Interview mit Max Cavalera von Soulfly

Das letzte Soulfly-Album, „Omen“, ist mittlerweile ein gutes halbes Jahr alt, damals führten wir ein Interview mit (Ex)Bassist Bobby. Da ein Plausch mit Max Cavalera jedoch immer informativ und unterhaltsam ist, haben wir uns die Gelegenheit nicht entgehen lassen und die Szene-Legende auf der letzten Soulfly-Tour zum aktuellen Album, dem kommenden Cavalera Conspiracy-Werk sowie seiner Meinung zu den heutigen Sepultura befragt.

Grüß dich, Max! Gratulation erstmal zum mehr oder weniger neuen Album, ist wiedermal sehr cool geworden!
Du bist inzwischen ja schon ein alter Hase im Business, ist da immer noch aufregend für dich, ein neues Album zu machen, oder ist das inzwischen ein bisschen zur Routine geworden?

Nein, es ist aufregend, ein neues Album ist immer eine gute Herausforderung, weil es ja immer besser werden soll als sein Vorgänger. Das ist es, was mich bei der Stange hält, immer besser sein als zuvor, und das ist natürlich schon aufregend. Und was das Zeug auf diesem Album angeht, das eignet sich sehr gut um live gespielt zu werden, wir haben die Nummern dann auch auf der Bühne ausprobiert, und die gehen wirklich ziemlich ab.

Mögen die Fans das neuere Zeug lieber als das alte, oder…?
Ich glaube, sie mögen es ziemlich gerne, Songs wie „Bloodbath & Beyond“, „Kingdom“ oder „Rise Of The Fallen“ werden auch gut abgefeiert, da kann man wohl wirklich von positiven Reaktionen reden. Natürlich spielen wir aber auch altes SOULFLY-Zeug, von jedem Album was.

Hast du selber einen Lieblingssong auf dem neuen Album?
„Bloodbath & Beyond“
…und warum?
Ich mag die Hardcore-Energie. Es ist so schnell, voller Power.

Damit wären wir schon beim nächsten Punkt: „Conquer“ und „Omen“ sind härter, schneller und thrashiger als alle SOULFLY-Alben zuvor. Gehören Sachen wie Reggae-Parts auf immer der Vergangenheit an, oder kann man in Zukunft wieder mit solchen Sachen rechnen?
Ich weiß nicht, ich habe das in Vergangenheit jetzt so viel gemacht, sodass ich das Gefühl hatte, es wäre mal wieder Zeit für Thrash Metal und ich muss sagen, dass es ziemlich gut klappt. Die Fans mögen diesen Vibe auch sehr gerne. Ich spiele natürlich noch ein paar der älteren Tribal-Songs live, aber ich bin inzwischen wirklich wieder mehr auf dem Metal-Trip.

Gab es auch Fans, die sich von euch abgewandt haben, weil ihr die Tribal-Elemente verbannt habt? Ich glaube, es gibt viele SOULFLY-Fans, die eigentlich gar nicht so sehr Metal hören, sondern eher aus der Reggae-Ecke kommen, beispielsweise…
Nein, sie mögen das alles, das neue genauso wie das alte, sie wollen weiter dabei bleiben.

Würdest du sagen, dass das Cavalera Conspiracy-Album den neuen SOULFLY-Stil beeinflusst hat?
Cavalera Conspiracy ist eine sehr gute Band, ein tolles Projekt. Mir macht es sehr viel Spaß, wieder mit Igor zu spielen, es besteht eine sehr gute Chemie zwischen uns. Und jetzt gibt es ein zweites Album, das meiner Meinung nach sogar besser, aufregender ist, als das erste. Ich hoffe, die Leute werden es mögen. Wahrscheinlich kommt es nächstes Jahr im März.

