Review Amon Amarth – Surtur Rising (-)

Es gibt Bands, die nicht nur individuell klingen, sondern es geschafft haben, einen wirklich eigenen, unverwechselbaren Stil zu etablieren: Man erkennt jeden Song bereits am ersten Riff, am bandtypischen Sound und weiß eigentlich auch schon nach den ersten Takten, wie sich der Song im weiteren Verlauf verhalten wird. Manowar beispielsweise sind eine dieser Bands, ebenso, wenn nicht gar noch deutlicher, AMON AMARTH: Übers Knie gebrochen klingt hier seit dem ersten Album alles „typisch AMON AMARTH“ – und das ist auch vollkommen in Ordnung: Man hat den Nerv der Fans getroffen, und dumm wäre, wer an diesem Punkt in eine andere Richtung einschlagen würde.

Dahingehend war „With Oden On Our Side“ ja fast schon gewagt: Ein modernes Artwork und Songs, die weniger durch Epik und das Kopfkino schlachtender Wikinger beeindrucken, denn dadurch, dass sie schlicht auf das Nötigste reduziert, ohne Kitsch und Pomp nach vorne gehen. „Twilight Of The Thundergod“ verfolgte diesen – meiner Meinung nach sehr interessanten – Ansatz leider nicht weiter, sondern besann sich wieder auf alte Werte: In Tradition von Alben wie dem Bandklassiker „Versus The World“ machten AMON AMARTH hier wieder all jene glücklich, denen „With Oden“ zu unkonventionell war. Und das Konzept ging, man kann es nicht anders sagen, voll auf, entwickelte sich das Album doch mit jedem Durchlauf mehr von „Hm, irgendwie nichts Neues“ hin zu „Vielleicht nichts Neues, aber die Quintessenz dessen, was AMON AMARTH ausmacht“ und wuchs so mit der Zeit zu einem meiner liebsten Alben der Schweden.

Mit „Surtur Rising“ steht nun der Nachfolger in den Läden, und schon das Cover im Stile von „The Crusher“ zeigt, wohin die Reise diesmal gehen soll: Konservativ wie das Wahlvolk in Niederbayern geht man hier zu Werke und baut auf althergebrachte Werte und Traditionen. Doch was auf „Twilight Of The Thundergod“ noch überzeugend klang, hat hier mehr als nur einen faden Beigeschmack: Denn wo sich der Vorgänger noch dadurch auszeichnete, den AMON AMARTH-Stil zu perfektionieren und in seinen Songs alle über die Jahre etablierten Stärken der Schweden aufzugreifen, hat „Surtur Rising“ keinen derartigen Bonus auf seiner Seite: Alles, was man hier zu hören bekommt, wirkt uninspiriert, kraftlos und vor allem eines: Verbraucht.

Die guten Melodien wirken bereits beim ersten Hördurchgang all zu vertraut, als dass man es auf den charakteristischen und eingängigen Stil der Band schieben könnte, die Riffs sind austauschbar bis dorthinaus, und auch vom Charakter der Songs her wirken AMON AMARTH diesmal schlichtweg uninspiriert. Von der Aggressivität und Wildheit, die man auf den Frühwerken zu hören bekommt, ist hier ebensowenig zu hören, wie von der kraftvollen Epik des letzten Werkes – statt dessen verstreicht „Surtur Rising“ irgendwo zwischen belanglos und durchschnittlich herumplätschernd, quasi höhepunktslos. Müsste man Songs herausgreifen, wären vielleicht am ehesten der Opener „War Of The Gods“ oder „Slaves Of Fear“ erwähnenswert – die Tatsache, dass man jedoch bei beiden das angesprochene Melodie-Déjà-vu hat, nimmt jedoch auch diesen Wikingerschiffen den Wind aus den Segeln …

Fast schon als tragisch ist der verzweifelte Versuch zu bezeichnen, die Songs durch den Einsatz markanter Synthesizer-Klänge aufzumotzen. „For Victory Or Death“ ist hierfür ein eindrucksvolles Beispiel: Wäre der Song von den Melodien her durchaus einer der Besseren, verleiden einem die Synthie-Spuren, die mehr an Supermario denn an Wikingerhelme und Schlachtengetümmel erinnern, den Song doch fast komplett. Dass das Album mit „Doom Over Dead Man“ schließlich maximal unspektakulär Endet, ist da eigentlich fast schon konsequent.

Dass das inhaltliche Konzept, dem sich AMON AMARTH unterworfen haben, nach mittlerweile acht Alben eigentlich verbraucht ist, und sich langsam aber sicher textlich auch keine neuen Aspekte des heldenhaften Wikingerlebens mehr ausleuchten lassen, ist das eine. Dies wäre jedoch verkraftbar, muss schließlich nicht jede Band philosophische Abhandlungen schreiben. Nicht verkraftbar jedoch ist spätestens auf diesem Album, wie stur AMON AMARTH musikalisch ihre einmal eingeschlagene Marschrute beibehalten haben und nun scheinbar am Ende der Sackgasse angekommen sind. Schade, hatte ich doch die auf „With Oden On Our Side“ begründete Hoffnung, die Schweden könnten die Kurve noch kriegen und sich vom zu engen Lederharnisch stilistischer Verpflichtungen befreien …

Wertung: 5 / 10

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