Konzertbericht: Mittelalter in München

2010-04-29 / 05-02 München

Selten habe ich so lange mit mir gerungen, ob ich von einer Veranstaltung in Wort und Bild berichten soll oder lieber den Mantel des Schweigens um sie hülle. Letztendlich entschied ich mich dafür, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie mittelalterliche Märkte nicht ablaufen sollten. Aber fangen wir von vorne an:

Nach zweijähriger Pause meldeten sich Ende April/Anfang Mai 2010 die Ritter, Spielleute und Gaukler zurück in München auf dem altehrwürdigen Tollwood-Gelände. Hatte man 2007 an einem sonnigen Wochenende und mit einer grandiosen Hexennacht noch einen vollen Erfolg gelandet, litt bereits 2008 der nunmehr knapp einwöchige Markt auf Grund des schlechten Wetters und des mäßigen Timings unter akutem Besucherschwund. Zeitweise musste die Feuerwehr sogar alle Besucher und Schausteller zwangsevakuieren, so dass u.a. die zweite Hexennacht trotz zweier Anläufe letztendlich ersatzlos gestrichen wurde. Darüber hinaus waren bereits damals die Nachteile des Geländes offensichtlich, denn Regen verwandelt den steinig-sandigen Untergrund schnell in ein extrem dickes Schlamm- bzw. Matschfeld, das lediglich von teils enormen Pfützen unterbrochen wird. Dazu kamen die ungemeine Weitläufigkeit des Areals und die sehr unvorteilhafte Anordnung der Marktstände. So war es wenig verwunderlich, dass die damaligen Veranstalter einen Schlussstrich zogen und 2009 keinen weiteren Markt in München veranstalten.

Wie man nun allerdings anno 2010 unter einem anderen Namen und ohne erkennbaren Werbeaufwand die gleichen Fehler 1:1 wiederholen kann, wird mir ein ewiges Rätsel sein. Zwar wurde das gesamte Gelände etwas verkleinert und auf ritterliche Schaukämpfe verzichtet, doch die einzelnen Stände wirkten teils völlig verloren und der gesamte Markt an sich versprühte keinerlei Charme, besonders im Heerlager. Hinzu kam: Während etliche Händler teils identische Accessoires verkauften, suchte man z.B. Knoblauchbrot überall vergebens. Von einem ausgewogenen Angebot konnte also keine Rede sein.Auch die Darbietungen der einzelnen Künstler waren von zweifelhafter Qualität, wobei besonders Pill & Pankratz fehlten. Lediglich Kelvin Kalvus konnte wieder einmal durch seine Kontaktjonglage sowohl Jung als auch Alt verzaubern. Allerdings sollte er dringlichst wieder zu der Musik von Omnia auftreten, denn die sphärischen Hintergrundklänge sowie seine arg verspulten Ansagen schmälerten den positiven Gesamteindruck unnötig. Dass ihm seine Glaskugeln mehr als einmal entglitten, spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
Apropos Omnia: Über 10 Stunden saßen Sic, Jenny und ihre Gefährten im Bus von Holland nach München, nur um sich dann mit widrigsten Umständen konfrontiert zu sehen. Kurz vor dem Auftritt der Band setzte strömender Regen und heftiger Wind ein. Die Bühne und Elektrik litten deutlich sichtbar, doch Omnia legten vor einer tobenden Menge los wie ein Feuerwerk. Gerade als sich das Abendkonzert mit klatschnasser frenetischer Menge direkt vor der Bühne zu verselbständigen drohte, gingen die Lichter und der Sound aus. Trotz wiederholter Anläufe musste das Konzert daraufhin abgebrochen werden und Nachtwindheim spielten stattdessen bis in die tiefe Nacht im angrenzenden Zelt ein Alternativkonzert. Leider war jenes Zelt der einzig überdachte Ort für Besucher, so dass es bereits binnen weniger Minuten keinen Platz darin mehr gab, an dem man nicht binnen weniger Sekunden zu ersticken drohte. Folglich traten wir den Heimweg an.

Hängen blieben letztendlich ein paar Tage mit fahlem Beigeschmack wie abgestandener Met. Generell spricht nichts dagegen, mit sparsamen Mitteln eine Veranstaltung wie diese auf die Beine zu stellen. Doch um etwas mehr als ein weiteres One-Time-Only-Event aus dem Boden zu stampfen, muss die Umsetzung einfach viel durchdachter sein. So werden die Ritter, Musiker und Marktleute den Münchner Raum mit einem gehörigen Grummeln im Magen wieder auf unbestimmte Zeit verlassen…

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert