Konzertbericht: Satyricon w/ Chthonic

08.12.2013 München, Backstage Halle

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Man hat vielleicht schon in sich stimmigere Tour-Packages gesehen als das aus der norwegischen Black-Metal-Legende SATYRICON und den aus Taiwan stammenden Melodic Black Metallern CHTHONIC. Da erstere jedoch stets als Garant für großartiges Entertainment gelten und letztere in unseren Breitengraden eher seltene Gäste sind, ist die Kombination zumindest attraktiv. So wundert es wenig, dass sich zum Einlass um 19:00 eine beachtliche Schlange vor dem Münchner Backstage gebildet hat, die bereits erahnen lässt, was später auch offiziell bestätigt wird: Die Show ist bis aufs letzte Ticket ausverkauft.

Verwunderlich ist das nicht, konnten SATYRICON doch bereits auf ihrer letzten Tour das deutlich größere Backstage Werk gut füllen. Dass das Konzert nicht auch heute dort stattfindet, liegt wohl einzig daran, dass die Location wegen der am Nachmittag dort abgehaltenen Metalbörse blockiert ist. So schade das für all jene ist, die kein Ticket mehr bekommen haben, so erfreulich ist es für alle anderen – ist die Atmosphäre in der der deutlich kleineren Halle doch viel familiärer.

Die „familiäre Atmosphäre“ des geselligen Beisammenstehens kann man dann auch gleich voll auskosten – der Konzertabend selbst beginnt nämlich erst satte eineinhalb Stunden nach dem Einlass. [Moritz Grütz]

Chthonic Logo

Nach dem Erlöschen des Lichts betreten nach und nach CHTHONIC die Bühne und sofort wird der Showfaktor der Band aus Taiwan deutlich: Alle fünf Bandmitglieder haben sich in an die Cyber-Punk-Ästhetik erinnernde Kostüme geworfen. Besonders das doch sehr freizügige Outfit der zierlichen Bassistin sowie das extravagante, ein wenig an Slipknot oder Mushroomhead erinnernde Outfit des Keyboarders stechen ins Auge – was nicht zuletzt daran liegt, dass die Lichtshow nur gelegentlich einen Blick auf die Musiker erhaschen lässt.
Chthonic BandMusikalisch bewegen sich CHTHONIC irgendwo zwischen Modern Metal und Black Metal, wobei sie aber auch mit symphonischen Elementen und an Hardcore erinnernden Breakdowns definitiv nicht geizen. Dass der Gesang entsprechend zwischen fiesem Black-Metal-Gekeife und brutalen Death-Metal-Growls hin und her wechselt, komplettiert das kunterbunte Bild, das die sympathische Band abgibt. Das Publikum feiert die Truppe nach anfänglichem Zögern jedenfalls ab, wie der von Song zu Song kräftigere Applaus zeigt. Dass sich die Mischung der verschiedenen Stile (fühlt man sich hier doch sowohl an Turisas wie Cradle Of Filth erinnert, was bei einem Konzert doch eher selten der Fall ist) über die 30 Minunten Spielzeit insgesamt leider nicht sonderlich abwechslungsreich gestaltet ist und das Songwriting immer wieder aufgrund scheinbar wahllos aneinandergereihter Abschnitte nur mäßig überzeugt, stört heute niemanden und wird von CHTHONIC durch ihre offensichtliche Spielfreude wettgemacht. Auch wenn die Musik der Taiwanesen definitiv Geschmackssache bleibt, ist der Auftritt allemal ein so überraschender wie sympathischer Einstieg in den Konzertabend. [Bernhard Landkammer]

Seitens der Organisatoren des Abends scheint man gewillt zu sein, die gelockerte Stimmung durch eine Geduldsübung auf die Probe zu stellen: Denn obwohl der Umbau auf der Bühne nach wenigen Minuten gemacht ist, dauert es schlussendlich erneut eine knappe Dreiviertelstunde, bis das Licht zum zweiten Mal verlöscht.

