Konzertbericht: Dark Age w/ Talk Radio Talk, Storm of Sorrows

2008-03-01 Hamburg, Knust

Da ein viel zu langer Entstehungsprozess des jüngsten Albums auch mit einer ziemlich geringen Livepräsenz von DARK AGE einher ging, stand es außer Frage an jenem Samstag den gemütlichen Hamburger Knust zu besuchen, wohin die Suicide Crew zur Releaseparty von „Minus Exitus“ lud.Nachdem ich den Eingang auch endlich gefunden hatte, der dieses mal auf der linken Seite statt in der mir bekannten Passage lag, war es erstmal Zeit für eine Hopfenmalzschorle im Foyer Platz zu nehmen.

Angesichts der hochtrabenden Einladung zu „2-3 Hammerbands, Freibier, Aftershowparty mit DJ, Vorführung von neuem DVD-Material und Give-Aways“ war die Erwartung an diesen Abend nicht gering, jedoch musste man zu den ersten Klängen von TALK RADIO TALK feststellen, dass diese vielleicht zu hoch angesetzt waren. Die sechsköpfige Gruppe war nämlich das reinste Grauen: Ob man das Screamo oder was weiß ich nennt, ist völlig Wurst, ich würde es als dilletantisches *core-Gejaule mit hässlichen Frisuren, noch hässlicheren Klamotten und vor allem hässlichstem Herumgehampel beschreiben. Das mag wem auch immer gefallen, aber zumindest als Vorband für einen Metal-Act waren die Knaben vollkommen deplatziert.

Das Weite suchend hielt ich dann mal nach all den versprochenen Extras der so genannten Releaseparty Ausschau. Jedoch kam alsbald die Ernüchterung, dass all diese Schmankerl wohl dem VIP-Bereich vorbehalten waren, der uns armer Journalistenzunft allerdings verwehrt blieb. Schon toll, wenn man mit Freibier wirbt, was es dann nur für ausgewählte Gäste gibt! Nun ja, vielleicht sollte die erzwungene Nüchternheit – die Getränkepreise im Knust sind nämlich, insbesondere wenn neues Tresenpersonal keine Ahnung hat, eine Frechheit – ja diesem Bericht zu Gute kommen, man weiß es nicht.

Weiter ging es auf der Bühne mit STORM OF SORROWS. Die Melo-Death-Gruppe konnte immerhin schon ganz andere Klänge bieten und taugte als Anheizer schon deutlich besser. Auch wenn die Musik der Jungs bei allen Göttern keinen Innovationspreis gewinnt, so konnte man die Nackenmuskulatur zu den Songs der Norderstedter doch schon mal gepflegt aufwärmen. Die Haarlänge kam durchschnittlich etwa den Emo-Matten von TRT gleich, denn der Sänger trägt das Haupthaar unvorteilhaft kurz, aber derartige Oberflächlichkeiten sollten nur eine geringe Rolle spielen. Nennenswerte Besonderheiten fielen dem Verfasser dieser Zeilen beim Auftritt von SOS nicht auf, und man hatte so auch keine Sorge seine Energie vorm Headliner zu verschwenden.

Der war dann um etwa halb 11 Uhr fällig: Nachdem ein passenderweise „Minus Exitus“-roter Vorhang den Soundcheck noch verdeckte, ging es unter Jubelstürmen eigenartigerweise mit „Seven“ los. Dass als Konzerteröffner auch meistens Alben-Opener verwendet werden, ist ja bekannt, in diesem Falle wurde das aber mal völlig außen vor gelassen. Warum auch nicht, die Nummer konnte jedenfalls gleich klarstellen, dass auch die Lieder des jüngsten Albums genau so auf der Bühne funktionieren wie frühere. Kein Wunder, schließlich hat sich ja auch kaum ein Schritt zwischen den letzten beiden Scheiben getan.