Gibt es schon einen Titel?
Ja…. hm…. [greift zu einer mit Edding verzierten Serviette, A.d.Red]
Achja, es heißt „Blunt Force Trauma“

Welche Band wird denn dann in Zukunft Priorität haben, SOULFLY oder Cavalera Conpiracy? Oder wie wirst du deine Aktivitäten aufteilen?
Das wird vielleicht ein wenig problematisch, ja. Anfang nächsten Jahres mache ich vermutlich mehr mit Cavalera, weil das neue Album kommt. Da macht SOULFLY dann ein bisschen Pause, aber das schadet nichts, weil wir sowieso nach einem neuen Bassisten suchen, um nächstes Jahr wieder frisch durchzustarten.

Also habt ihr im Moment ein Session-Bassist dabei?
Ja, Johnny Chow von Cavalera Conspiracy spielt auf der Tour jetzt Bass.

Aber er ist kein festes Bandmember?
Nein nein, der hilft nur aus. Wir suchen im Moment eben nach einem festen Bassisten.

Hast du schon jemandem im Blick?
Ne, wir sind aber mit einigen Leuten in verschiedenen Teilen der Welt in Kontakt getreten.

Ok, kommen wir mal zum Album, zum Albumtitel, besser gesagt. Kannst du uns kurz erklären, was „Omen“ für dich bedeutet?
„Omen“ ist ein sehr simpler Name, der aber viel bedeuten kann, gutes Omen oder schlechtes Omen. Der Titel passt auch gut in eine Reihe mit Albennamen wie „Primitive“ oder „Prophecy“. Ich mag das Wort einfach sehr gerne und meiner Meinung nach hat es in Verbindung mit dem Cover, den Gasmasken-Propheten, eine sehr starke Aussage. Und es sieht, wie ich finde, schon sehr cool aus.

Es gibt ja zwei Artworks, eins für die reguläre, eins für die Limited Edition. Könntest du die Unterschiede erklären?
Das reguläre Artwork zeigt eben die Gasmasken-Propheten. Es sind sieben und jeder von ihnen verkörpert eine Todsünde. Das Cover der Limited war ein Alternativvorschlag, der mir auch wirklich gut gefallen hat, es ist ähnlich, aber mit blasseren Farben, mehr braune und creme-Farbtöne, was mit dem restlichen Artwork meiner Meinung nach sehr gut zusammenpasst. David Ho ist ein Kick-Ass-Designer, ich kann es nicht erwarten, ihm persönlich zu begegnen. Ich glaube, er lebt in Chicago.

Wie seid ihr denn auf ihn gekommen?
Ich habe ihn über ein Buch gefunden, er hat da ein paar Sachen für Star Wars gemalt, also Georg Lucas und so. Und eines dieser Bücher, die ich mir angeschaut habe, hatte eben dieses Cover mit dem Kerl mit der Gasmaske und der Propheten-Robe, das fand ich ziemlich cool.

Jedes SOULFLY-Album endet mit einem Track namens „SOULFLY Nr. x“. Ist es etwas besonderes für dich, diese „SOULFLY“-Songs zu schreiben und steht eine spezielle Idee dahinter, oder ist es wieder jeder andere Song auch?
Es macht immer Spaß, diese Nummern zu schreiben, weil wir da einfach ein wenig die Schiene wechseln und melodisch werden. Die Sachen sind instrumental, haben mehr cleane Gitarren, und ich spiele da auch meine Sitar. Die benutze ich schon seit dem ersten „SOULFLY“-Track, aber wenn ich damit etwas eingespielt habe, lege ich sie immer in ihren Kasten und verstaue sie in der Garage, bis ich das nächste Album aufnehme. Es ist ein sehr besonderes Instrument für mich, das ich nicht immer spielen möchte.
Alle „Soufly“-Songs sind natürlich auch eine Herausforderung für mich und ich mag es sehr gerne, mir alle am Stück anzuhören. Sieben Stück sind es inzwischen, da könnte man fast schon ein eigenes „SOULFLY“-Instrumental-Album draus machen. [lacht]
Das Letzte mag ich besonders gerne, weil es ein bisschen Up-Beat ist und einen The Police-Einfluss hat… es hat echt Freude gemacht, daran zu arbeiten.

