Konzertbericht: Talco w/ Sir Reg

2012-02-11 Knust, Hamburg

Es gibt eine ganz besondere Beziehung zwischen der italienischen Ska Punk-Band TALCO und Hamburg. Anders ist nicht zu erklären, dass die Band in einer Spanne von etwas mehr als einem Jahr zwei Doppelkonzerte im ausverkauften Knust spielen kann. Nicht zuletzt mit „St. Pauli“, der Lobeshymne auf den gleichnamigen Stadtteil, hat sich der Sechser aus Venedig eine große Fanbasis in der Hansestadt erspielt. Und so trifft es sich blendend, dass an diesem Sonntagnachmittag bereits gegen 17 Uhr die Pforten des alten Schlachthofs geöffnet werden. Der FC hat gerade zurecht – Verzeihung, Kollege Müller – den VFL Bochum versohlt, und nach dem Fußballfest kann also die Tanzveranstaltung beginnen.

Im Gepäck hat man heute, am zweiten Konzert in der Hansestadt, die irisch-schwedische Folk Punk-Truppe SIR REG. Passenderweise kreuzen sich an dieser Stelle die Touren der beiden Bands. Kurz nach 18 Uhr legen die vier Jungs und das Mädel los, scheinbar ganze ohne Soundcheck. Leider ist die Abmischung aus diesem Grunde eine Zumutung, die sich über den ganzen Gig nicht bessern soll.
Die Marschrichtung ist sehr bald klar: Zackige Offbeat-Rhythmen mit Geige und kernigen Irish Folk-Gesängen. Das mag man, das geht in die Beine, das läuft eigentlich immer und hat man auch schon hundertmal gehört. SIR REG, die aus einem nach Schweden ausgewanderten Iren und der dort um sich gescharten Band bestehen, klingen sehr wenig eigenständig, wenn man auch nur einen Song von Flogging Molly oder den Dropkick Murphys gehört hat. Zudem ist das Repertoire der Band so eintönig, dass man zum Schluss des rund halbstündigen Sets nicht mehr sagen kann, ob nicht doch ein Song zweimal gespielt wurde. Eine ruhigere Nummer ohne den ewig gleichen Beat hätte durchaus gutgetan.
Nunja, die Band ist jung und darf sich noch positionieren. Als Anheizer haben SIR REG den richtigen Nerv getroffen, aber für eine längere Daseinsberechtigung müssen die Musiker noch an Profil gewinnen.

Ich brauche es nicht erneut zu erwähnen, dass Hammonia TALCO aus der Hand frisst. Das Knust ist proppenvoll, als gegen kurz nach sieben die ersten Blasinstrumente erschallen und sechs überwiegend mit St. Pauli-Devotionalien bekleidete Italiener das Spiel beginnen. Diesmal ist der Sound glasklar und die Stimmung durchweg blendend, sowohl in der hüpfenden Masse vor als bei der ebenfalls sehr beweglichen Gruppe auf der Bühne. Im Großen und Ganzen hat sich im Vergleich zum Vorjahr wenig verändert, und auch wenn ich meine Hausaufgaben nicht erledigt und die TALCO-Diskografie auswendig gelernt habe, so erkenne ich doch eine Menge Übereinstimmungen in der Songauswahl. Eine leichte Schlagseite zur jüngsten Platte „La Cretina Commedia“ scheint da zu sein, das Set ist aber sehr bunt. In besonderer Erinnerung bleiben die fantastischen Partisanen-Hymnen „Fischia Il Vento“ (das leider auf keiner CD veröffentlicht ist) und „Bella Ciao“, wo trotz des italienischen Textes hie und da mitgesungen wird.
Der größte Fehler, den TALCO insgesamt und an diesem Abend begehen, ist das Überstrapazieren bestimmter Stilmittel. So cool es klingt, wenn Gitarrist oder Bassist gegen den Beat anshouten, so schnell nutzt sich diese Einlage ab, wenn sie in jedem Song auftaucht. Ohnehin neigt derlei Musik wie die der Venezianer dazu, mich nicht über längere Phasen zu begeistern. Immerhin gibt es auch mal kurze Ruhepausen und Saxofon-Soli, so dass zumindest etwas Auflockerung stattfindet.
Einen größeren Höhepunkt gibt es nicht. Nachdem schon der Zugabenblock mit entsprechenden „Fangesängen“ eingefordert wurde, fehlt das obligatorische „St. Pauli“ kurz vor Ende natürlich nicht, welches genau wie vor 13 Monaten von der Band nicht extra in den Mittelpunkt gestellt wird. TALCO wirken sehr zufrieden mit dem Abend, was sie in mehreren Ansagen in herrlichem Italo-Englisch hervorheben. Kurz nach 20 Uhr ist bereits Schluss, alles in allem darf man in jedem Fall zufrieden den Heimweg antreten. Never change a winning team, schnörkelloser Sieg für TALCO!

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