie bei gemeinsamen Tanzeinlagen mit dem Publikum zu „Pakt“. Im Laufe des Auftritts leerte sich die Schwabenhalle zusehends noch vor dem eigentlichen Ende der Show. Für die extra angereisten Schandmaulfans in den ersten Reihen kein Beinbruch, denn diese zeigten sich bei Songs wie „Walpurgnisnacht“, „Traumtänzer“ und „Hexeneinmaleins“ feier- und tanzwütig wie eh und je. Für das Gro der Festivalbesucher dürften die Rockmusiker mit dem unüberhörbaren Folkeinschlag allerdings nicht der passende Headliner gewesen sein. Daran hätte vermutlich ein schandmaulscher Tag ohne Pleiten, Pech und Pannen unter dem Strich ebenfalls wenig geändert.

Was bleibt, ist ein Festival, welches mit einem überragenden Einstieg überzeugte (A Life [Divided], Royal Republic) und ganztätig besonders durch eine größtenteils sehr gute Akustik und Lichtshow bei Laune halten konnte. Diese Kombination unterhielt, selbst wenn musikalisch nicht immer die Erwartungen erfüllt wurden (Jimi Jamison) oder sich im Laufe der rund sieben Stunden Programm eine gewisse Trägheit einstellte (Schandmaul). Für Motorsportbegeisterte sorgte indes fernab der Musik Stuntfahrer Chris Pfeiffer für waghalsige Unterhaltung. Bei der reibungslosen Organisation waren wiederum die Erfahrungswerte der ersten Jahre spürbar und mit einem ähnlichen Programm dürfte Rock Antenne die Schwabenhalle in Augsburg auch 2012 ähnlich füllen wie dieses Jahr.

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Publiziert am von und Uschi Joas

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