Eine andere SOULFLY-Tradition ist es, andere Musiker als Gäste für die CDs einzuladen. Diesmal waren es Tommy Victor und Greg Puciato. Warum hast du genau diese beiden gewählt?
Mit Tommy war es einfach deswegen, weil wir lange mit Prong getourt haben und ich mich immer noch sehr gut erinnere, wie cool die waren. Ich fand, dass Tommys Stimme gut zu dem Song passen würde, und wir sind ja sowieso alte Freunde aus den Sepultura-Tagen, wir haben 1994 für Pantera eröffnet. Ich hatte ihn schon im Kopf, als ich „Lethal Injection“ geschrieben habe, weil ich fand, dass das Riff fast nach Prong klingt.
Bei „Rise Of The Fallen“ war es eher eine überraschende Sache, dass Greg dabei ist. Ich habe ihn während eines Deftones-Konzertes LA getroffen, wo sie eine Show für ihren Bassisten gespielt haben, der im Krankenhaus lag. Ich habe gesagt, ich singe einen Song mit ihnen, und Greg hat wohl das gleiche getan. Im Backstage-Bereich habe ich ihn dann angesprochen und gemeint „Hey, wir machen ein Album hier in der Gegend, hättest du Lust, mitzusingen?“ Ein paar Tage später kam er dann vorbei und ich habe ihm „Rise Of The Fallen“ gezeigt. Er fand es ziemlich cool und hatte auch schon ein paar Textideen. Er hat die dann aufgeschrieben und ist nach nebenan gegangen, um das Zeug aufzunehmen. Danach hatten wir einen fertigen Song. Für mich war es eine sehr nette Überraschung und die Nummer kommt auch richtig gut an bei den Fans.

Du nimmst diese Gast-Beiträge immer mit den Leuten direkt im Studio und von Angesicht zu Angesicht auf. Wieso ist das wichtig für dich?
Wegen der Kreativität und dem Spirit. Ich meine, klar könntest du jemandem dem Song schicken und das Ganze ihm allein überlassen, aber dann fehlt irgendwie die Verbindung zwischen zwei Künstlern. Das gilt vor allem, wenn man zusammen einen Song singt, wie bei mir mit Greg oder Tommy, oder früher eben Tom Araya, oder Corey mit „Jumpdafuckup“. Du kannst mit den Leuten reden und ihnen deutlich machen, worum es bei einem Song geht und dann können sie auch selber besser beitragen. Für mich ist das auch die einzige Möglichkeit, zumindest bei SOULFLY wird es immer so sein, dass der Musiker mit mir im Studio sein muss, um Teil der ganzen großen „Erfahrung“ zu sein.

Macht es für dich einen Unterschied, ob du einen Song für Cavalera Conspiracy oder SOULFLY schreibst?
Nee, ich schreibe eigentlich die ganze Zeit und teil es dann erst später auf, aber währenddessen weiß ich nicht, wofür. Es gibt auch noch eine Menge Songs, die noch auf gar keinem Album sind, weil sie nie zur Atmosphäre gepasst haben.

War es für dieses Album denn schwierig abzugrenzen, ob das Riff jetzt eher zu SOULFLY oder zu CC passt?
Ja, ich musste mich schon manchmal ein bisschen in die Tracks einhören und mich fragen „Wie würde Igor das spielen, wie würde Joe das spielen?“, es ist oft ein Schlagzeug-Ding. Aber normalerweise weiß ich nach fünf Sekunden eines Riffs, zu welcher Band es gehört.

Was Cavalera Conspiracy angeht: Wird es eine Deutschlandtour zum Album geben?
Ja, im Sommer wollen wir eine Tour machen und vermutlich ein paar Festivals headlinen.

Gibt es heute Abend auch Cavalera Conspiracy-Cover zu hören? Sepultura-Songs gibt’s ja auch immer mal…
Ich habe glaube ich heute nur drei Sepultura-Songs im Set, reicht meiner Meinung nach. Ich vermute aber, dass es bei sieben Souflly-Alben auch so genug Material gibt, das die Fans hören wollen, deshalb gibt’s halt nur die Klassiker a la „Roots“ oder „Refuse“.