Satyricon Logo

Dass SATYRICON den Abend mit dem eher zähen „Voice Of Shadows“ sowie dem doch recht sperrigen „Hvite Krists Død“ aus dem Jahre 1994 beginnen, sorgt da nicht direkt für Euphorie seitens des Münchner Publikums.
Das scheint auch Fronter Satyr nicht zu entgehen, so dass er das Publikum direkt im Anschluss an diesen etwas verkorksten Einstieg auf eine einfache Gleichung einschwört: Der Abend kann nur so gut werden, wie ihr ihn euch macht. Und wie von Zauberhand (und nicht zuletzt, weil mit „Now, Diabolical“ ein echter Hit der Norweger folgt) ist das Eis nach dem kurzen Schlagzeugsolo von Altmeister Frost gebrochen: Auch wenn die Fans weiterhin unbewegt und ohne nach vorne zu drängen da stehen, kann sich Satyr über mangelnden Zuspruch kaum noch beschweren: Gereckte Fäuste und rhythmisches Mitklatschen, wo immer es sich anbietet, beweisen, dass München voll bei der Sache ist. SATYRICON selbst zeigen sich dafür nicht nur dankbar, sondern quittieren das Engagement der Fans mit einer nahezu perfekten Show: Angeführt von Frosts Drumming, nach dem Gerüchten zu Folge in Norwegen die Funkuhren gestellt werden, liefert die Band um Rampensau Satyr, welcher heute überraschend oft selbst zur dritten Gitarre greift, einen Auftritt hin, der überzeugender kaum sein könnte.

Satyricon BandDoch nicht nur musikalisch stimmt hier alles. Mit einer perfekt in Szene gesetzten Mischung aus Selbstinszenierung und Demut weiß Satyr das Publikum zu umgarnen. Grade in den Ansagen lässt es der ansonsten stets abgeklärte Rockstar gerne auch mal menscheln – beispielsweise als er „The Infinity Of Time And Space“ dem auf den Tag genau vor acht Jahren verstorbenen Pantera-Gitarristen Dimebag Darrell widmet. Und doch weiß man selbst beim verschmitzten Lächeln Satyrs bei der Verbeugung nach dem regulären Set nicht, wie viel hier Show-Gehabe ist. Im Endeffekt ist es jedoch auch egal – denn SATYRICON haben nicht nur ihren musikalischen Auftritt, sondern auch ihr Stage-Acting auf ein Professionalitätslevel gehoben, das kaum mehr zu steigern ist.
Auch hinsichtlich der Songauswahl kann sich heute niemand beschweren: Zwar gibt es keinen Zweifel daran, dass das Material des neuen Albums auch live nicht ganz mit den Stücken der letzten Alben mithalten kann, jedoch gewinnen selbst diese Songs in der Livedarbietung an Ausdruckskraft. Die Höhepunkte des Sets liegen aber natürlich auf den etablierten Hits, die man im Set heute wahrlich nicht lange suchen muss. [Moritz Grütz]

Dass das Publikum bei „Fuel For Hatred“ doch noch über seinen Schatten springt und Satyrs Bitte nach einem wilden Moshpit (zumindest teilweise) nachkommt, rückt eher das Bild, das man während der Show vom Münchner Publikum gewinnen konnte, grade, als es etwas über die Show selbst aussagt – denn so gesehen hätte der Moshpit auch schon bei „Now, Diabolical“ seine Daseinsberechtigung gehabt. Eine so perfekte wie mitreißende Darbietung einer der letzten verbliebenen Legenden des Black Metal. Grandios.

Satyricon Band 2

Setlist SATYRICON:
01. Voice Of Shadows
02. Hvite Krists Død
— Schlagzeugsolo
03. Now, Diabolical
04. Black Crow On A Tombstone
05. Our World, It Rumbles Tonight
06. Nocturnal Flare
07. Repined Bastard Nation
08. Walker Upon The Wind
09. The Infinity Of Time And Space
10. Forhekset
11. To The Mountains
12. The Pentagram Burns

13. Mother North
14. Fuel For Hatred

15. K.I.N.G.

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