Konzertbericht: Combichrist w/ Wednesday 13, Night Club

23.07.2018 München, Technikum

Dass COMBICHRIST – ehemals in der EBM-Szene, heute eher im Industrial (Metal) zu Hause – und der Horror-Punker WEDNESDAY 13 zumindest hinsichtlich ihrer aus der „Schwarzen Szene“ rekrutierten Fans eine große Schnittmenge aufweisen dürften, ist keine all zu kühne Vermutung. Insofern wundert weniger, dass die Bands nun gemeinsam auf Tour gehen, als eher, dass sie das erst jetzt tun. Mit dabei: Das Duo NIGHT CLUB aus Los Angeles.

Dass diese es schwer haben könnten, deutet sich an: Montagabend und sommerliches Wetter – da zieht der Münchner gerne mal den Biergarten vor und kommt (wenn überhaupt) erst zur Hauptband.

Tatsächlich ist im Technikum um 20:00 Uhr noch nicht all zu viel los, als Mark Brooks (der übrigens als Regisseur unter anderem für den Slayer-Kurzfilm „Playing With Dolls“ sowie den Konzertfilm „Danzig Legacy“ verantwortlich zeichnet) und Emily Kavanaugh als NIGHT CLUB ihre Show starten. Das Konzept des „Konzertes“ ist – wie so oft im Elektro/Techno – für Freunde „handgemachter“ Musik nicht leicht nachvollziehbar: Während Brooks in der Funktion des DJs schmissige, aber auch recht rudimentäre Beats auf seinem Macbook anwirft, tanzt Emily Kavanaugh etwas schüchtern, deswegen aber nicht minder ausgelassen über die Bühne. Mit ihrem Charme und ihrer Stimme gibt sie dem ansonsten eher generischen Elektro zumindest ein wenig Reiz – wirklich dynamisch wird die Show jedoch erst, als zu „Bad Girl“, dem letzten Song des halbstündigen Sets, Combichrist-Drummer Joe Letz dazukommt und dem Duo (wie auch dem Publikum) mit seinem dynamischen Schlagzeugspiel kräftig einheizt.

Bevor Letz das auch mit seiner Hauptband tun darf, wird es um 20:50 Uhr jedoch zunächst düster: Mit blutiger (Requisiten-)Axt in Händen stürmt WEDNESDAY 13 nicht nur die Bühne, sondern auch die Herzen seiner Fans: Zunächst vornehmlich mit dem Material der letzten Alben „Condolences“ und „Skeletons“, gegen Ende des Sets aber natürlich auch mit Hits wie „I Want You… Dead“ und „I Walked With A Zombie“ (allerdings gekürzt und zu einem Medley zusammengefasst) vom starken 2005er-Debüt, dem Frankenstein-Drag-Queens-Cover „I Love to Say Fuck“ oder – zum Abschluss – dem Evergreen „Bad Things“. Trotz des guten Sounds, der stimmigen Songauswahl sowie diversen Masken-, Kostüm- und Gimmickwechseln wirkt der Auftritt jedoch nicht wegen des weißen Corpsepaints etwas blutleer: So souverän WEDNESDAY 13 und Band die Show auch absolvieren, so detailverliebt die Outfits konzipiert sind, und so düster die Atmosphäre auch sein mag – am Ende geht der Darbietung bei all dem Bohei die unverkrampfte Punk-Attitüde wie auch die Dynamik ab, die WEDNESDAY-13-Konzerte zumindest früher einmal ausgemacht hatten: Über Gebühr ins Schwitzen kommt in den hier gebotenen 50 Minuten jedenfalls niemand – weder auf, noch vor der Bühne.

  1. What the Night Brings
  2. Blood Sick
  3. Scream Baby Scream
  4. Serpent Society
  5. Prey for Me
  6. Blood Sucker
  7. Gimmie Gimmie
  8. Bloodshed
  9. Condolences
  10. I Want You… Dead / I Walked With a Zombie
  11. I Love to Say Fuck (Frankenstein-Drag-Queens-From-Planet-13-Cover)
  12. Bad Things

Dass das im Folgenden noch anders wird, zeigt sich in dem Moment, da COMBICHRIST die in der Umbaupause veranstaltete „80er-Party“ (mit Hits von Opus über Queen bis Europe) um 22:00 Uhr mit ihrem vielleicht größten Hit für beendet erklären: „All Pain Is Gone“ vom 2009er-Album „Today We Are All Demons“. Stimmiger hätten COMBICHRIST das Set kaum beginnen können, das auch im weiteren Verlauf vornehmlich auf die technoiden Alben ausgerichtet ist: Während das aktuelle, metallastige „This Is Where Death Begins“ mit nur einem Song bedacht wird, feiern COMBICHRIST eine Revival-Party ihrer alten, mitunter nur noch selten gespielten Hits. Die Band scheint es zu genießen: Fronter Andy kommt aus dem Grinsen nicht mehr heraus, und Schlagzeuger Joe Letz grinst wohl nur nicht, während er ein ums andere Mal seine Toms vom Podest schubst oder Drumsticks durch die Gegend wirft, weil er mit seiner die Skurrilität seines femininen Outfits abrundenden Maulsperre nicht lächeln kann.

Die Fans haben COMBICHRIST bei diesem Plan sowieso auf ihrer Seite – schließlich gibt es kaum Songs, die live mehr Kraft haben als ein „Fuck That Shit“, ein „Electrohead“ oder ein „Get Your Body Beat“, mit dem die Band sich nach knapp einer Stunde zum ersten Mal von der Bühne verabschiedet. Dass es das noch nicht gewesen sein kann, ist klar – und in der Tat lassen COMBICHRIST die Party noch drei Songs lang weitergehen: Nach „Never Surrender“, „Maggots At The Party“ und dem finalen „What The Fuck Is Wrong With You?“ ist dann nach insgesamt 75 Minuten endgültig Schluss – und auch, wenn im Technikum nicht der wildeste Moshpit entbrannt war, ist bei den tropischen Temperaturen in der Halle zumindest in den vorderen Reihen kein Hemd mehr trocken.

  1. All Pain Is Gone
  2. Blut Royale
  3. Can’t Control
  4. Electrohead
  5. Throat Full Of Glass
  6. Scarred
  7. Fuck That Shit
  8. Exit Eternity
  9. Denial
  10. Get Your Body Beat
  11. Never Surrender
  12. Maggots At The Party
  13. What The Fuck Is Wrong With You?

Über Ticketpreise kann man diskutieren, vielleicht aber lieber an anderer Stelle. Dennoch darf natürlich in Frage gestellt werden, ob ein Konzert dieser beiden Bands mit einem No-Name-Support mit über 40 Euro nicht arg hoch bemessen ist. Zumindest jedoch kommt bei dem Package jeder auf seine Kosten: Dafür sorgen COMBICHRIST wie auch WEDNESDAY 13 nicht nur mit langen Spielzeiten und gelungenen Shows, sondern vor allem – dank einer wiederentdeckten Liebe zu alten Nummern – mit einem wahren Hitfeuerwerk.

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Fotos von: Moritz Grütz

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