Review Grima – Rotten Garden

  • Label: Naturmacht
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Black Metal

Die Wege der Musiklandschaft sind geheimnisvoll und oft tauchen Trends dort auf, wo man sie nie vermutet hätte. Als die russischen Atmospheric-Black-Metaller GRIMA etwa ihr drittes Album „Will Of The Primordial“ (2019) über das Underground-Label Naturmacht Productions veröffentlichten, hätte wohl keiner der Beteiligten erwartet, dass das Musikvideo zu ihrem Track „Enisey“ auf YouTube eines Tages über eine halbe Million Views haben würde. Wie es dazu kam, lässt sich kaum nachvollziehen – vielleicht lag es an den kauzig-knorrigen Masken, die dem Duo in den Kommentaren unter anderem Vergleiche mit dem liebenswerten, botanisch-humanoiden Alien Groot aus dem Sci-Fi-Blockbuster „Guardians Of The Galaxy“ einbrachten. Grima scheinen das Potential ihrer Kostümierung jedenfalls erkannt zu haben: Das Cover ihrer neuen Platte „Rotten Garden“ ziert nämlich zur Abwechslung kein Landschaftsbild, sondern eine Nahaufnahme der beiden Baumgesichter.

Nun ist eine einprägsame Optik gut und schön, wie Bartlomiej Krysiuks Batushka mit „Hospodi“ (2019) auf so enttäuschende Weise demonstrierten, aber eben doch kein Ersatz für mitreißende Musik. In dieser Hinsicht machen GRIMA ihre Sache jedoch erfreulicherweise besser als die schlechtere Hälfte ihrer polnischen Kollegen. „Rotten Garden“ ist zum Bersten gefüllt mit kernigen Screams, überwältigend tosenden Tremolo-Riffs und polternden Drums („At The Foot Of The Red Mountains“) sowie pompösen, teilweise spacigen Keyboards, die den Songs ein majestätisches Wesen verleihen („Mourning Comes At Sunset“).

Mit dem Kitsch tragen GRIMA zwar mitunter etwas zu dick auf, der unbändigen Energie ihrer Songs tut das jedoch keinen Abbruch. In ein paar willkommenen Momenten der Beruhigung lockern die Russen das Album zwischendurch außerdem mit zarten Akustikgitarren und stimmungsvoll melancholischem Klavierspiel („Old Oak“), betrüblichen Clean-Gitarren und urigem Akkordeon („Rotten Garden“) auf. In ihren Einzelteilen wissen die Kompositionen also durchaus zu überzeugen – im Ganzen allerdings leider nicht vollends.

Störender als die etwas hölzernen Arrangements – manche der Tracks wie etwa „Cedar And Owls“ wirken mit ihrem prompten Einstieg fast, als fingen sie mitten im Song an – sind jedoch die technischen Fehlgriffe, die GRIMA sich immer wieder erlauben. Zwar gibt es im Black Metal gewiss Wichtigeres als spielerische Akkuratesse und in den stürmischeren Abschnitten fällt die recht grobschlächtige Performance der Band nicht so sehr auf, gerade die ruhigeren Passagen, in denen die Keyboards mehr Raum bekommen, lassen die ungenaue Spielweise des Duos jedoch überdeutlich erkennen.

Mit „Enisey“ mögen GRIMA für Black-Metal-Verhältnisse einen Hit gelandet haben. Wie sich auf „Rotten Garden“ zeigt, sind die Russen jedoch dem ruppigen Underground-Charakter ihrer Musik treu geblieben – zum Guten wie zum Schlechten. Dass die Band sich bezüglich der Aufnahmequalität weiterentwickelt hat, ist der als Bonustrack enthaltenen Neuversion des Titeltracks ihres Debütalbums „Devotion To Lord“ (2015) zwar anzumerken, um an die Pole-Position des Genres zu gelangen, ist ihr viertes Album aber nicht ausgefeilt genug. Den nächsten großen Hype werden GRIMA damit wohl nicht auslösen, zumindest spielen sie ihre Musik jedoch mit so viel Inbrunst, dass dabei trotz aller Fehler ein solides Album herausgekommen ist.

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Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

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