„Refuse / Resist“ hast du für „Omen“ ja neu aufgenommen. Wie kam es dazu und warum gerade der Song?
Wegen meiner Söhne. Die Idee war, dass sie auf jeweils verschiedenen Songs auf dem Album Schlagzeug spielen. Sie durften sich aussuchen, was sie machen wollten, damit hatte ich nichts zu tun. Für mich war es aber natürlich eine tolle Sache, den Song nach 15 Jahren wieder aufzunehmen.

Wenn du Sepultura-Songs live spielst, musst du dann dafür blechen, und müssen sie an dich zahlen, wenn sie deine Songs live spielen?
Ne, ich glaube, wenn du Konzerte spielst, kannst du machen was du willst. Du kannst Cover-Songs spielen oder deine eigenen. Das Problem bestünde glaube ich eher, wenn man Songs im Radio spielen würde, dann würde das schon Abgaben kosten, aber im Radio kommt diese Musik ja doch eher nicht, deshalb bin ich mir da nicht ganz sicher.

Du wirst eigentlich in jedem Interview gefragt, wie es um eine Sepultura-Reunion steht. Nervt dich das nicht, dass du immer danach gefragt wirst? Den Leuten scheint ja SOULFLY und Cavalera Conspiracy dementsprechend nicht zu reichen.
Schon, aber die Sache ist, die Fans zeigen mir immer, dass sie froh sind über das, was ich mit SOULFLY und Cavalera Conspiracy mache und geben mir das Gefühl, dass es eine Sepultura-Reunion gar nicht braucht. Ich wollte trotzdem mal eine machen, für mich, aber für allem für meine Kinder, die Sepultura gerne mal gesehen hätten, wie es früher war. Ich habs dann also probiert, aber es ist mir nicht gelungen, die anderen davon zu überzeugen, die waren nicht dran interessiert.
Aber dadurch bleibt mir mehr Zeit für SOULFLY und Cavalera Conspiracy, was natürlich gut ist.

Was denkst du denn über die aktuelle Musik von Sepultura?
Ich habe mir das Zeug, was nach „Roots“ kam, nie angehört, ich habe also keine Ahnung, was sie machen, nicht mal, was mein Bruder da gespielt hat. Es interessiert mich einfach nicht.

Verletzt es dich, dass diese Band immer noch den Namen Sepultura trägt, deine Songs spielt und diese auch noch das Highlight der Shows sind?
Das kotzt mich schon an, klar. Ich meine, ich habe mir den Namen ausgedacht und sie tun so, als wäre es ihrer. Es ist kein einziges ursprüngliches Bandmitglied mehr dabei, früher gab es wenigstens noch Igor. Aber inzwischen sind alle neu, das ist schon komisch. Naja, weißt du, ich kann da nichts machen, sie haben den Namen und benutzen ihn weiter. Ich glaube aber, die Leute wissen, dass es Sepultura nicht mehr gibt und nur noch der Name rumgeistert.

Ok, kommen wir zur letzten Frage: Du bist ja doch oft auf Tour und nimmst da auch gerne deine Familie mit. Wie ist das für deine Kinder, haben die da Bock drauf, und müssen sie nicht zur Schule oder so?
Oh, im Moment sind sie in Amerika in der Schule. Wenn das mit der Schule klappt, ist es aber finde ich eine gute Sache sie mit auf Tour zu nehmen. Sie sehen dadurch etwas von der Welt und lernen Orte kennen, über die man in Amerika normalerweise höchstens in irgendwelchen Magazinen liest. Es ist gut für sie, die Welt „in echt“ zu sehen, ich bin froh, dass sie die Chance dazu haben. So wie es aussieht, werden sie eh auch Musiker, also müssen sie das früher oder später sowieso auch selber machen…

Hören sie auch Metal?
Ja, schon. Gerade der Kleine liebt Death Metal und Hardcore wie Cannibal Corpse, Napalm Death, Sick Of It All und Agnostic Front. Der Älteste mag eher traditionellen Metal a la Iron Maiden, Black Sabbath oder Led Zeppelin.

Okay, das wars auch schon. Danke für das Interview und alles Gute dir und deiner Familie!
Danke auch euch!

Publiziert am von Marius Mutz und

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