Review Solefald – World Metal. Kosmopolis Sud

Bedarf es einer Erklärung, in welchem musikalischen Spektrum sich das norwegische Duo SOLEFALD bewegt? Falls ja, benötigt die Antwort hierauf mehr als drei Sätze, denn das Debüt „The Linear Scaffold“ (1997) beherbergt beispielsweise eine völlig andere Heransgehensweise an Musik als das letzte Album „Norrøn Livskunst“ (2010), auf dem Cornelius und Lars Stücke packten, die auf ihrem aktuellen Album „World Metal. Kosmopolis Sud“ völlig deplatziert wären. Da erklärt es sich von selbst, dass SOLEFALDs zuvor veröffentlichte EP „Norrønasongen. Kosmopolis Nord“ (2014) kaum der jetzigen achten Platte ähnelt. Falls aber eine Erläuterung zum Stil der Norweger unnötig ist, da die Discografie bekannt ist, bleibt nur eines zu sagen: SOLEFALD überraschen, erneut. Und das auf (gewohnt) hohem Niveau.

Dabei trifft die Titulierung „World Metal“ ebenso wie der Opener „World Music With Black Edges“ den konzeptionellen Kern des Albums, denn die ursprünglich im Black Metal angesiedelten Norweger verwenden nicht nur ungewöhnliche Instrumente, sondern blicken auch bei der Wahl ihrer Gastmusiker über den geografischen Tellerrand hinaus. Dazu noch der Hinweis, dass das Album in verschiedenen Teilen der Welt aufgenommen worden ist und fertig ist der Inbegriff von „World Metal“. Und ein Album, welches scheinbar so mühelos fesselnde Rhythmiken und dynamische Beats bietet, dass es fast erstaunlich ist, dass das der direkte Nachfolger vom wesentlich sachteren „Norrønasongen. Kosmopolis Nord“ ist. Bereits der erste Track, dessen Techno-Parts den Hörer irritiert, aber doch wohlwollend aufhören lassen, gestaltet sich als so packend, dass die Steigerung der Melodik in „Bububu Bad Beuys“ fast schon schwindelig macht. Beide Songs leben von einem einnehmenden Klargesang, einem mitreißenden Tempo sowie einer nonkonformen und doch überaus gelungenen Instrumentierung, sodass SOLEFALD auf „World Metal. Kosmopolis Sud“ bereits in den ersten zwanzig Minuten zwei Geniestreiche gelangen.

Die folgenden Songs sind wesentlich weniger hitverdächtig, da ihnen die Zugänglichkeit, die „World Music With Black Edges“ und „Bububu Bad Beuys“ besitzen, fehlt, aber dennoch kreierten Cornelius und Lars sechs weitere Tracks, die vor interessanten Samples, stampfenden Riffing, einem geschickten Wechsel am Mikrofon und hinreißenden Refrains nur so strotzen! Damit beweisen die Norweger erneut, dass sie nicht nur den Mut haben, ein Potpourri aus Bongos, Black Metal, Samples, Growling und Melancholie zu kombinieren, sondern auch noch das rare Talent besitzen, all diese Komponenten zu einem erstaunlich guten Stück Musik zu verbinden. Dabei klingen die Lieder viel oppulenter als ein eh schon gelungenes „CK II Chanel № 6“ („Neonism“), sind viel kreativer als ein eh schon avantgardes „Vitets Vidd I Verdi“ („Norrøn Livskunst“) und wirken viel melodiöser als ein eh schon Ohrwurm-taugliches „The USA Don’t Exist“ („Pills Against The Ageless Ills“).

Die Schwäche von „World Metal. Kosmopolis Sud“ ist ebenso die Stärke von SOLEFALD – ihre schierbar nicht zu stoppende Ideenvielfalt. Zwar gelingt es dem Duo, ihre Kreativität in geordnete Bahnen zu lenken, sodass sich die anfängliche Überforderung des gebotenen Materials schnell in den Wunsch wandelt, das Album im Repeat-Modus laufen zu lassen, aber die Quantität an Möglichkeiten, die in einem achtminütigen Song von der aktuellen Platte stecken, schadet mitunter dessen Hörfluss. SOLEFALD bieten in einem Song mehr Kreativität als manche Bands mit ihrem gesamten Backkatalog, aber neben der Hochachtung vor diesem Fakt steht eben auch der Hinweis, dass dies das Potenzial von „World Metal. Kosmopolis Sud“, mehr als zwei starke Hits zu liefern, einschränkt.

Wertung: 9 / 10

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