Review Swallow The Sun – New Moon

  • Label: Spinefarm
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Doom Metal

Da ist es jetzt also, das neue Album der finnischen Doom-Macht SWALLOW THE SUN. Mehr als zweieinhalb Jahre hat es gedauert (okay, zwischen „Hope“ und dem neuen Output stand immerhin noch die „Plague Of Butterflies“-EP, aber die zähl ich jetzt mal nicht), bis ein neues Album am Horizont erschien. Vorher drehte sich auch das Besetzungskarussell ein wenig, der langjährige Drummer Pasi Pasanen nahm seinen Hut und räumte den Sessel für Drummonster Kai Hato (sollte der nicht mal langsam ein Wintersun-Album rausbringen?). Okay, kann ich mit leben. Was also hat das neue, vierte Album der finnischen Düstermänner zu bieten? Wollen wir doch mal ein oder zwei Ohren drauf werfen.

Kreischgesang? Was zum…? Also, na gut, auf den vorigen Alben von SWALLOW THE SUN schrie Mikko Kotamaki hin und wieder auch schon mal beherzt ins Mikrofon, aber der erste Einsatz des guten Mannes beim Opener „Theses Woods Breathe Evil“ ließ mich doch etwas erstaunt aufschrecken. Ob es Erinnerungen an die Aufnahmesession von Alghazanths „Wreath Of The Thevetat“ (wo er unter dem putzigen Namen „Goat Tormentor“ ins Mikro brüllt) waren, die ihn zu solchen tatsächlich ordentlich schwarzmetallischen Einlagen nötigten? Musikalisch bewegt der Opener sich auf bekannten Pfaden, das ist bekannte SWALLOW THE SUN-Kost (wenn auch extrem gute), aber diese Gesangslagen wehen durch das Material wie ein frischer Wind und verwandeln gleich das erste Stück von „New Moon“ in einen richtigen Hinhörer aller erster Kajüte.
Und das ist nicht alles, was das Sextett aus Jyväskylä an ohrwurmigen Momenten mitgebracht hat. Schon mit „Falling World“ geht es weiter. Ruhiger als im Opener, aber nichts desto trotz genau so emotional. Mehr Klargesang, der sich seit „Hope“ noch ein Stück gebessert hat und durch das leicht vibrierende Timbre kein Problem hat, den Zuhörer weiter in die Musik „hinein“ zu ziehen. In den ersten Minuten von „New Moon“ liefern SWALLOW THE SUN die vielleicht intensivste Musik ab, die sie je gemacht haben. Und es geht weiter und weiter, die Scheibe will einfach nicht schlechter werden. „Sleepless Swans“ zieht sich zwar hier und da etwas, aber das von vorne bis hinten geniale „…And Heavens Cried Blood“, das einfach nur einen übermächtigen Groove in der Hinterhand hat und mit ein paar total genialen Keyboardeinwürfen punkten kann (ich spiele mal den Propheten und sage, das wird ein zukünftiger Live-Klassiker), führt die Linie dann konsequent fort.
Wirklich genial wird es aber erst mit der mittlerweile dritten Episode aus den „Horror“-Songs namens „Lights On The Lake“. Hier darf nicht nur die schwedische Sängerin Aleah Gastvocals beisteuern, nein, es gibt auch noch was anderes zu bestaunen bei dem Song. Langsam und einfühlsam startet er, mit genialem Lead-Riffing, steiget sich dann immer mehr, bis hin zu… Ja ist es denn die Möglichkeit? Ist das vielleicht der Einfluss von Kai Hato? In der Mitte bricht es jedenfalls sturmartig aus dem Song heraus, die Gitarren suchen Zuflucht im flinken Tremolo-Riffing, während Hato waschechte Blast Beats auspackt, bei denen so manch anderer Drummer recht bleich um die Nase werden dürfte. Das schwarzmetallische Innuendo ist zwar nur kurz und tritt recht vereinzelt auf der Scheibe auf (im letzten Song „Weight Of The Dead“ klingt so was noch mal leicht an), aber gerade das steigert wohl seine Durchschlagskraft nur noch mehr.

Bis zu diesem Punkt ist „New Moon“ absolut makellos, wohl das beste, was SWALLOW THE SUN je gemacht haben. Jetzt nur noch mit trockenen Füßen nach Hause kommen, Jungs… Der Titeltrack und das folgende „Servant Of Sorrow“ schaffen das auch recht gut, zwar sind sie nach den großartigen vorherigen Tracks etwas lahm, aber das ist wohl kein Wunder und es gelingt ihnen auch, nicht weiter unangenehm aufzufallen. Kurz vor der Ziellinie tritt „New Moon“ dann aber doch noch auf die offenen Schnürsenkel und schafft’s zwar heil anzukommen, aber mindestens mal stolpernd und mit wild rudernden Armen, wenn ich das mal so sagen darf.
„Weight Of The Dead“ nennt sich der Schuft, der das Album fast zu Fall gebracht hätte, denn der Song ist nicht nur lang und auch nicht besonders emotional und/oder kreativ geraten und steht neben den anderen Großtaten auf „New Moon“ etwas doof da, er schafft es auch einfach nicht, die CD angemessen ausklingen zu lassen. Etwas mehr getragene, melodramatische Epik hätte er mitbringen müssen, stattdessen spielt er am Ende der sehr verkorksten Spannungskurve ein und dasselbe mittelmäßige Riff tot und hört dann irgendwann einfach auf. Bitte was? Es ist faszinierend, dass SWALLOW THE SUN an das vielleicht beste Material, das sie je geschrieben haben, einen Track dran hängten, für den sich sogar „Ghosts Of Loss“ geschämt hätte. Immerhin gibt’s ein paar hammerstarke Gesangslinien, die noch ein bißchen was ausbügeln können…

Nichts desto trotz ist „New Moon“ ein absolut geniales Album geworden, das mit ihrem Debut „The Morning Never Came“ auf einer Stufe steht. Emotionaler als je zuvor, mit einem ganzen Haufen absolut großer Momente und Ohrwürmer, einem unverwechselbaren Sound und den neu hinzugewonnenen Black Metal Elementen, die dem Material frischen Wind einhauchen, kommt eine absolut runde CD bei rum, die jeder Fan der Band und jeder Fan des Genres haben muss. Kaufen. Jetzt.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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