Interview mit Askhan Avagchuud von Nine Treasures

Nach zehn Jahren Bandgeschichte sind NINE TREASURES aus China einen radikalen Schritt gegangen: Ausgewählte Songs ihrer drei bisherigen Alben wurden neu aufgenommen und unter dem Titel „Awakening From Dukkha“ als Best-of Veröffentlicht, die bisherige Musik wurde dafür auf allen offiziellen Kanälen offline genommen. Bandleader Askhan Avagchuud über Re-Recordings, Tonträger und Buddha.

Hallo und vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst! Wie geht es dir?
Hi, danke für die Gelegenheit. Mir geht es gut, ich mache wie immer jeden Tag Bandsachen.

In Europa gibt es im Moment keine Konzerte, auch Bars und Clubs sind wegen Corona geschlossen. Wie ist die Situation in China im Moment?
Ich schaue jeden Tag Nachrichten und die Welt ist immer noch in einem schlechten Zustand, das ist sicher. In China hat sich die Lage ziemlich normalisiert, für Konzerte und Festivals gibt es jetzt keine Beschränkungen mehr. Viele Bands sind hier gerade auf Tournee, ich hoffe, dass die ganze Welt bald wieder zur Normalität zurückkehrt.

Wie habt ihr als Band die Corona-Krise überstanden?
Ich muss sagen, dass wir sehr, sehr viel Glück hatten. Wir hatten sogar im vergangenen Jahr 2020 über zehn Festivalshows, das hat uns geholfen zu überleben. Aber es macht mich nicht glücklich, weil die Welt immer noch im Chaos versinkt.

NINE TREASURES waren gerade dabei, in Europa Fuß zu fassen, als die Krise kam – denkst du, die Krise hat euch damit besonders geschadet?
Natürlich, ja. Wir waren zu der Zeit gerade soweit, wieder durch die Welt zu touren.

Jetzt habt ihr ein neues Album veröffentlicht, „Awakening From Dukkha“. Was bedeutet der Titel?
Es ist wie ein Abschied vom alten Ich und ein Willkommen an das neue.

Ist die Kreatur auf dem Cover nur Fantasy oder ist sie historisch inspiriert?
Das ist der Ulaan Jamsran, eine Buddha-Darstellung. Er sieht wütend aus, aber nicht im Inneren. Buddha hat viele verschiedene Körper. Die Idee ist, dass die Menschen unterschiedlich sind und er den richtigen Körper benutzen muss, um ihnen zu helfen. Es geht um sein großes Mitgefühl. Es wird definitiv auf dem nächsten Album weitergehen.

„Awakening From Dukkha“ ist kein komplett neues Album, sondern ein Best-of, für das ihr alle Songs neu eingespielt habt. Warum habt ihr euch entschieden, ein Best-of zu machen, anstatt an neuem Material zu arbeiten?
Die letzten drei Alben sind sehr schlecht eingespielt und aufgenommen. Die Gitarre und der Bass wurden mit Amp-Simulatoren aufgenommen, die mit dem echten Verstärker nicht zu vergleichen sind. Auch das Schlagzeug war Midi, nicht echt gespielt. Und unsere spielerischen Fertigkeiten waren für die Aufnahme eines professionellen Metal-Albums nicht gut genug. Es zeigte sich also, dass die Klangqualität der Alben für meine Ohren nicht akzeptabel ist. Jedes Mal, wenn ich mir das anhöre, fühle ich mich sehr unwohl und es tut mir sehr leid für die Fans, die uns so sehr unterstützt haben. Ich denke, die Leute haben das Beste von uns verdient.

Wie habt ihr die Songs ausgewählt, die ihr auf dieses Album genommen habt? Ich könnte mir vorstellen, dass das keine leichte Entscheidung war …
Es war eigentlich sogar ziemlich leicht, ich habe einfach die Songs ausgewählt, die ich mag. Aber ich bereue jetzt schon, dass wir nicht 20 statt bloß zwölf Songs aufgenommen haben, verdammt.

