Konzertbericht: Versengold w/ Mr. Irish Bastard

26.10.2019 München, Backstage

Von der kleinen Bühne des Spectaculum Mundi über das Freiheiz zu über 1000 Gästen im Backstage Werk: Diesen Weg sind VERSENGOLD in den letzten sechs bis acht Jahren gegangen. Im Herzen der bayerischen Landeshauptstadt präsentieren die Männer aus dem hohen Norden ihr aktuelles Werk „Nordlicht“. Dabei beweisen sie, dass sich musikalisch in all dieser Zeit zwar einiges geändert hat, aber viele bekannte Qualitäten immer noch für rauschende Konzertabende sorgen.

Als Warm-Up haben Versengold die Irish-Folker MR. IRISH BASTARD im Gepäck. Die Band bringt reichlich Erfahrung mit: Seit 2006 machen die Jungs und Mädels aus Münster die Bühnen mit ihrer Mischung aus Irish Folk, Ska und Punk unsicher. Der Vergleich mit Fiddler’s Green liegt nahe, und muss auch nur bedingt gescheut werden. Mit Energie und Spielfreude legen MR. IRISH BASTARD los und schaffen es dabei allerdings nur langsam, das Publikum mitzureißen. Erst nach gut der Hälfte der Spielzeit hat sich die Menge aufgewärmt und schwenkt die Becher zu „I only like you when I’m drunk“ oder hüpft beschwingt zu „Dalinka“. Es bleibt etwas unklar, warum der Funke in München nicht ganz überspringen mag. Insgesamt wirkt wohl einfach das Songwriting in weiten Teilen zu mittelmäßig, um wirklich herauszustechen. Am Ende beweisen MR. IRISH BASTARD, dass sie eine gute Irish-Folk-Band sind – aber eben keine herausragende. Als Vorband geht der Auftritt absolut in Ordnung. Im Süden Deutschlands ist man mit den hier ansässigen Fiddler’s Green dann vielleicht doch eine Spur zu verwöhnt.

Was gerade in München im sehr kleinen begonnen hat, ist im Laufe der Zeit zu etwas wahrlich Großem angewachsen. Der Andrang im annähernd ausverkauften Backstage beweist, dass VERSENGOLD inzwischen weit mehr als ein lokales Phänomen sind. Speziell mit ihrer immer wieder erfrischenden Mischung aus Folk, Pop, Rock und auch ruhigen Momenten haben die sechs Musiker den endgültigen Durchbruch geschafft.  Demnach gibt es an diesem Abend einiges zu feiern: „Durch den Sturm“ entpuppt sich analog zur Studioversion als furioser Auftakt, der erst einmal ganz im Zeichen des gemeinsamen Partymachens und Singens steht. „Zwei Stunden Versengold!“, kündigt Sänger Malte unter lautem Jubel an, während lange goldene Streifen über die Menge geschossen werden, und die gibt es danach auch auf die Ohren. Die Marktveteranen besingen dabei wahlweise sich selbst („Niemals sang- und klanglos“), Irland („Verliebt in eine Insel“) oder erzählen Geschichten aus ihrer Heimat („De rote Gerd“). Bei „Winterflut 1717“ wird es erstmals ruhiger und der Männerchor, angeführt von Bassist Eike, wird in dunkles Licht getaucht, ehe erstmals kleine Nebelfontänen zum Einsatz kommen. Auch in Sachen Bühnenshow haben VERSENGOLD das nächste Level erreicht.
Das Duett „Teufelstanz“ muss an diesem Abend leider ohne Zweitstimme Laura von FAUN auskommen, doch dieser kleine Makel ist besonders durch die verdammt starke Zusammenstellung der Setliste leicht zu verschmerzen: Nach „Haut mir kein Stein“ gewinnt „Feuergeist“ das Wettrennen der Balladen um die Publikumsgunst, ehe „Samhain“ sofort wieder für mächtig viel Leben in der rustikalen Konzertstätte sorgt. Einzig das lyrisch imposante „Meer aus Tränen“ funktioniert nicht so richtig, womöglich weil für eine Live-Adaption doch ein paar BPM fehlen. Mit „Braune Pfeifen“ (nebst langem Intro von Malte), „Thekenmädchen“ und dem instrumentalen „O’Rileys Lichterfest“ treffen VERSENGOLD dann wiederum ins Schwarze. Bevor Geiger Flo sein ganzes Können abruft, crowdsurft er über die Köpfe der Zuschauer, leert ein Bier und legt anschließend unter lautem Jubel richtig los.

Bevor VERSENGOLD als trinkfestes Thekenkollektiv zum bis dato unveröffentlichten und wahnsinnig charmanten „Wirt, mach noch ne Runde“ ebenfalls einen Ausflug in die Menge wagen, gibt es mit „Wohin wir auch gehen“ den vielleicht schwächsten Song im gesamten Set. Dieser erinnert zu sehr an Die Toten Hosen, erfüllt aber seinen Zweck, da viele Konzertbesucher im Refrain lauthals einstimmen. Zum großen Finale lässt sich Malte in seinem inzwischen charakteristischen Ringel-Shirt zu „Ich und ein Fass voller Wein“ stilecht auf einem Podest mit Steuerrad durch die Menge schieben. Im Anschluss an den finalen „Abgesang“ auf der Bühne blicken die Musiker nach den versprochenen zwei Stunden in viele glückliche Gesichter.

Mit viel Ausdauer, Ehrgeiz und Mut haben VERSENGOLD inzwischen auch den Süden der Republik für sich begeistert. Wenngleich München in Sachen Besucherzahlen nicht ganz mit anderen Städten konkurrieren kann, präsentieren sich sowohl die Spielmänner als auch ihre Fans von der besten Seite. Obwohl der mittelalterliche Part der Folknächte inzwischen eine untergeordnete Rolle spielt, finden Malte, Flo und Co. in den allermeisten Fällen die richtige Mischung für die äußerst schwierige Gradwanderung zwischen wachsendem Erfolg und musikalischem Anspruch.

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