Und sonst so … Oktober 2019


Metal ist eines der der lebendigsten Genres, die es gibt. In der Folge ist es bei der mittlerweile enormen Zahl an Veröffentlichungen schier unmöglich geworden, sämtliche Alben in ausführlichen Reviews vorzustellen. In unserer Rubrik „Und sonst so …“ kommen deswegen in Form von Kurz-Kritiken ein paar der Alben zur Sprache, die trotz Zeitmangel und Überangebot nicht unter den Teppich fallen sollten.


Eizbrand - Feuertaufe

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Auf zwei streng limitierte Releases kann die 2013 gegründete Deutschrock-Band EIZBRAND zurückblicken, jetzt legen sie mit „Feuertaufe“ ihr Debüt über Rookies & Kings vor. Darauf finden sich knapp 56 Minuten geradlinigen, typischen Deutschrocks wieder, die oftmals an BRDigung erinnern. Auch in Richtung Punk Rock schielt das Quintett hin und wieder, vor allem wenn sie Themen wie die gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land („Veränder ihr Gesicht“) oder Religion („Gott ist schwarz“) anprangern. Ansonsten behandeln die Songs meist alltagstaugliche Rebellion. Der heimliche Hit des Longplayers ist „Wir tanzen nicht, wir pogen!“, das live sicher gut mitreißen kann. Das abschließende „Konfetti“ ist zwar eingängig, aber auch textlich nah am Nonsens und wirkt im Albumkontext völlig deplatziert. Den Status anderer Deutschrock-Bands werden EIZBRAND mit „Feuertaufe“ noch nicht erreichen, aber sollten dieselbige bei Deutschrock-Fans wohlwollend bestehen.

[Christian Denner]


The Darkness - Easter Is Cancelled

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Ihr letztes Studioalbum „Pinewood Smile“ (2017) war kein großer Erfolg und so setzen THE DARKNESS fast auf den Tag genau zwei Jahre später zu einem neuem Versuch an. Ihr sechster Longplayer wurde „Easter Is Cancelled“ getauft, an dessen mit christlicher Symbolik bzw. biblischen Personen spielendem Artwork sich sicherlich einige Geister stören können. Wo der Opener „Rock And Roll Deserves To Die“ noch mit seinen düsteren, melancholischen Strophen eine apokalyptische Atmosphäre beschwört, da können die rockigen Momente und vor allem Justin Hawkins‘ Stimme im Refrain umso mehr Durchschlagskraft entfalten. Diese Qualität können die Briten auch mit den meisten der insgesamt 14 Songs beibehalten. 2019 bringt die Band einige Kracher hervor, die künftig wohl bei keiner Live-Show fehlen sollten („Easter Is Cancelled“, „Heavy Metal Lover“). In welche schwindelerregenden Höhen Hawkins seine Stimme katapultiert, das muss man einfach würdigen. Mit „Easter Is Cancelled“ verneigen sich THE DARKNESS tief vor dem Hard Rock/Glam Rock der 70er und 80er Jahre, wirken dabei aber nie affektiert. Deshalb sei das Album jedem Fan dieser Ära ans Herz gelegt.

[Christian Denner]


Mark Lanegan Band - Somebody's Knocking

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Sänger Mark Lanegan (ex-Screaming Trees) hat für sein elftes Studioalbum „Somebody’s Knocking“ die MARK LANEGAN BAND um sich geschart. Dazu gehören unter anderem Alain Johannes (Eleven, Queens Of The Stone Age), Martyn LeNoble (Porno For Pyros) oder Greg Dulli (The Afghan Whigs). Die 14 neuen Songs bewegen sich weitgehend im Fahrwasser von Post-Punk und Gothic Rock, versprühen dazu massig britischen Charme und liebäugeln vor allem mit den 80er Jahren. So erinnern die Titel mal an Joy Division („Disbelief Suspension“), David Bowie („Dark Disco Jag“) oder U2 („She Loves You“). Gesanglich sind Ian Astbury (The Cult), Iggy Pop oder Billy Idol oft nur einen Steinwurf entfernt. Mit „Somebody’s Knocking“ hat die MARK LANEGAN BAND ein unaufgeregtes, oftmals nüchtern klingendes Album geschaffen, das gerade deshalb zu gefallen weiß.