Leider merkte man aber auch zeitig, dass Sänger Eike mit den klaren Gesangspassagen auf CD zwar noch gut zurecht kommt, an diesem Abend aber ein ums andere mal überfordert war. Übel nahm ihm das so recht keiner, denn Spielfreude und Ausgelassenheit überdeckten die technischen Unsicherheiten locker. Ein Entertainer ist Herr Freese zweifellos, und es gelang der ganzen Band ihre Fans bis aufs Äußerste zu treiben.

Die Setlist war ohne Überraschung natürlich mit deutlicher Schlagseite zu den jüngsten drei CDs, so dass von den ersten beiden nur jeweils ein Titel den Weg auf die Bühne fand. Mit „Trial By Fire“ fand der Abend aber für mich persönlich seinen absoluten Höhepunkt, denn die hohe Geschwindigkeit dieses Ausnahmesongs ließ zum einen die total nervigen Hüpfer in den vorderen Reihen ihren Blödsinn einstellen. Zum anderen wurde der „Insurrection“-Opener von einer genial-flackernden Lichtshow begleitet, die eingefleischte Dark Age-Fans in die wohligste Extase versetzte. Erfreulicherweise gab es auch „The Silent Republic“ inklusive des eigenen Intros, dass es auch einem Verehrer dieser Bandphase auch ordentlich was zum Feiern gab. Dazu kam auch das von Leadgitarrist Jörn (schicker Bart) zaghaft angedeutete „Last Words“ als erste Zugabe, das ebenso frenetisch gefeiert wurde.

Die neueren Lieder gingen zumindest der anwesenden Horde wohl ebenso gut rein, über mangelnde Bewegung konnte sich die Band jedenfalls nicht beschweren. Nicht nur vor, auch auf der Bühne gab es Bewegung, mal gekonntes Posen der Gitarristen oder aber auch ein umherwackelnder älterer Kameramann, der das Material (für die nächste CD?) mitschnitt. Um noch ein paar Oberflächlichkeiten loszuwerden: Neu-Bassist Alex ließ aufgrund seines sehr „emotionalen“ Äußeren vermuten, warum so viele Menschen mit komischen Haaren quer übers Gesicht im Publikum herumliefen. Da ist mir zumindest Alt-Bassist Thorsten, der sich auch im Publikum aufhielt und dem von der Bühne aus gehuldigt wurde, allein optisch weitaus lieber.

Etwas sehr zeitig war dann nach einem knappen Zugabenblock und dem obligatorischen „Suicide Crew“, wo noch mal kräftigst abgefeiert wurde (mit Fans auf der Bühne), Schluss um kurz nach Mitternacht. Die Band verabschiedete sich mit der Ankündigung, jetzt noch mal mit den Fans auf ein Bier herunterzukommen. Da mir die Uni im Nacken hängt, hatte ich keine Zeit mehr dazu, wenn ich also jetzt deswegen „ Freibier, Vorführung von neuem DVD-Material und Give-Aways“ verpasst habe, dann muss es wohl so gewesen sein.

Jedenfalls versprechen Dark Age leider erneut mehr, als sie halten. Wie schon beim zehnjährigen Jubiläum und den DVD-Aufnahmen bei der Metal Bash Roadkill-Tour anno 2005 („eine Menge Songs, die sonst kaum oder nie live gespielt werden“ war damals angekündigt, gespielt wurde ein gewöhnliches Set) suchte man auch hier vergeblich nach den Besonderheiten, die man im Vorfeld erwarten durfte. Unterm Strich blieb ein gewohnt tolles Konzert der Pinneberger. Mehr aber auch nicht.

Tracklist Dark Age:

Seven
Fix The Focus
Black September
Neokillers
Cold
Daily Combat
Outside The Inside
Introduction
The Silent Republic
The Dying Art Of Recreation
Dare To Collapse
Exit Wounds
Trial By Fire
Minus Exitus
—–
Last Words
Storm
Suicide Crew

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