Katatonia - NAEOTWS 2025

Review Katatonia – Nightmares As Extensions Of The Waking State

Neues Album, neue Tour – eigentlich könnte es bei KATATONIA kaum besser laufen. Doch all die musikalischen Neuigkeiten wurden von einer Personalentscheidung überschattet: Jonas Renkse hat mit Anders „Blakkheim“ Nyström den zweiten Gründungsvater der Band gefeuert. So überrascht Nyström selbst in seinen Statements auch wirkt – aus heiterem Himmel kommt die Trennung freilich nicht: Bereits auf den letzten beiden, von Renkse allein komponierten Alben war Nyström nur mehr „Art Director“ und zwar bei der Produktion, nicht aber bei den Aufnahmen involviert. Aber auch auf der Bühne war Nyström in den letzten Jahren nurmehr ein seltener Gast.

So wirkt sich die weit geräuschlosere Trennung von Gitarrist Roger Öjersson und die Verpflichtung des Duos Nico Elgstrand und Sebastian Svalland als die neue Gitarren-Fraktion viel direkter auf das neue Album aus: Denn Öjersson war zuletzt eben der einzige Gitarrist im Recording-Line-up von KATATONIA. An „Nightmares As Extensions Of The Waking State“ hingegen konnten gleich beide Neuzugänge aktiv mitwirken. Schön für die beiden, spannend vielleicht für Solo-Stil-Analysten – für den normalen Fan jedoch eine Randnotiz, spielen doch alle drei Gitarristen auf höchstem Niveau, während für das Songwriting des Albums auch diesmal wieder Renkse allein verantwortlich zeichnet.

Das hört man, im Guten wie im Schlechten, von der ersten Minute an: „Thrice“ ist gefühlvoll und melancholisch, schiebt zwischendurch gut im Midtempo und geht alles in allem gut ins Ohr. So checkt der Song als KATATONIA-Album-Opener wirklich alle Kästchen – klingt dabei, und das ist auch ein wenig das Problem an der Sache, wirklich genau wie erwartet. Dass Renkse im (wohl ungewollt) fast programmatisch betitelten „Wind Of No Change“ in textlicher Reminiszenz an Bands wie DEICIDE, MORBID ANGEL und auch MERCIFUL FATE mit Satan um die Ecke kommt, lässt – wie der Chor im Intro – zumindest kurz aufhorchen (mehr dazu im Interview).

Aber es bleiben einzelne Momente, an denen die Aufmerksamkeit hängen bleibt. Ansonsten zieht „Nightmares As Extensions Of The Waking State“ eher wie ein Tagtraum denn wie ein den Tag verlängernder Alptraum vorüber: Vor Überraschung reißen KATATONIA hier jedenfalls gewiss niemanden vom Hocker, der mit ihrem Werk vertraut ist. Höchstens durch das eine oder andere Déjà-vu klingt der eine oder andere Part doch tatsächlich überraschend vertraut.

Kurz vor Schluss springt Renkse doch noch ins kalte Wasser: Mit „Efter Solen“ hat er einen Track auf das Album gemogelt, den er mit Joakim Karlsson (CRAFT) schon vor über einer Dekade komponiert hatte. Und auf einmal ist da dieses spannende, neue Element: Elektronik – und eine leicht abweichende, skandinavisch-poppige Stimmung, die an SEIGMEN beziehungsweise ZEROMANCER denken lässt, und die vor allem deswegen melancholisch macht, weil der Rest des Albums gegen dieses musikalische Kleinod dann doch ziemlich blass aussieht.

„Nightmares As Extensions Of The Waking State“ ist eine stimmige, stilistisch aber eben auch sehr erwartbare Fortsetzung des modernen KATATONIA-Œuvre geworden. Das geht insofern in Ordnung, als KATATONIA die Fans ihres Frühwerks sowieso schon lange verloren haben. Wer aber ob einer möglichen Oldschool-Reinkarnation der Band unter Anders Nyströms Leitung keine schwitzigen Hände bekommt, kann hier beherzt zugreifen. Zugleich macht das Album aber eines deutlich: Soll das nächste Album dann nicht bloß den Wachzustand in den Schlaf hinein verlängern, sollte sich Renkse etwas einfallen lassen – oder aber anderer Leute Ideen einbeziehen.

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Wertung: 8 / 10

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Ein Kommentar zu “Katatonia – Nightmares As Extensions Of The Waking State

  1. Schade. Ich mag Katatonia sehr, aber da schleichen sich wirklich harte Abnutzungserscheinungen ein…
    Kleiner Hinweis am Rande: Die komplette Rezension hat einen Buchstabendreher bei Nightmares (nicht Nigthmares).

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