Review Skeletal Remains – The Entombment Of Chaos

  • Label: Century Media
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Death Metal

Einen gesunden Veröffentlichungsfleiß legen SKELETAL REMAINS an den Tag: Mit Underground-Kellermusikern, die sieben Black-Metal- und Ambient-Soloprojekte am Laufen haben und entsprechend jedes Jahr drei neue, superlimitierte Releases auf den Markt werfen, können die Kalifornier zwar nicht mithalten, aber vier Studioalben innerhalb von acht Jahren können sich sehen lassen. Ebenso ansehnlich ist die Menge an Drummern, die das Quartett in seiner nicht mal zehnjährigen Geschichte verheizt hat: Mit Pierce Williams hat inzwischen der fünfte Schlagzeuger hinter dem Kit Platz genommen – und das schließt weder Warbringers Carlos Cruz, der auf dem Zweitwerk „Condemned To Misery“ (2015) ausgeholfen oder Charlie Koryn, der die aktuelle Scheibe „The Entombment Of Chaos“ eingetrommelt hat, mit ein noch haben wir über die Fluktuation auf den restlichen Bandposten gesprochen. Würde man es böse meinen mit SKELETAL REMAINS, könnte man behaupten, die einzige Konstante sei Sänger, Gitarrist und Gründungsmitglied Chris Monroy. Doch tatsächlich hat bei dem klassischen US Death Metal im Stil der frühen Neunziger, wie in der Vierer spielt, auch stets die Qualität gestimmt.

Dessen sind sich offenbar auch Monroy & Co. bewusst und setzen anscheinend auf zuletzt Bewährtes. Abgesehen vom Line-up fallen auf den ersten Blick Parallelen zum 2018er Vorgänger „Devouring Mortality“ auf: So stammt das Artwork erneut vom weithin bekannten Künstler Dan Seagrave, während einmal mehr Dan Swanö für Mixing und Mastering verantwortlich zeichnet. Ein genauerer Blick enthüllt, dass SKELETAL REMAINS zwar mit netto zwei neuen Tracks weniger als noch beim Vorläufer aufwarten (Intro, Instrumental und Bonus-Cover außen vor gelassen), den Trend zu immer länger werdender Alben aber weiter fortsetzen: „The Entombment Of Chaos“ liefert satte 48 Minuten Spielzeit.

Auch beim Anhören stößt man zunächst auf Vertrautes: SKELETAL REMAINS ziehen ihr Ding – technisch anspruchsvollen Old School Death Metal mit Verneigung vor Death, Pestilence und Konsorten – seit der 2011er Debüt-Demo „Desolate Isolation“ durch, während sie ihren Sound und Stil mit jedem Release weiter verfeinern. So bietet auch der jüngste Longplayer die von der Band gewohnte Kost. Was jedoch auffällt, ist die noch härtere Gangart: Hat schon „Devouring Mortality“ nicht mit Blasts gegeizt, legt „The Entombment Of Chaos“ noch eine Schippe drauf – soll heißen: mehr Morbid Angel, weniger Obituary. Ohne in stupide Knüppelorgien zu verfallen, variieren SKELETAL REMAINS gekonnt Blast-Teppiche mit stampfendem Midtempo, zackigen Thrash-Beats und vielseitigen Soli – und enthüllen so ihr Händchen für prägnantes Songwriting, das genau die goldene Mitte zwischen traditionellen, aber auch schalen Strophe-Refrain-Strukturen einerseits und konfusen progressiven Auswüchsen, die sich in sich selbst verlieren, andererseits darstellt.

Doch nicht nur innerhalb der einzelnen Songs, auch im Hinblick auf die Tracklist überzeugt „The Entombment Of Chaos“ besser als die vorigen Releases mit gut durchdachten Abläufen: Während die erste Viertelstunde ab „Illusive Divinity“ eine brachiale Vollbedienung darstellt, tritt das Quartett bei „Tombs Of Chaos“ auf die Bremse und setzt überwiegend auf Groove statt Speed. Mit „Enshrined In Agony“ liefern die Amis ein instrumentales Interlude mit Clean-Gitarren, das nicht nur den Übergang zur zweiten Halbzeit, sondern auch die Ruhe vor dem Sturm darstellt, der mit der vorab veröffentlichten Granate „Dissectasy“ erneut aufzieht. „Torturous Ways To Obliteration“ krankt indes am etwas überambitionierten Abwechslungsreichtum und hinterlässt dadurch keinen bleibenden Eindruck. Seine Position inmitten der hinteren Albumhälfte, wo einzelne Songs gerne mal gegenüber ihren stärkeren Nachbarn verblassen, mag dazu beitragen. Doch gerade wenn man angesichts des Riffgewitters an den Rande der Erschöpfung gelangt, entschleunigen SKELETAL REMAINS mit der im schleppenden Tempo verweilenden Doom-Walze „Eternal Hatred“, die zudem – so gar nicht oldschoolig – mit Bass-Drops daherkommt. Ebenso erwähnenswert ist das melodische, an Metallicas „Blackened“ erinnernde Intro, mit dem der noch einmal alle Register ziehende Quasi-Rausschmeißer „Unfurling The Casket“ versehen wurde. Die Bonus-Dreingabe, ein Cover der Florida-Death-Metaller Disincarnate um Szene-Veteran James Murphy, wartet mit einem Gastauftritt von Carnation-Sänger Simon Duson auf und stellt ein gelungenes Goodie dar.

„The Entombment Of Chaos“ mag keine Ohrwürmer bieten, die sich sogleich im Trommelfell festsetzen, aber dafür massig Riffs, die den Schädel spalten, dazu wohlpositionierte Verschnaufpausen und Vocals in der Schnittmenge von John Tardy, Martin van Drunen und natürlich Chuck Schuldiner. Wer auf US Death Metal aus den Neunzigern steht, aber nicht immer nur die Alben von damals auflegen will, ist bei SKELETAL REMAINS mit ihrer starken, eigenständigen Neuinterpretation des Sounds mehr denn je an der richtigen Adresse.

Wertung: 8.5 / 10

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