Habt ihr die Stücke auch kompositorisch überarbeitet, oder habt ihr versucht, sie so aufzunehmen, wie sie waren?
Wir haben ein paar kleine Änderungen vorgenommen, aber nicht zu viele. Viele Fans sagen, dass es ziemlich gut geworden ist.

Was denkst du generell über Neuaufnahmen oder neue Versionen von alten Songs – magst du es, wenn Bands ihr Material überarbeiten, oder bevorzugst du als Fan die originalen, alten Versionen?
Wenn die bisherigen Werke auf Labelqualität sind, dann denke ich, dass man das so beibehalten sollte, denn da gibt es nicht viel Spielraum für Verbesserungen. Ich kann nachvollziehen, dass manche Leute das rohe Feeling der alten Werke mögen, ich mag es auch. Aber es ist ja nicht gesagt, dass Musik in Labelqualität keine rohe Kraft haben kann. Ich habe „Awakening From Dukkha“ nicht zu sehr aufpoliert, deshalb mögen unsere alten Fans es auch.

Nach der Veröffentlichung habt ihr alle vorherigen Alben aus dem Netz genommen – das ist doch ein ziemlich radikaler Schritt, oder? Auch wenn sie aus eurer Sicht vielleicht nicht perfekt sind, mochten die Fans diese Alben doch trotzdem?
Ich denke, jeder lebt mit seinem eigenen Ego, so auch ich. NINE TREASURES ist eine Band und für unsere Fans ist es Kunst. Aber für mich ist es alles. Ich nehme es ernster als jeder andere. Also will ich einfach die Musik machen, mit der ich zufrieden bin, und das nicht aufgrund der Meinung anderer. Ich denke, die meisten Bands heutzutage kümmern sich zu sehr um die Wünsche der Fans und haben den Kern dessen verloren, was sie einzigartig macht. Man findet tonnenweise ähnlich klingende Bands auf YouTube finden, sogar mit ähnlichen Musikvideos. Das nervt doch, oder?

China hat chinesische Versionen von Social-Media-Plattformen, während viele westliche Plattformen nicht verfügbar sind. Wie funktioniert das dann mit euren Seiten bei Facebook und Bandcamp?
Ich denke, es ist besser, wenn du das googelst (lacht)

Euer letztes Album „Wisdom Eyes“ wurde jedenfalls ausschließlich digital über Bandcamp veröffentlicht, für das neue Album wurde zwar ein CD-Release angekündigt, allerdings erst für Herbst 2021. Ist die physische Veröffentlichung in China mittlerweile unüblich?
Ein deutsches Label namens Einheit Produktionen hat die „Arvan Ald Guulin Honshoor“ und „Nine Treasures“ in Europa veröffentlicht. In China haben wir beide Alben selbst veröffentlicht. Aber ja, als unabhängige Künstler ist unser Management beschissen. Ich werde hart daran arbeiten, um es von jetzt an besser zu machen. Chinesische Die-Hard-Fans kaufen immer noch CDs, wir haben gerade unsere Vorbestellung für die CD-Version von „Awakening From Dukkha“ in China ausverkauft. Ein herzliches Dankeschön an unsere Fans dafür!

Was denkst Du persönlich über CD und Vinyl? Sind Tonträger obsolet geworden, ist es für dich das Gleiche, ob du Musik digital oder auf CD/Vinyl hörst?
Ich benutze Spotify, um Musik zu hören, aber CDs und Vinyls sind für mich Kunst. Kunst, die man anfassen und fühlen kann. Solange Künstler diese Medien nutzen, werden sie sicher nicht überflüssig werden.

Vielen Dank für das Interview. Zum Abschluss unser traditionelles Brainstorming:
Deutschland:
Bier
Dein Lieblingsalbum im Moment: „Fear Inoculum“ von Tool.
Eine weitere empfehlenswerte Mongol-Metal-Band: Suld
Musik-Streaming: Bequemlichkeit
Bandshirts: Wenn der Druck scheiße ist, kaufe ich es nicht (lacht)
NINE TREASURES in 10 Jahren: schnell

Nochmals vielen Dank für deine Zeit. Die letzten Worte gehören dir:
Ich hoffe, jeder hat seinen inneren Frieden gefunden und lebt ohne Dukkha!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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