[Christian Denner]


Joe Bonamassa - Live At The Sydney Opera House

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JOE BONAMASSA kann man als wahren Workaholic bezeichnen – neben seinen regulären Studio-Releases gibt es seit 2012 jährlich ein neues Live-Album zu hören. Diese wurden in New York, Wien, London, Amsterdam oder Los Angeles aufgenommen. Das neueste und elfte seiner Art führt den Hörer nach Australien, genauer ins Sydney Opera House. In den sieben- bis zehnminütigen Songs spielen JOE BONAMASSA und Band ihre Fähigkeiten ausführlich vor: Lange Gitarrensoli, funkige Bläser-Einsätze, bluesige Riffs und ein groovendes Piano, dazu Bonamassas Stimme in Hochform. Fans des Musikers werden an „Live At The Sydney Opera House“ ihre Freude haben, ist es doch ein kleines Schaulaufen. Außerdem hat der 70er-Jahre-Blues-Rock vermengt mit Big-Band-Feeling einen Klang voller feiner Nuancen zu bieten, die durch den Klang des Opernhauses und die astreine Produktion noch unterstrichen werden. Ein wenig Selbstverliebtheit JOE BONAMASSAs kann man anhand dieser Klasse gerne durchwinken.

[Christian Denner]


Neil Young & Crazy Horse - Colorado

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Erstmals seit 2012 veröffentlicht NEIL YOUNG wieder ein Album mit seiner Begleitband CRAZY HORSE, das sein 39. Studioalbum darstellt und schlicht „Colorado“ getauft wurde. Es ist seinem Manager Elliot Roberts gewidmet, der seit 1967 mit Young zusammenarbeitete und im Juni 2019 verstorben ist. In elf Tagen nahmen sie die neuen Songs im Studio In The Clouds auf, in 2.700 Metern Höhe gelegen, mit analogem Setup und größtenteils live. So enstanden ausufernde Jam-Momente, wie das dreizehnminütige „She Showed Me Love“, aber auch eingängige Nummern wie „Rainbow Of Colors“. Neben dem astreinen Klang und der Klasse der teilhabenden Musiker besticht „Colorado“ durch Leidenschaft für Rockmusik und eine entspannte Atmosphäre. Im Höhenrausch konnten NEIL YOUNG & CRAZY HORSE so ein weiteres intensives und überzeugendes Album abliefern, das klassischen Rock mit Elementen aus Blues und Folk verbindet.

[Christian Denner]


Die Toten Hosen - Alles ohne Strom

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Bei zwei Auftritten im Juli 2019 in der Düsseldorfer Tonhalle entstanden die Aufnahmen zu „Alles ohne Strom“, dem neuen Akustikalbum von DIE TOTEN HOSEN. Hierbei sind einige völlig neue Interpretationen entstanden, bei denen dank Big Band teilweise völlig neue Instrumente zum Einsatz kamen. Schon der Opener „Entschuldigung, es tut uns leid!“ unterstreicht diesen Ansatz mit seinem Comedian-Harmonists-Flair. Entsprechend wurde der Text vom darauf folgenden „Strom“ dem Konzept angepasst, das durchaus interessante Momente hervorbringt. So lässt die Band Ska-Rhythmus und Bläser („Urknall“, „1000 gute Gründe“), Klezmer („Paradies“) oder Country („Hier kommt Alex“) erklingen. Hinzu kommen mit „Ohne dich“ (Rammstein) und „Everlong“ (Foo Fighters) zwei unerwartete Cover-Songs. Punk Rock ist das freilich nur bedingt, macht aber durchaus Spaß, bewegt an einigen Stellen und könnte vielleicht den ein oder anderen Hörer für DIE TOTEN HOSEN begeistern, der mit ihrem Sound ansonsten wenig anfangen kann. Qualitativ gibt es an Produktion, Innovativität, Performance und dem enthaltenen Live-Feeling nichts auszusetzen. Ein würdiger Nachfolger des 2005 erschienenen Unplugged-Auftritts aus dem Wiener Burgtheater.

[Christian Denner]


Publiziert am von Christian Denner

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