Review Neal Morse – Merry Christmas

NEAL MORSE-Fans haben den großen Vorteil, durch die hohe Produktivität des Meisters stets mit allerlei Material – seien es neue Alben, Livematerial in Bild und Ton oder Demos – versorgt zu werden. Erst recht in seinem offiziellen Fanclub „Inner Circle“ bekommt man regelmäßig einen Einblick hinter die Kulissen und reichlich Konzertmitschnitte.

Die CD, um die es heute gehen soll, stammt allerdings noch aus Zeiten, als Neal noch bei Spock’s Beard war und gerade seine eigene Plattenfirma Radiant Records gegründet hatte. Im Jahr 2000 erschien eben dort dann auch sein Weihnachtsalbum „Merry Christmas“, das man über die Radiant Records-Homepage oder über einige deutsche Prog-Versandhändler erwerben kann. Hiermit wird also auch die letzte Neal Morse-freie Zeit im Jahr mit seiner Musik gefüllt, und das ist gut so.

Denn „Merry Christmas“ ist kein anbiederndes, langweiliges, hyperchristliches Anbetungsalbum, wie es viele heutzutage vielleicht erwarten würden. Hier kriegen wir noch den alten Fun-Neal serviert – pur, echt, authentisch. Neal legt uns 13 Geschenke in den CD-Player, die lustiger, abwechslungsreicher, schöner und spontaner nicht sein könnten!

Der Rahmen ist noch recht ernst gestaltet: Los geht es mit „Hallelujah – The King Is Born“, einer schönen Gospelnummer, die gegen Ende auch wie es sich gehört einen fetten Chor auffährt. Sehr traditionell, sehr weihnachtlich. Gleiches gilt für die Tracks „Love Lay In Bethlehem“, „How Peaceful Was The Night“ sowie das abschließende „Holy Christmas“. Der Rest der Songs ist jedoch viel persönlicher und knackiger: Schon der zweite Song „Christmas Keeps Calling“ präsentiert uns wieder diese typischen NEAL MORSE-Wohlfühlmelodien. Da wird einem warm ums Herz, da kommt man ins Träumen. Mit „A Special Kind Of Christmas“ gibt’s in dieser Hinsicht nochmal einen Nachschlag. Das ist ganz klar Popmusik, aber eben eine richtig gute Version davon!

Bei den übrigen Songs gibt es dann kein Halten mehr: Auf „The Laughing Christmas Song“ und „Kids Love Santa“ singt Neal zusammen mit seinen (noch sehr kleinen!) Kindern Wil und Jayda und passt sich stimmlich auch ihrer Stimmlage an. Sehr fein, wenn natürlich auch musikalisch nur wenig ertragreich. „My First Christmas With You“ und „Lovin‘ Christmas“ zeigen Neals Entertainerqualitäten auf. Ich glaube, ich habe nie eine authentischere und zugleich so lustige und doch berührende Imitation von Sinatra und Elvis gehört. Nicht nur auf instrumentaler Ebene, auch stimmlich kommt Neal den Originalen hier sehr nahe! Für Fans, die etwas tiefer in der Materie sind, sind die Grüße, die Neal mal spontan zu Weihnachten an den ein oder anderen Kollegen in ein paar Songs loslässt zudem bestimmt auch interessant. Egal ob seine Frau, seine Brüder, Mike Portnoy, Spock’s Beard, sein Pastor, seine Plattenfirma, sein Webmaster…alle kommen mal dran! Neal macht diese Ansagen so spontan, dass der Spaß und die Lockerheit, die er beim Aufnehmen hatte, dem Hörer praktisch aus den Boxen entgegenspringt und man sich vor Schmunzeln teilweise kaum halten kann.

„Swingin‘ Holiday“ swingt wie es der Name schon sagt, während „’Tis The Season To Be Blue“ leicht melancholisch rüberkommt und ein lupenreiner Blues ist, den Neal nach dem Ende einer Beziehung geschrieben hat. „Missing You At Christmas Time“ schließlich ist eine ganz alte Aufnahe von 1984 und sein allererster Christmas-Song, den er mit seinem portablen Aufnahmegerät aufgenommen hat und seiner Familie nach Hause schickte, weil er spontan zum Brötchenverdienen über Weihnachten ein Konzert als Sessionmusiker in Alaska geben musste.

Zusammenfassend: Ein bunter, überraschender Silberling voller persönlicher NEAL MORSE-Musik. Produktion und Sound schwanken von Track zu Track und einige werden sich auch an der sehr lockeren Art von Neal und den Kindern stören, weil sie schließlich hierfür Geld bezahlt haben. Aber: Es ist ein höchst persönliches, herzerwärmenes und ehrliches Werk, was zur Weihnachtszeit einfach immer wieder Spaß macht und Neals sympathische und lockere Art ohne Umschweife durch die Musik transportiert. Für echte Neal-Freunde eigentlich ein Muss und Kult, alle anderen sollten sich den Kauf dieses etwas anderen Weihnachtsalbums vielleicht auch mal überlegen.

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