Interview mit PVIII von Thron

2017 veröffentlichten THRON ein achtbares Debüt, 2018 ein tatsächlich bemerkenswertes zweites Werk – und kaum zwei Jahre später legen die deutschen Black-Metaller nun mit „Pilgrim“ ein Album nach, das Black-Metal-Fans nicht so schnell vergessen werden. Songwriter PVIII über Gemälde als Cover, „uncoolen“ ’90s-Black-Metal und nervigen High-Gain-Gitarrensound.

Hallo und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Alles gut bei dir?
Hi, Danke Dir für das Interview! Ja, alles gut soweit. Man versucht gesund zu bleiben und Job, Familie, Arbeit, Bands unter einen Hut zu bekommen! (lacht)

In der Corona-Pandemie hat diese Einstiegsfrage ein ganz anderes Gewicht bekommen. Inwiefern hat euch die Situation als Band beeinflusst, etwa, was das neue Album angeht?
Als es mit der Pandemie losging, war ein Großteil des Albums bereits aufgenommen. Als es an den Mix gehen sollte, kam es aber zu Verzögerungen durch coronabedingte Terminverschiebungen und ähnliches. Zudem waren Treffen als ganze Band natürlich schwieriger geworden und geprobt haben wir glaube ich einmal seit März, was mir persönlich schon sehr fehlt, da ich gerne mit meinen Bandkollegen in einem Raum stehe, um zusammen ein Set zu spielen. Die ganze Situation hatte natürlich auch Einfluss auf das Privatleben der einzelnen Mitglieder, wenn es zum Beispiel um den Job geht oder wie man das ganze geregelt bekommt, wenn man Kinder hat. Dann muss die Band natürlich auch mal hinten anstehen.

Euer neues Album trägt den Titel „Pilgrim“ – worauf bezieht sich das, auf welche Pilgerreise spielt ihr an?
Das Album erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich auf einer Reise befindet, die ihn schlussendlich zu sich selbst führt und ihm die guten und schlechten Seiten seines Daseins offenbart. Dabei verfällt er anscheinend auch dem Wahnsinn, er hat Visionen, kann Realität nicht mehr von Fiktion unterscheiden. Das Wort Pilger hat ursprünglich die Bedeutung „Fremder“ und es geht auch darum, sich wie ein Fremder innerhalb dieser Welt zu fühlen. Im Grunde genommen ist es eigentlich eine Parabel auf die menschliche Natur.

Das Cover ist ein Gemälde von Khaos Diktator Design aus Serbien. Generell scheinen Gemälde im Black Metal gerade wieder angesagt – man sieht diese modernen „klassischen“ Gemälde immer häufiger. Wie erklärst du dir das?
Ich glaube die Leute haben einfach etwas die Nase voll von den ganzen Photoshop-Collagen, und wollen wieder etwas mit mehr Seele und Leben haben. Ich fand diese Ästhetik schon immer ansprechender. Ich bin Anfang der 1990iger-Jahre zum Metal gekommen, da gab es noch kein Photoshop, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mich stundenlang in Plattencover vertieft habe. Beispielsweise diese ganzen Details bei „Somewhere In Time“ von Iron Maiden. Unglaublich!

Hat das die Entscheidung beeinflusst, oder warum wolltet ihr euch nach dem modernen Cover des Vorgängers diesmal ein Ölgemälde?
Also ich sehe das Cover des Vorgängers auch als ein sehr klassisches Gemälde an. Ehrlich gesagt wurde das neue Cover auf einem Zeichenpad am Computer gemalt, während es beim Vorgänger tatsächlich klassisch auf Papier gebracht wurde. (lacht)

In welchem Zusammenhang steht das Bild mit dem Titel-/Textkonzept?
Im Vorfeld ließ ich dem Künstler die Texte und die Musik zukommen. Dann hat er mir die Entwürfe geschickt, die später das Artwork bilden sollten. Das Frontcover ist nur Teil einer ganzen Landschaft, die vor allem wirkt, wenn man sich das Album als Gatefold Vinyl besorgt. Die fallende Person auf dem Cover ist der Pilger, gepeinigt von seinen inneren Dämonen und Zweifeln.

Musikalisch wirkt das Album noch etwas vielseitiger als sein Vorgänger, es klingt gereift. Was hat sich in der Band seit dem letzten Album getan, was diese Entwicklung erklären könnte?
Da ich 100% der Musik schreibe, ist das gar nicht so leicht zu beantworten, da es dahingehend keinen bewussten „Wendepunkt“ in der Band gab. OK, die Drums sind diesmal sehr viel detaillierter ausgearbeitet und mehr in den Vordergrund gerückt, da unser nicht mehr so neuer Drummer CII das Album auch produziert hat. Ansonsten bin ich konstant in „Songwriting-Modus“. Als „Abysmal“ im Oktober 2018 erschien, hatte ich schon drei Songs für „Pilgrim“ fertig. Und zum gegenwärtigen Zeitpunkt arbeite ich an vier Songs für unser viertes Album. Es gab also keinen Break, ich lasse es einfach fließen.

Würdest du rückblickend betrachtet für „Abysmal“ auch lieber auf einen leibhaftigen Schlagzeuger zurückgreifen, oder bist du mit der gefundenen Lösung nach wie vor glücklich?
Klar, im Endeffekt wäre ein „echter“ Drummer damals die bessere Lösung gewesen, aber die Situation hat es nicht zugelassen, und wir mussten Kompromisse finden. Aber ich bereue es nicht und kann es sowieso nicht mehr ändern.

