Konzertbericht: Märvel w/ Armstrong

2009-08-20 MarX, Hamburg

Es gibt Dinge, die sind einfach ungerecht – Spitzengehälter für raffgieriges Pack, verhaftete Oppositionelle… und, auf einem etwas weniger politischen Level: Mangelndes Publikum für tolle Bands. Genau dieses musste ich nun gestern miterleben, als die sympathischen schwedischen Speedrocker von MÄRVEL die Hansestadt besuchten. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund (die Wege des Herrn sind unergründlich) vereinten sich an diesem wohl heißesten Abend des Jahres mehrere schlechte Vorzeichen: Die gerade erwähnte drückende Hitze, das dementsprechend eher grillwütige potenzielle Publikum und ein zur gleichen Zeit stattfindendes kleines Rockfestival. Das alles zusammen sorgte für ziemlich lausige Besucherzahlen an diesem Abend.

Nachdem sich zum angepeilten Beginn (21.00) noch kaum jemand in die Halle verirrt hatte, dauerte es noch etwa zwanzig Minuten, bis der musikalische Teil des Abends begann. Als Vorprogramm hatte man ARMSTRONG organisiert, eine Punkrockband ohne nennenswerten Ruf hier aus der Gegend. Die Musiker, alle um die 40, hatten ihre Freunde und Familie mitgebracht (und einen ziemlich nervtötenden Fanboy, der eine Zugabe heraufbeschwor und das noch ein zweites Mal versuchte); selbst jetzt war das MarX, eh schon recht klein, nicht einmal zur Hälfte gefüllt, maximal 40 Personen bevölkerten den Raum. ARMSTRONG boten einen höchstens unspektakulären Auftritt mit mittelmäßigem Gesang und ziemlich uninspirierten Songs, doch der Anhang war offenbar zufrieden – klar, warum auch nicht. Gut, als Aufwärmer sicher nicht verkehrt, aber nichts, was man sich ein zweites Mal anhören müsste.

Nach kleiner Umbaupause (ich nutzte sie zum Merchandise-Kauf und einem kleinen Plausch mit Sänger/Gitarrist John Steen alias Vocalo) betraten schließlich MÄRVEL die nicht sehr geräumige Bühne, gekleidet in ihre charakteristischen Outfits (Bürgermeister, Flieger, Botschafter). Mein Gott, was müssen die Kerle geschwitzt haben unter ihren schwarzen Masken! Trotz der Wärme gaben sich die Herren alle Mühe, das Publikum zum Mitrocken zu bewegen. … Naja gut, Publikum konnte man das kaum noch nennen. ARMSTRONG hatten den größten Teil ihrer Mischpoke wieder mitgenommen (warum bleibt man nicht wenigstens noch, um den Auftritt des Hauptacts zu genießen?), und so beschränkte sich die Zuschauerzahl nun auf maximal zwei Dutzend Personen. Schon bei der Vorband hatten sämtliche Anwesende einen Respektabstand von guten vier Metern zur Bühne gehalten, und leider Gottes wurde das nun nicht anders, sodass schließlich nur ich und der alte Schulfreund, mit dem ich da war, an der Bühne standen; hierzu später noch ein paar Worte.
MÄRVEL ließen sich jedenfalls keineswegs demotivieren und gaben alles, Posing und amüsantes Gehüpfe inklusive; überrascht war ich vom recht virtuosen Gitarrenspiel von John Steen, das live noch etwas ausgefeilter ist als auf CD. Songs wie „I wanna know you (just a little bit better)“, „Fringe of Comfort“, der Opener „Willful Non Participation“ (das hätte das Motto des Abends sein können) oder die neue Single „A Pyrrhic Victory“ zünden live wirklich gut, auch wenn ich da vorn irgendwie der einzige war, der abfeierte… Es war wirklich ein Jammer. Zwischendrin war den Jungs die Resignation gelegentlich anzumerken, doch trotzdem zogen die Pseudo-Superhelden ihre Show einwandfrei durch, und so hatte zumindest ich richtig meinen Spaß.

Tja, und so war ohne wirkliche Zugabe (die hatte John in einer Ansage angesichts der mangelnden Resonanz gnädigerweise ins Set eingegliedert und so allen Anwesenden ein peinliches und höchst wahrscheinlich erfogloses Zugabenforderungsspielchen erspart) um etwa Mitternacht Schluss. Es folgte noch ein lustiges Gespräch mit Roadie Papa Bear und dem demaskierten Schlagzeuger Tony, bevor wir schließlich den Heimweg antraten, glücklich über einen durch und durch gelungenen, aber völlig unzureichend gewürdigten Auftritt.Hier nun die oben angekündigten Worte. Primo: Ich finde es schändlich, gerade bei so einer prekären Zuschauersituation, als Vorband nach dem eigenen Auftritt das Feld zu räumen – kein Zeichen von Kameradschaft, einfach nur platt runtergespielt und das wars. Secundo: Warum in drei Teufelsnamen bleiben die Leute selbst beim Hauptact, der sich alle Mühe gibt eine begeisternde Show zu liefern, ein paar Meter von der Bühne entfernt wie angewurzelt stehen? Mensch, die Jungs sind aus Schweden angereist und müssen dann hier vor so einer lustlosen Truppe aufspielen. Ich verlange nicht, dass jeder gewaltig abfeiert, aber zumindest mal näher ranzukommen muss doch drin sein.
Insgesamt ist es unglaublich schade für die wirklich sympathischen Jungs von MÄRVEL, dass ihnen hier von einer drittklassigen Punkrockband, wie man sie in jedem Probenraumkomplex dreimal findet, der Rang abgelaufen wurde; sie hätten definitiv mehr verdient für diesen wirklich spaßigen Auftritt. Ich kann nur hoffen, dass es an den nächsten Stationen besser wird, denn das war dieser Band nicht würdig.

Geschrieben am 20. August 2009 von Metal1.info

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