Stilistisch seid ihr nach wie vor sehr traditionell unterwegs – wer Bands wie Necrophobic mag, kann auch bei THRON bedenkenlos zugreifen. Ist das auch die Musik, die du privat hörst – und ist das das Ziel, dieses Genre bedienen?
Ich höre sehr viel unterschiedliche Musik, von 1970s-Progrock über experimentelle Sachen, Doom, Postrock … Ich interessiere mich sehr für aktuelle Bands, in unserem Genre greife ich aber eher zu den Klassikern. Die letzten beiden Necrophobic-Alben finde ich aber sehr stark. Ansonsten tendiere ich im Metalbereich eher zu Underground-Bands wie Deathspell Omega, Blut Aus Nord, Ulcerate, Spectral Voice, Suffering Hour und dergleichen.
Ich denke, dieser traditionelle Ansatz liegt darin begründet, dass ich in den späten ’80ern und frühen ’90igern musikalisch sozialisiert wurde: Ich habe mit klassischem Heavy Metal angefangen, dann kam Thrash, dann Death Metal, dann die zweite Black-Metal-Welle. Das alles hat mein Gitarrenspiel und mein Songwriting extrem geprägt. Wenn ich jetzt sage, ich höre privat eher extremen Stoff wie Deathspell Omega, dann bedeutet das nicht automatisch, dass ich auch solche Musik spielen will. Dieser Stil, den THRON spielen, hat sich ganz natürlich entwickelt. Ich habe ohne großen Hintergedanken ein paar Songs geschrieben, diese in meinem Studio aufgenommen, und plötzlich hatten wir eine Band. (lacht) Hätte ich darauf spekuliert, ein bestimmtes Genre zu bedienen, um damit „Erfolg“ zu haben, hätte ich als allerletztes diesen ’90s-Melodic-Black-Metal gewählt, denn das ist wahrscheinlich das Subgenre, das im Black-Metal-Bereich momentan das unpopulärste ist. Außer The Spirit und uns gibt es ja kaum eine neuere Band, die diesem Stil frönt. Post, Atmospheric und Avantgarde Black Metal sind der heiße Scheiß! (lacht)

In Sachen Sound habt ihr euch für einen sehr trockenen, fast rockigen Gitarrensound entschieden – das ist ungewöhnlich, funktioniert aber sehr gut. Wie kam es dazu?
Das war eine sehr bewusste Entscheidung. Ich bin so angeödet von diesem modernen überkomprimierten und sterilen High-Gain-Gitarrensound, der zwar erstmal „fett“ ist, aber mir dann nach kurzer Zeit schon ziemlich auf die Nerven geht. Ein Marshall JCM800 aus den ’80ern mit einem Boost davor, voila! Wir haben uns natürlich auch gefragt, ob es in diesem Kontext so funktioniert. Aber ja, es geht, und gibt dem ganzen einen etwas eigenen Touch. Ich habe diesen Sound eigentlich direkt von meiner anderen Band Giant Sleep übernommen, die eher im Prog-Stoner-Doom zuhause ist.

Etwas ungewöhnlich ist auch Listenable als Label für eine Black-Metal-Band – eure Promo kam etwa zusammen mit dem neuen Album von Crystal Viper rein. Wie kommt es, dass ihr dort gelandet seid?
Listenable hatten damals einfach das leidenschaftlichste Interesse an uns! (lacht) Wir hatten diverse Angebote, auch von kleineren Underground Labels, die nur BM/DM Bands haben, aber das Angebot von Listenable hat am besten gepasst. Klar, die Bands auf dem Label sind stilistisch breit gefächert, aber es gibt auch Sachen wie Hertroezen oder Saturnalia Temple, die sehr gut zu uns passen.

Vielen Dank für das Interview. Zum Abschluss unser traditionelles Brainstorming:
Brexit:
Sehr schade, da ich hinter der europäischen Idee stehe. Ich war etwas enttäuscht dass sich auch der Sänger einer meiner absoluten Lieblingsbands – Bruce Dickinson von Iron Maiden – dafür ausgesprochen hat. Aber niemand ist perfekt! (lacht)
Tribulation: Sehr gespannt auf das neue Album. Eine der wenigen größeren aktuellen Bands die ich mag. Die haben übrigens auch sehr wenig Verzerrung in den Gitarren. Die Mischung aus Dissection-Dramatik, stilsicherem Gothrock und Postrock-Elementen ist einzigartig.
Crystal Viper: Habe ich vor vielen Jahren mal hier bei uns bei einer Underground Show gesehen, und Labelmates. Ich stehe auf klassischen Metal, und ich glaube, die machen das ganz in Ordnung. Entwirft die Sängerin nicht Bühnenklamotten für Metalbands?
Dein Lieblingsalbum aus dem Jahr 2020: Sorry, ich kann mich nicht auf eines festlegen, sind drei ok? (lacht) Molassess – Through The Hollow, Dool – Summerland und Oranssi Pazuzu – Mestarin Kynsi.
Dein Wunsch für 2021: Sehr offensichtlich: Die Pandemie in den Griff bekommen.
THRON in zehn Jahren: Da werden alle Mitglieder durch jüngere Musiker ersetzt sein, da wir dann steinalt sind.

Danke nochmals für deine Zeit und Antworten. Die letzten Worte gehören dir:
Danke für das interessante Interview. Bleib gesund!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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